Wer entscheidet eigentlich darüber, wenn bei autonomen Fahren Entscheidungen getroffen werden müssen? Die meisten von uns werden wohl sofort die Antwort parat haben: der Computer oder das System. Ja, das könnte so sein. Doch zuerst müssen die Regeln für die Entscheidungen festgelegt werden. Dabei geht es in erster Linie um die Entscheidung in Grenzsituationen. Gern wird ein Beispiel dazu angeführt, welches die Probleme sehr anschaulich darstellt. Das Szenario ist wie folgt: ein autonom gesteuertes Fahrzeug befährt eine Straße. Plötzlich erkennt das System, dass drei, sagen wir einmal, ältere Damen einen Fußgängerüberweg betreten. Das System realisiert, dass ein Bremsmanöver nicht rechtzeitig eingeleitet werden kann. Das Fahrzeug muss entweder ausweichen oder die Fußgänger an- bzw. überfahren. Doch der Ausweichraum wird gerade von einer radfahrenden Mutter mit ihren ebenfalls radfahrenden Kindern belegt. Was tun? Wie soll bzw. muss das System entscheiden?
Belassen wir es bei diesem Szenario. Es wird deutlich, dass solche Entscheidungen nicht einfach zu treffen sind. Das beschäftigt auch viele Autozulieferer. Um hier etwas Klarheit zu schaffen, entwickelt Continental einen „Code of Ethics“ für Umgang mit künstlicher Intelligenz.
Künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt zunehmend an Bedeutung für die Mobilität. Deshalb hat Continental jetzt einen Ethikleitfaden für den Umgang mit solchen selbstlernenden Systemen entwickelt. Damit gehört das Technologieunternehmen zu den Pionieren in der Branche. „Die Programmierung und Anwendung von künstlicher Intelligenz kann und darf nur nach klaren ethischen Grundsätzen erfolgen“, erklärt Dirk Abendroth, Chief Technology Officer Automotive bei Continental. „Intelligente Algorithmen spielen eine große Rolle in der Automobilindustrie, zum Beispiel beim autonomen Fahren. Als Technologieunternehmen stehen wir in der Verantwortung, dass alle unsere Produktentwicklungen sowie internen Prozesse im Einklang mit ethischen Normen stehen. So müssen KI-Systeme ihre Schlussfolgerungen immer im Sinne der Gleichstellung treffen.“ Der „Code of Ethics“ korrespondiert mit internationalen Regeln, etwa den EU-Richtlinien zum Umgang mit KI („Ethics Guideline for Trustworthy AI“). Er gilt für alle Standorte von Continental weltweit und dient als Orientierung für alle Kooperationspartner des Unternehmens.
Nachvollziehbare Regeln
Im Mittelpunkt des neuen Regelwerks stehen die Nachvollziehbarkeit von computerbasierten Entscheidungen sowie die Datensicherheit. Wenn wichtige Arbeitsschritte von Computern übernommen werden, ist eine Grundvoraussetzung für die Akzeptanz, dass der Mensch weiterhin das wachsende „Innenleben“ eines selbstlernenden Systems verstehen kann. Woher stammen die Daten? Welche Rechenschritte führen zu welchen Handlungen? Wie sind die Daten gesichert? Bei internen Prozessen etwa im Personalwesen: Stehen Arbeitsvorgänge, bei denen künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt, im Einklang mit anderen Regelwerken von Continental, etwa zur Gleichstellung? Solche Fragen – und somit Regeln – sind essenziell für die Gestaltung der Mobilität der Zukunft. So sind immer mehr Funktionen im Alltag ohne KI heute kaum mehr in dieser Qualität vorstellbar: Sprachassistenten im Smartphone, viele Diagnostiken im medizinischen Bereich, Navigationsanwendungen. Continental setzt bei verschiedensten Produkten auf künstliche Intelligenz. Dazu zählen kamerabasierte Fahrerassistenzsysteme mit Objekterkennung, Abbiegeassistenten und die Gestenerkennung als Kommunikationsmittel zwischen Mensch und Fahrzeug. Solche Systeme mit KI-Funktionen sind in der Lage, gewaltige Datenmengen nahezu in Echtzeit zu verarbeiten und mithilfe jeder neuen Information bessere Ergebnisse zu liefern.