Das haben die wenigsten Arbeitgeber erwartet: Trotz Mehrfachkrisen suchen Arbeitnehmer nach neuen Herausforderungen. Anscheinend ist die Jobwechselwilligkeit so hoch wie nie, wie luckx – das magazin erfuhr.
Bankdrücker
Offenkundig ist die Wechselbereitschaft in Deutschland weiter angestiegen. Die bundesdeutschen Arbeitnehmer möchten nicht länger auf der Reservebank sitzen oder nur Auswechselspieler sein, um einmal den Fußball-Jargon zu nutzen. So sind derzeit genau ein Drittel der Beschäftigten offen für einen Jobwechsel wie aus dem Jobwechsel-Kompass zu entnehmen ist. Die bundesweite quartalsweise Erhebung bei 1.025 Beschäftigten ergab einen Jobwechsel-Index (Skala 1-5) von 2,60. Noch im März lag der Wert bei 2,36 und im Mai bei 2,50. Besonders auffällig: Vor allem junge Menschen zwischen 18 und 29 Jahren sind überdurchschnittlich offen für einen Wechsel ihres Arbeitgebers. 47% hegen aktuell den entsprechenden Wunsch zur beruflichen Veränderung – 14% mehr als der altersübergreifende Mittelwert aller Teilnehmenden.
Auch wenn die Deutschen zunehmend offen für einen Jobwechsel sind, klagen sie kaum über ihren gegenwärtigen Arbeitgeber. So stieg die aktuelle Mitarbeiter-Zufriedenheitsquote von 51% im Mai auf nun 64%. Allerdings sind zufriedene Mitarbeitende nicht in gleichem Maße auf dem Sprung wie unzufriedene. So liegt die Wechselbereitschaft bei denjenigen, die sich zurzeit in ihrem Job wohlfühlen bei nur 21%. Die tendenziell Unglücklichen sind dagegen zu 63% wechselwillig.
Gute Perspektiven
Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt schätzen die Beschäftigten in deutschen Unternehmen nach wie vor sehr optimistisch ein. Insgesamt liegt der Anteil derjenigen, die sich selbst gute oder sehr gute Chancen für einen Jobwechsel ausrechnen bei 61% (Mai: 60%). Auffällig ist dabei allerdings der prozentuale Anstieg bei denjenigen, die sich explizit „sehr gute“ Perspektiven einräumen. Dieser stieg um 6% auf nunmehr 24%. Auch diejenigen, die derzeit unglücklich bei ihrem gegenwärtigen Arbeitgeber sind, gehen insgesamt zu 58% von guten oder sehr guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt aus. „Die auffällig hohe Wechselbereitschaft ist verbunden mit einem hohen Selbstbewusstsein der Kandidaten. Gerade dass auch die unzufriedenen Mitarbeitenden von einer schnellen erfolgreichen Jobsuche ausgehen, ist eine beunruhigende Nachricht für deren Arbeitgeber. Denn die Unternehmen, die ihre Beschäftigten eigentlich halten möchten, laufen Gefahr, diese wertvollen Mitarbeiter ohne vorherigen Dialog zu verlieren. Und eine hohe Fluktuationsrate kann sich derzeit kein Unternehmen leisten“, so Nils Wagener, Geschäftsführer der Königssteiner Gruppe zu den Ergebnissen.
Glaube an die Zukunft
Die optimistische Grundhaltung der Kandidatinnen und Kandidaten hält übrigens trotz aller gegenwärtigen Krisen – von der Pandemie über den Ukraine-Krieg bis hin zur Inflation – auch mit Blick auf die Zukunft an. So sehen 87% der Befragten ihre individuellen Chancen auf dem Arbeitsmarkt in sechs Monaten so gut wie heute (67%) oder gar besser (20%). Wenn die Beschäftigten ein volles Jahr vorausschauen, liegt der Anteil derjenigen, die dann von genauso guten Perspektiven wie heute ausgehen bei 53%. Mehr als ein Viertel (28%) gehen sogar von dann noch besseren Aussichten auf dem Bewerbermarkt aus. Hier sticht vor allem der Optimismus der jungen Generation heraus. Denn satte 53% der jungen Beschäftigten zwischen 18 und 29 Jahren glauben fest daran, in einem Jahr noch bessere Chancen zu besitzen als jetzt schon. „Unsere Zahlen zeigen, dass sich die Kandidatinnen und Kandidaten ihres Wertes bewusster sind denn je. Trotz schwieriger politischer Rahmenbedingungen sind sie sicher, dass sie eine starke Position auf dem Arbeitsmarkt besitzen – jetzt und in Zukunft. Arbeitgeber müssen sich also auf eine zunehmend selbstbewusste Gruppe von gefragten Talenten einstellen“, so Peter Langbauer, Geschäftsführer der Online-Jobbörse stellenanzeigen.de, zu den Ergebnissen.
Für den JOBWECHSEL-KOMPASS befragt das Marktforschungsinstitut bilendi im Auftrag der KÖNIGSTEINER Gruppe sowie stellenanzeigen.de quartalsweise 1.000 Beschäftigte zu ihren beruflichen Zukunftsaussichten sowie ihrer Wechselbereitschaft. Der aktuelle Befragungszeitraum lag für die vorliegende Ausgabe im August 2022. Alle Teilnehmer waren zum Zeitpunkt der Befragung erwerbstätig.