Ruinenfeier

Sie hat sich zum Wahrzeichen der Studentenstadt Heidelberg entwickelt: die Schlossruine auf dem Berg. Dort thront sie über dem Neckar und ist von weithin sichtbar. Millionen von Menschen haben die Reste der einstigen Residenz eines der bedeutendsten Herrscherhäuser Europas besucht. Die Geschichte hat dem Gebäude arg mitgespielt. Nachdem zuerst im 30 Jährigen Krieg die ersten Kugel flogen sollte in späteren Jahren das gesamte Schloss im Pfälzischen Erbfolgekrieg gesprengt werden. Durch die kriegerischen Handlungen wurde es stark beschädigt, aber nicht gesprengt. Das Herrscherhaus war fast mit den Wiederaufbau fertig, da setzten am 24. Juni 1764 zwei Blitzeinschläge während eines Gewitters den Glockenturm und den Gläsernen Saalbau in Brand. Das Feuer zerstörte auch die angrenzenden Palastbauten der Schlossanlage. Die jahrhundertelang genutzte kurfürstliche Residenz wurde zur Ruine – und begann ihre zweite Karriere: als weltbekannte Attraktion für Reisende aus Nah und Fern.

Das Ende einer mächtigen Residenz

Der Blitz schlug in den gerade wieder notdürftig hergestellten Gläsernen Saalbau des Schlosses ein, ein zweiter setzte das Dach des direkt angrenzenden Glockenturmes in Brand: Innerhalb von ein paar Stunden zerstörte das Feuer die Paläste am Schlosshof – mehrere hundert Jahre Schlossgeschichte. Kurfürst Carl Theodor, der die heruntergekommenen Bauten nach den Zerstörungen im Erbfolgekrieg gesichert hatte, wollte das Schloss eigentlich wieder bewohnen – und hatte einen Einzug schon vorbereitet. Nun verhinderte der Brand diesen Plan. Der französische Schriftsteller Victor Hugo, der Heidelberg im Oktober 1840 als Tourist besuchte, schrieb dazu: „Man könnte sagen, dass der Himmel sich eingemischt hat. (…) Denn wenn Karl Theodor seine dreißig Jahre dort verbracht hätte, wäre die strenge Ruine, die wir heute bewundern, sicher mit einer schrecklichen Pompadour-Verzierung versehen worden.“ Mit dem Wegzug Carl Theodors nach München – er trat dort 1778 die ererbte Herrschaft der bayerischen Wittelsbacher an – waren die Überlegungen zu einem Wiederaufbau des Heidelberger Schlosses endgültig besiegelt.

Ende als Residenz im Jahr 1720

Die bedeutende Geschichte von Schloss Heidelberg als Residenz der Kurfürsten von der Pfalz hatte bereits im Jahr 1720 geendet: Am 12. April ordnete Kurfürst Carl Philipp die Verlegung seiner Residenz samt aller Regierungsbehörden nach Mannheim an. Vorausgegangen waren andauernde Streitigkeiten mit der evangelischen Bürgerschaft Heidelbergs, die die Heiliggeistkirche für ihre Religionsausübung beanspruchten und deren Überlassung für die katholischen Gottesdienste des Kurfürsten nicht zustimmten. Hinzu kam der schlechte Bauzustand des Schlosses, der einen umfangreichen Wiederaufbau oder sogar einen Neubau erforderte. Da die eng gebaute, als Höhenschloss konzipierte Renaissance-Anlage sowieso nicht den Ansprüchen eines barocken Herrschers entsprach, fiel die Entscheidung schnell: Zwei Jahre nach seiner Rückkehr aus seinem Geburtsort und Regierungssitz Neuburg an der Donau in die angestammte Residenz der Wittelsbacher verließ der Kurfürst endgültig die Stadt.

Neuentdeckung im 19. Jahrhundert

Seit 1764 war die großartige Palastanlage eine Ruine, verwüstet von Truppen des französischen Königs Ludwig XIV., endgültig zerstört durch den Brand nach Blitzeinschlägen, verlassen und vergessen. Doch nur vierzig Jahre später entdeckten Reisende, Maler und Poeten die malerisch über dem Neckar gelegenen Überreste der altehrwürdigen ehemaligen Residenz als Inbegriff einer romantischen Ruine. In Gedichten, Liedern und Bildern verewigten sie das stimmungsvolle Denkmal – und langsam entwickelte sich auch das Bewusstsein, die geschichtsträchtige Schlossruine zu erhalten: etwa durch die Initiative von Charles de Graimberg, französischer Emigrant in Heidelberg am Beginn des 19. Jahrhunderts, der sich die größten Verdienste um die Erhaltung der Schlossanlage erworben hat.