Urlaubsregionen lassen sich reduzieren auf Berge und Schnee oder Strand und Wasser. Und wir Urlauber treffen dann einfach die Entscheidung, ob ins Gebirge oder ans Meer. Doch so einfach scheint es nicht zu sein. Als unsere Redaktion im letzten Jahr zur Cannes Yacht Show eingeladen war, fuhren wir voller Vorfreude mit dem Wohnmobil an die Côte d’Azur. Doch dort angekommen, war die Enttäuschung groß: keine Stellplätze für Wohnmobile; dafür viele Verbotsschilder, dass Wohnmobile nicht erwünscht sind. Was tun?
Parkmöglichkeiten am Rande der Stadt
Also die Flucht an den Stadtrand und dann zu Fuß in die Stadt? Doch an der nächsten Bushaltestelle hielt gerade ein Bus. Also einsteigen und zahlen. Die Überraschung war groß. Für die einfache Fahrt in die Stadt als auch ins 20 Kilometer entfernte Nizza sollten nur 1,50 Euro den Besitzer wechseln. Ein Angebot, das sich lohnt. Doch Nizza muss warten. Denn die Termine drängten. Boote sollten besichtigt und gefahren werden. Ein Luxus-Abenteuer erwartet uns.
Außerdem hatten wir einen Termin in der Tourist-Info. So wollten wir die Mönchs-Insel Saint-Honorat besichtigen. Die einzige private Insel Frankreichs.
Mönchs-Insel
Die Fähre brachte uns zu den Mönchen. Doch bevor wir dort ankamen, ging die Fahrt an der größeren Insel Sainte Marguerite vorbei. Zwischen beiden Insel hatten viele Yachten einen ruhigen Liegeplatz gefunden. Doch das ist nicht alles. Eine bisher einzigartige Geschäftsidee hat sich dort angesiedelt. Mitten auf dem Wasser befindet sich ein Pizza-Bringdienst. Auf einem Katamaran wird Pizza gebacken. Die Nachfrage ist riesig. Bis zu vier Stunden kann die Wartezeit betragen.
Rund 30 Minuten dauert die gemütliche Überfahrt. Auf Saint-Honorat erwartet den Besucher nicht der von Cannes gewohnte Trubel. Ruhe ist angesagt. Die kleinere der beiden Inseln gehört bis auf die Küste der Abtei Notre-Dame de Lérins. An der Südküste der Insel liegt dann die Klosteranlage. Die Besichtigung des Klosters gleicht wahrhaft einer Zeitreise. Weit weg vom Getümmel der Stadt herrscht hier, zwischen den Weinreben und den Mönchen in ihren altertümlichen Gewändern, eine ruhige Atmosphäre. Besinnlichkeit steht hier ganz oben und die Zisterziensermönche, die hier das ganze Jahr leben, arbeiten auf Hochbetrieb, um ausgezeichnete Weine, Liköre und Olivenöl herzustellen. Diese beruhigende Wirkung wird überall spürbar.
Die Abtei von Lérins
Die Mönchsgemeinschaft, die im Jahre 410 vom Heiligen Honoratus (frz. Saint Honorat) gegründet wurde, verkörpert eine seit 16 Jahrhunderten anhaltende Tradition. Die Zisterzienser haben sich im Jahre 1869 nach einer kurzen Zeit der Säkularisation auf der Insel niedergelassen. Obwohl sie seit ihrer Entstehung drei Mal wiederaufgebaut wurde, hat die Abtei einige Elemente aus dem 12. Jahrhundert bewahrt, wie den Kreuzgang und den Kapitelsaal. Die heutige Abteikirche wurde zwischen 1874 und 1878 im neuromanischen Stil erbaut. Sieben Kapellen vervollständigen diese Klosteranlage und bilden, auf der Außenlinie der Insel verteilt, einen wichtigen Pilgerrundgang. Die Erlöserkapelle (Saint-Sauveur) sowie die Dreifalitgkeitskapelle (La Trinité) sollen aus der Zeit der Karolinger (8. -10. Jahrhundert) stammen. Jedoch haben neuere Ausgrabungen die Entstehung der Erlöserkapelle der ersten Zeit der Mönchsgemeinschaft, das heißt dem 5. – 6. Jahrhundert, zugeordnet, was die durchgehende Nutzung von fast 150 Jahren bestätigt.
Klosteranlage
Kloster waren aber nicht nur ein Ort der Ruhe und Besinnung. Vielfach dienten sie auch den Schutz der Geistlichkeit und der Bevölkerung. Diese Anlage wurde im Jahre 1073 von Aldebert, Abt von Lérins, an der südlichen Uferspitze erbaut, um die Mönche vor den sarazenischen Piraten zu schützen. Vom 15. Jahrhundert bis ins Jahr 1788 lebten die Geistlichen dort dauerhaft und erlitten zahlreiche Angriffe. Das 4 Meter vom Boden entfernte Tor erreichte man durch eine Leiter, die nun durch eine Steintreppe ersetzt ist. Im ersten Stock befindet sich der „Kreuzgang der Arbeit“ mit Spitzbögen und Gewölben aus dem 14. und 17. Jahrhundert. Der „Kreuzgang des Gebets“ im zweiten Stock aus weißen Marmorsäulen verleiht Zugang zur Heilig-Kreuz-Kapelle (chapelle de la Sainte-Croix) mit ihrem Kreuzrippengewölbe, die wegen ihrer vielen Reliquien auch „Allerheiligen“ genannt wird. Von der oberen Plattform des alten Donjons, der mit Schießscharten und Pechnasen aus dem 15. Jahrhundert gespickt ist, offenbart sich ein Ausblick über die Lérins-Inseln und die Küste, vom Esterel-Gebirge bis zum Cap d‘Antibes und der Alpenkette im Hintergrund. Im 19. Jahrhundert übernahm Viollet-le-Duc die Renovierung und fügte einen Turm hinzu. Die Klosteranlage ist eines der ersten Gebäude in Frankreich, das 1840 durch Prosper Mérimée unter Denkmalschutz gestellt wurde (das einzige im Département Alpes-Maritimes).
Kanonen zur Verteidigung
Auch wenn die Kirche zu Kreuzzügen aufbrach um den Glauben zu verteidigen, dient – besser diente – dieses Waffenarsenal der Verteidigung. An den Endpunkten im Osten und Westen der Insel befinden sich zwei Öfen zum Erhitzen von Kanonenkugeln, welche im Jahre 1794 unter Anordnung von Napeleon Bonaparte gebaut wurden. Wie jene auf Sainte-Marguerite ermöglichten auch sie es, Kanonenkugeln auf bis zu 1000 Grad zu erhitzen. Seit 1908 stehen diese sehr gut erhaltenen Öfen unter Denkmalschutz.
Mönchsleben
Die Mönchsgemeinschaft der Zisterzienser hält sich wortwörtlich an die Regeln des Heiligen Benedikt: „bete und arbeite“. Dreieinhalb Stunden Gebet, eine Messe und sechs Gottesdienste bestimmen täglich den Lebensrhythmus der Mönche. Ihre altüberlieferte Herstellung von Wein und Likör ist die Haupteinnahmequelle der Gemeinschaft. Die Weinreben erstrecken sich über acht Hektar (fünf davon für Rotwein, drei für Weißwein) und zählen sechs Rebsorten: Syrah, Clairette, Chardonnay, Mourvèdre, Pinot noir und Viognier. Die jährliche Gesamtproduktion variiert zwischen 30.000 und 35.000 Flaschen. Die reichhaltige Flora und das außergewöhnliche Klima kommen der Qualität des Weins zugute. So wurde der Jahrgang 2009 des Pinot Noir Saint-Salonius auf den 15. Platz der besten Weine Frankreichs gewählt, was ihm die Ehre eingebrachte, bei offiziellen Essen des Elysée gereicht zu werden. Im Jahre 2010 hat die Gemeinschaft den „Clos de la charité“ (Weinberg der Barmherzigkeit) eingeweiht, eine Parzelle mit 500 Rebstöcken, von denen die meisten durch Partnerschaften unterstützt werden und deren Ertrag um die 300 Flaschen erzeugt. Jedes Jahr am letzten Samstag im Oktober findet eine Versteigerung statt, deren Erlös karitativen Vereinen zugutekommt.
Die Liköre, die seit über einem Jahrhundert von Mönchen hergestellt werden, erfreuen sich ebenfalls eines sehr guten Rufs. Der Likör Lérina (gelb und grün) wird aus 44 in Alkohol angesetzten Pflanzen gewonnen. Die Produktion der verschiedenen Liköre liegt bei ungefähr 9000 Flaschen.
Unter den weiteren Aktivitäten der Mönche findet man über 120 Olivenbäume, die eine kleine Produktion sehr hochwertigen Olivenöls von ca. 300 bis 400 Litern sicherstellen, sowie Parzellen mit Lavendelpflanzen, die zur Herstellung der Lavendelsäckchen von Lérins dienen.
Doch das Mönchsleben erhält nicht nur durch Arbeit und Beten seine Bestimmung. Die weltlichen Einflüsse führten 2019 dazu, dass zwei Mönche den Dienst quittierten und sich verabschiedeten. Manchmal ist die Liebe zum weiblichen Geschlecht eben stärker als zu Jesus oder Gott.
Christi Himmelfahrt vormerken
Das milde Klima der Côte d’Azur lädt nicht nur im Sommer zum Verweilen auch. Auch die anderen Jahreszeiten sind für norddeutsche Gemüter eine Reise wert. Ein besonderer Anlass könnte Christi Himmelfahrt sein. Dann begeben sich die Nachfahren der alten Familien Cannes‘ auf Saint-Honorat, um den Treueeid ihrer Vorfahren fortbestehen zu lassen. Nach der großen Messe, die von den Mönchen der Abteikirche von Lérins gesungen wird, begeben sie sich mit Musikbegleitung aus Einhandflöte und Tamburin in Prozession bis zur St.-Peters-Kapelle (chapelle Saint-Pierre), um die Geste der Opfergaben, bestehend aus lokalen Produkten, an ihren Lehnsherrn, den Gebietsherrn von Cannes, den Prinzen des Heiligen Grabes und den Abt der Abtei von Lérins zu verewigen.
Insel der Glückseligen?
Nach dem letzten Stand bewohnen 17 Mönche die Insel. Rund 100.000 Gäste werden jedes Jahr erwartet. Das führt aber nicht dazu, dass es keinen Platz gibt. Ein Restaurant und ein Kiosk befinden sich in der Nähe des Anlegestegs. Daneben gibt es auf der Insel mehrere Picknickplätze. Der Besuch im Restaurant La Tonnelle lohnt sich. Das Restaurant ist für seine gute Küche bekannt. Geöffnet ist es nur zur Mittagszeit. Daneben sind noch einige Verkaufsstätten zu finden, wo auch die auf der Insel produzierten Produkte zu erstehen sind sowie weitere Produkte aus befreundeten Klöstern.