Erste S-Klasse

Schon vor 70 Jahren glänzte Mercedes auf dem Autosalon in Paris mit der S-Klasse: Der 300 S war der Star am Messestand von Mercedes-Benz. Die Stuttgarter werben in ihrer damaligen Verkaufsbroschüre den Typ 300 als einen „Wagen, der einen Traum verwirklicht“. Doch beim automobilen Herbstereignis in Paris präsentiert die Marke mit den zweitürigen Varianten nun luxuriös-sportliche Fahrzeuge, die erst recht zum Träumen einladen. Luckx – das magazin blickt zurück.

Design zum Träumen

Den 300 S gibt es als Cabriolet A, Coupé und Roadster. Alle drei Varianten haben ein Design zum Träumen: Es kombiniert Eleganz mit Sportlichkeit, zum Ausdruck gebracht beispielsweise durch die lang gestreckte Motorhaube, die vergleichsweise niedrige Dachlinie und eine fließende Heckgestaltung. Gebaut wird der 300 S im Sonderwagenbau im Werk Sindelfingen und damit in Manufakturfertigung. Im Interieur sind beste Materialien fein verarbeitet – duftendes Leder, edles Holz, glänzendes Metall. Das Ergebnis ist nicht allein ein höchst erlesenes Automobil, sondern in jedem Fall auch ein Einzelstück. Denn wie bereits vor dem Zweiten Weltkrieg erfüllt der Sonderwagenbau nahezu jeden Wunsch der solventen Kundschaft. So gibt es praktisch keine zwei identischen 300 S. Und zugleich bedeutet das: Wer mit einem 300 S auf den Straßen dieser Welt unterwegs ist, fährt in den höchsten Sphären der exklusiven Automobilität.

Das Unternehmen ist sich der Bedeutung des neuen Typs vor dem Hintergrund der eigenen Geschichte luxuriöser und sportlicher Automobile bewusst: „Die Daimler-Benz-Aktiengesellschaft hat stets den Fahrzeugen der internationalen Sonderklasse besondere Beachtung und Sorge zugewandt. Für den Kreis der Liebhaber dieser Fahrzeuge, die erhöhte Ansprüche an Eleganz, Komfort, Rasse, Geschwindigkeit und Straßenlage stellen, ist der Typ 300 S geschaffen worden“, heißt es in der Broschüre zum 300 S aus dem Jahr 1951.

Von den drei Karosserieausführungen ist auf dem Messestand in Paris das Cabriolet A zu sehen. Ein Coupé befindet sich ebenfalls in Paris, es wird als exklusiver Vorführwagen und somit auf den Boulevards der französischen Hauptstadt eingesetzt. Der Roadster, der das faszinierende Angebot komplett macht, wird 1951 auf dem Autosalon noch nicht gezeigt.

Sammlerstück

Im Jahr 2021 spielen die beiden Messefahrzeuge von vor 70 Jahren erneut eine besondere Rolle bei Mercedes-Benz Classic: Sie gehören zu gleich drei 300 S, deren Besitzer Herstellerexpertisen in Auftrag geben. Solche Mercedes-Benz Classic Expertisen richten sich vor allem an Eigentümer sehr hochwertiger Personenwagen aus der kompletten Markengeschichte. Sie sind vom Markt anerkannte Dokumente mit einzigartiger Aussagekraft über Originalität und Authentizität.

Ein Sammler kommt mit zwei der seltenen Automobile auf Mercedes-Benz Classic zu. Die Fachleute tauchen tief in die Fahrzeuge und ihre individuellen Historien ein. Und sie bestätigen nach akribischer Bestandsaufnahme von technischen Komponenten sowie mithilfe von Unterlagen aus den unternehmenseigenen Archiven und einer umfangreichen Fotorecherche zweifelsfrei: Der Sammler hat ein außergewöhnliches Pärchen, denn es handelt sich um genau die beiden 300 S, die 1951 in Paris die Weltpremiere bestreiten – das Cabriolet A vom Messestand und das Coupé, das damals als exklusiver Vorführwagen eingesetzt wird. Beides sind Vorserienfahrzeuge des 300 S und genießen somit unter den ohnehin bereits raren Stücken einen noch einmal herausragenden Status.

Das dritte Fahrzeug, das einem weiteren Sammler gehört, ist kaum weniger exklusiv: Bei diesem 300 S Cabriolet A handelt es sich ebenfalls um ein Vorserienfahrzeug, wie die Experten von Mercedes-Benz Classic bestätigen. Es ist das Fahrzeug, das Mercedes-Benz auf dem Autosalon Genf im März 1952 präsentiert.

Glanz für die Marke

Die Geschichte des 300 S beginnt vier Jahre vor seiner Weltpremiere: „Ein Fahrzeug, das den Namen Mercedes-Benz wieder vergoldet“, fordert Dr. Wilhelm Haspel, Generaldirektor der Daimler-Benz AG, in einer Sitzung im Dezember 1947. Wie mutig: Der Zweite Weltkrieg ist erst zwei Jahre vorbei. Trümmerfelder sind nach wie vor in vielen Städten zu sehen, Institutionen und Betriebe kämpfen mit Material- und Fachkräftemangel, Sorgen bestimmen den Alltag vieler Menschen.

Zugleich gibt es meist nur einen Blick: in Richtung Normalität und nach vorn. Dorthin blickt der Generaldirektor mit seiner Forderung, und für Mercedes-Benz ist es die Position an der Spitze des internationalen Automobilbaus. Zur Einordnung von Haspels Weitsicht außerdem: 1947 produziert Mercedes-Benz ausschließlich den noch auf einer Vorkriegskonstruktion basierenden 170 V (W 136), und das auch nur in recht kleiner Stückzahl und mit einfacher Ausstattung. Doch der Vorstand handelt Ende des Jahres 1947 entsprechend vorausschauend: Er stellt die Weichen in Richtung der Spitzenmodelle 300 und 300 S, die im Jahr 1951 präsentiert werden. Die Typen sind tatsächlich überaus strahlende Glanzlichter: hochexklusiv, überzeugend mit ihrem Komfort, ihrem Design und ihrer Technik.

Den Mercedes-Benz 300 S machen diese Eigenschaften übrigens nicht nur damals begehrenswert. Er ist auch heute ein gesuchtes Liebhabermodell. Und ein seltenes noch dazu: Vom 300 S werden bis August 1955 inklusive der Vorserienfahrzeuge lediglich 560 Stück gebaut (216 Coupés, 203 Cabriolets A und 141 Roadster). Vom folgenden 300 Sc mit Einspritzmotor sind es noch einmal 200 Fahrzeuge (98 Coupés, 49 Cabriolets A und 53 Roadster). Insgesamt entstehen also gerade einmal 760 exklusive Zweitürer. Zum Vergleich: Vom ebenfalls in Sammlerkreisen sehr beliebten 300 SL werden von 1954 bis 1957 genau 1.400 Coupés und dann bis 1963 noch einmal 1.858 Roadster produziert.