Tourismus im Norden

Viele Tourismusdestinationen leiden unter der hohen Nachfrage. Was vorher nicht beachtet wurde, hat sich nun zum Problem entwickelt. Immer mehr Besucher möchten Orten besuchen, vor denen viele berichtet wurde und wird. Wie sich der Tourismus in Hamburg entwickelte, hat luckx – das magazin recherchiert.

Overtourism

Viele Destinationen haben über Jahrzehnte viele Geld in die Bewerbung ihrer Orte und Landschaften gesteckt. Nun kommen immer mehr Besucher und wollen die beschworene Schönheit sehen. Jetzt ist es auch nicht recht, oder? So demonstrieren zum Beispiel die Einheimischen auf der Ferieninsel Mallorca gegen den Tourismus. Haben die Demonstranten vergessen, wer ihnen Wohlstand und Einkommen sichert? Das ist wie in jedem Unternehmen: Nicht der Inhaber oder das Unternehmen zahlt den Lohn oder das Gehalt. Nein, es sind die Kunden, die Waren und Dienstleistungen kaufen und hoffentlich auch rechtzeitig bezahlen. Darüber hinaus kassiert der Staat Steuereinnahmen von allen, die ihren wirtschaftlichen Anteil am Tourismus haben. Ob Angestellte, Selbständige oder Unternehmen: Sie alle zahlen über Einkommensteuer, Mehrwertsteuer und städtlische Abgaben viel Geld. Das wird meistens auch zur Verbesserung des touristischen Angebots benutzt. Dadurch werden weitere Anregungen gesetzt, so dass noch mehr Gäste kommen. Dies können unter anderem verbesserte Verkehrsinfrastruktur, Veranstaltungen und Feste als auch Messen sein. So ist es auch in Hamburg, nach Berlin das zweitbeliebteste Ziel für einen Städtetrip in Deutschland. Im vergangenen Jahr besuchten 7,4 Millionen Touristen das „Venedig des Nordens“ – eine Steigerung um etwa acht Prozent im Vergleich zu 2022. Hinzu kommen über 100 Millionen Tagesgäste jährlich. Hamburgs Beliebtheit bei Städtereisenden ist auch im aktuellen Jahr ungebrochen: Von Januar bis Juni gab es bereits 7,54 Millionen touristische Übernachtungen in der Hansestadt.

Wie blicken die Einheimischen auf den Hamburg-Tourismus?

Der Tourismus ist für Hamburg eine wichtige Einnahmequelle. Etwa 11 Milliarden Euro geben Touristen jährlich in der Metropolregion aus. Dass der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region ist, wissen auch die Einheimischen: Laut einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Tourismusforschung stimmen neun von zehn Hamburger dieser Aussage zu. 70 Prozent von ihnen sind zudem der Meinung, dass der Tourismus insgesamt positive Auswirkungen auf die Stadt hat. Eine Studie des Tourismusverbands Hamburg hat ergeben, dass 87 Prozent der Hamburger so stolz auf ihre Stadt sind, dass sie diese Besuchern aus anderen Regionen und Ländern gerne präsentieren. Mit der anhaltenden Beliebtheit Hamburgs als Touristen-Hotspot offenbaren sich jedoch auch Schattenseiten: So steigen die Kurzzeitvermietungen in der Hansestadt von Jahr zu Jahr an – trotz strenger Regulierungen.

Bereits seit 1971 gibt es in der Metropole ein Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum, seit 1982 gilt das Hamburgische Wohnraumschutzgesetz (HmbWoSchG). Seitdem wurde es mehrmals angepasst, sodass heute gilt: Wer sein Haus oder seine Wohnung zur Kurzzeitvermietung anbietet, benötigt eine Genehmigung des Bezirksamtes, muss sich bei den Behörden registrieren und eine sogenannte Wohnraumschutznummer beantragen. Dann darf er seine Unterkunft für maximal 56 Tage im Jahr kurzzeitvermieten. Darüber hinaus müssen sämtliche Wohnraumüberlassungen innerhalb von zehn Tagen den Behörden gemeldet werden. Bei Zuwiderhandlung droht ein Bußgeld bis zu 500.000 Euro.

Regulierung erforderlich

Nach der Meinung von Mitgliedern von Wohnungs- und Haustauschbörse, sind solche regulatorischen Maßnahmen gegen Kurzzeitvermietung unerlässlich: „Da diese für die Anbieter deutlich lukrativer als die Langzeitvermietung ist, würden Bürger und Bürgerinnen folglich von Touristen verdrängt werden.“ Trotz der strikten Regelungen boomen Kurzzeitvermietungen auch in der Hansestadt: Waren 2019 insgesamt 5.279 Wohnraumschutznummern vergeben, sind es heute schon über 12.000. Dies freut Touristen, denn sie können aus einer noch größeren Zahl von Unterkünften auswählen, wenn sie den Stadtstaat besuchen. Das geht jedoch auf Kosten der Einheimischen. Denn seit einigen Jahren spitzt sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt in Hamburg zu. Es wird immer schwieriger, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Besonders schwierig erscheint die Lage für Familien und einkommensschwächere Menschen. Auch der Hamburger Mieterverein stellt fest, dass klassischer Wohnraum nicht für Kurzzeitvermietungen gewerblicher Art zweckentfremdet wird und damit dem Wohnungsmarkt entzogen wird.

Haustausch

Den Tourismus abschaffen möchten die Hamburger natürlich nicht. Vielmehr stellen sie sich die Frage, wie er nachhaltiger werden kann. Der Weg kann deshalb nur so sein, dass alle ihre Vorstellungen von Reisen und Tourismus grundsätzlich neu denken sollten. Nachhaltigkeit und ökonomischer Nutzen schließen sich nicht aus. Die Bedürfnisse der Einheimischen müssen aber im Vordergrund stehen. So schön sich das mit dem Haustausch auch liest, es bleibt dabei die Frage offen, wie diese Teilnehmer für die Nutzung der Infrastruktur und aller weiteren Aktivitäten einer Stadt oder Region ihren finanziellen Anteil leisten. Ob in Form von Steuern oder einen Übernachtungsbeitrag, wie er zum Beispiel in Kurorten geleistet wird. So richtig rund scheint dieses Konzept nur für die Nutzer zu funktionieren.