Manchmal dauern die Beschwerden nur kurze Zeit. Bei anderen Menschen sind sie schon chronisch geworden: Rheuma. Schon morgens nach dem Aufstehen mit steifen Gelenken eine Tasse Kaffee einschenken, tagsüber mit schmerzenden Knochen, Muskeln und Sehnen arbeiten: 25 Prozent der deutschen erwachsenen Bevölkerung kennen diese Beschwerden. Bei siebzehn Millionen Betroffenen – unter ihnen nicht nur ältere Menschen, sondern auch Kinder und Jugendliche. Sie haben am Stütz- und Bewegungsapparat chronische Beschwerden: fachsprachlich „rheumatische und muskuloskeletale Erkrankungen“.
Was ist Rheuma?
Rheuma ist nicht die eine Erkrankung. Dahinter verbergen sich über 100 Erkrankungen. Sie lassen sich in vier Hauptgruppen einteilen.
Entzündlich-rheumatische Erkrankungen
Eine der häufigsten Formen dieser Hauptgruppe ist die Rheumatoide Arthritis (RA) – eine Gelenkentzündung, die dauerhaft (chronisch) ist. Die Erkrankung beginnt meist schleichend: Anfangs sind oftmals die kleinen Finger- und Zehengelenke betroffen. Sie fühlen sich überwärmt an, schwellen an, schmerzen und sind steif. Morgens ist es meist besonders schlimm. Viele Betroffene können dann kaum den Wasserhahn im Bad aufdrehen. Der Verdacht auf eine rheumatoide Arthritis besteht, wenn die Morgensteifigkeit über 60 Minuten anhält und mehr als zwei Gelenke geschwollen sind.
Die Ursache entzündlich-rheumatischer Erkrankungen: Das Immunsystem greift den eigenen Körper an – Gelenke und Sehnen, Haut und andere Körpergewebe, manchmal sogar innere Organe. Wichtig ist schnelles Handeln. Denn, entzündlich-rheumatische Erkrankungen verursachen sonst irreparable Schäden.
Degenerativ-rheumatische Erkrankungen
Gelenkknorpel oder Wirbelsäule sind beschädigt oder krankhaft verändert. Betroffene klagen über Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Die Arthrosen sind die häufigsten chronischen Gelenkerkrankungen. Der Knorpel in Knie, Hüfte, Finger oder Zehen ist meist großflächig geschädigt. Auch die Gelenke der Wirbelsäule können befallen sein. Betroffene spüren oftmals sogenannte Anlaufschmerzen – etwa, wenn sie aus dem Bett aufstehen oder aus dem Auto aussteigen. Sie müssen sich erst „einlaufen“. Anders als bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sind die Schmerzen in Ruhephasen ohne Belastung seltener wahrnehmbar.
Chronische Schmerzsyndrome des Bewegungsapparates
In diese Gruppe fällt der chronische Rückenschmerz, der zu den häufigsten Behandlungsanlässen führt. Er nimmt mit dem Alter zu und erreicht seinen Höhepunkt in der Altersgruppe ab 70 Jahren. Auch der berühmte Tennis-Ellbogen oder das Karpaltunnelsyndrom gehören in diese Gruppe. Weichteilgewebe und Muskeln, Sehnenansätze und Sehnenscheiden sowie die Schleimbeutel sind gereizt und schmerzen – meist nur in einer Körperregion und meist bedingt durch Überlastung.
Zu den chronischen Schmerzsyndromen zählt auch die Fibromyalgie, worüber luckx – das magazin schon ausführlich berichtete.
Stoffwechselerkrankungen mit rheumatischen Beschwerden
Hierzu zählt die Osteoporose – eine Krankheit, die Folge entzündlichen Rheumas sein kann. Bei der Osteoporose – auch Knochenschwund genannt – ist der Knochenstoffwechsel gestört. Die Knochen werden anfällig für Brüche. Betroffen sind vor allem Wirbelkörper des unteren Rückens und der Brustwirbelsäule sowie Unterarm- und Oberschenkelhalsknochen. Die Osteoporose selbst verursacht keine Beschwerden, Knochenbrüche jedoch sehr wohl. Bei Brüchen von Wirbelkörpern können die verformten Knochen zu dauerhaften Schmerzen führen. Häufig entsteht auch ein Rundrücken, der die Bewegungsfreiheit einschränkt.
Eine weitere Stoffwechselerkrankung mit rheumatischen Beschwerden ist die Gicht. Bei Betroffenen ist der Harnsäure- oder Purin-Stoffwechsel gestört. Dadurch entsteht im Körper ein Harnsäureüberschuss. Typischerweise treten Gichtanfälle auf – plötzliche, starke Schmerzen in einem Gelenk mit Schwellung, Rötung und Überwärmung. Meist ist zuerst der Großzeh betroffen.
Schnellere Diagnostik
Nun ist es der Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) und der Medizinproduktehersteller Xiralite GmbH gelungen, eine Fußkamera zu entwickelt, die die Blutzirkulation innerhalb des Vorderfußes sichtbar machen soll und so Ärzten dabei hilft, rheumatische Erkrankungen schneller zu diagnostizieren. Denn es gilt: Je zügiger Diagnose und Therapie stattfinden, desto eher können bleibende Schäden an Gelenken und Knochen vermieden werden.
Diese Fußkamera nutzt die Fluoreszenz-Bildgebung. Dafür wird dem Patienten das Kontrastmittel Indocyaningrün injiziert. Mithilfe der Fußkamera wird anschließend der Blutfluss in den oberflächlich verlaufenden Gefäßen der Zehengelenke sichtbar gemacht. Mehrere Kameras erfassen dabei die Gefäße an den Fußober- und -unterseiten. Als Lichtquellen für die Fluoreszenzanregung werden LEDs im nahinfraroten Spektralbereich verwendet. Die Untersuchung dauert nur wenige Minuten und ist schmerz- und nebenwirkungsfrei. Mit dem Verfahren sollen Rheumaherde früher als mit einem Röntgengerät und preiswerter als mit einem Kernspintomographen entdeckt werden. Der Prototyp hat seine Funktionstüchtigkeit bereits in umfangreichen Tests an einem Fußmodell bewiesen und soll nun für eine erste klinische Erprobung vorbereitet werden.
Die Fußkamera ist eine wichtige Ergänzung zum Xiralite-Handscanner, einem Fluoreszenz-Bildgebungssystem, mit dem die Mikrozirkulation in den Händen beurteilt werden kann und zu dem bereits zahlreiche klinische Studien vorliegen. Er beruht auf einem ebenfalls unter Beteiligung der PTB entwickelten Verfahren. Die neue Fußkamera hat darüber hinaus den Vorteil, dass sie neben rheumatischen Erkrankungen auch als Diagnosewerkzeug für Diabetes mellitus und das sogenannte diabetische Fußsyndrom genutzt werden kann. Hier kann die frühzeitige Erkennung von Durchblutungsstörungen helfen, den Gesundheitszustand der Patienten zu verbessern. Möglicherweise lässt sich dadurch die Anzahl von Amputationen reduzieren.