Die Agritechnica hat es wieder einmal gezeigt: Große Arbeitsgeräte sorgen für Aufsehen und für ökonomischen Erfolg. Welche Details im Vordergrund der Entwicklung stehen, hat luckx – das magazin recherchiert und setzt damit den ersten und zweiten Teil fort.
Weiterentwicklungen
Viele Hersteller stellten für ihre Traktorbaureihen in den letzten Jahren neue und teilweise größere Kabinen mit digitalen Bedien- und Anzeigesystemen vor. In der jüngeren Vergangenheit lief die Entwicklung bei Kabinen und Bediensystemen aber eher im „evolutionären“ Bereich ab. Zum Beispiel stellte Case IH mit „Adaptive 360°-Arbeitsbeleuchtung“ ein Beleuchtungssystem vor, das eine homogene Ausleuchtung rund um den Traktor ermöglicht, ohne die Anzahl der Scheinwerfer zu erhöhen. Ein wichtiges Element sind die ausklappbaren Halter vorne auf halber Kabinenhöhe. Die Einstellungen der hierauf montierten Scheinwerfer lassen sich zusammen mit denjenigen auf den Heckkotflügeln von der Kabine aus vornehmen und anschließend abspeichern. Über den Modus „Anbaugeräte-Automatik“ im Beleuchtungsmenu des Traktorterminals können die hinterlegten Geräte/Arbeitsbreiten abgerufen werden, bei ISOBUS-Geräten erfolgt dies beim Ankuppeln automatisch. Damit entfällt die Wahl zwischen dem ständigem Nachjustieren der Arbeitsscheinwerfer und einer einmaligen Kompromisseinstellung für verschiedene Geräte.
Bisherige Tempomaten werden meistens nach den Raddrehzahlen und somit der theoretischen Fahrgeschwindigkeit gesteuert. Der durch Zugwiderstände oder Steigungen/Gefälle verursachte Schlupf (positiv oder negativ) wird in der Regel nicht berücksichtigt. Fendt legt bei der Funktion „Real Speed Cruise Control“ neu die effektiven Fahrgeschwindigkeiten zugrunde, die über GPS oder Radarsensoren erfasst werden und verbessert damit die Einhaltung der SOLL-Geschwindigkeit. Vorteilhaft ist das u. a. beim Ausbringen von Dünger und Pflanzenschutzmitteln.
Mit ErgoSteer führt Fendt zudem eine Joy-Stick-Lenkung in der linken Armlehne ein – zusätzlich zum Lenkrad. Hierüber lässt sich auch der Fahrtrichtungswechsel vornehmen und die Spurführung aktivieren. Durch eine Selbstzentrierung ist ein exaktes Geradeausfahren jederzeit möglich, die Lenkempfindlichkeit kann im Traktorterminal individuell eingestellt werden. Interessant dabei: ErgoSteer kann bei allen Traktoren mit FendtONE nachgerüstet werden.
Bei heutigen Traktoren erfolgt die Zugkraftregelung in der Regel über die Unterlenker. Das Anheben oder Absenken des 3-Punkt-Krafthebers führt oft dazu, dass die Lage von Bodenbearbeitungsgeräten nicht mehr parallel zum Boden ist, was sich negativ auf die Arbeitsqualität auswirken kann. Um dies zu optimieren, bindet Claas bei der multidimensionalen 3-Punkt-Regelung neu auch den hydraulischen Oberlenker mit ein. Zur Ermittlung der Lage werden am Arbeitsgerät vorne und hinten Höhenmesssensoren montiert, welche die Signale an die Steuerungselektronik des Traktors übermitteln. Diese werden über ein zusätzliches Hydrauliksteuergerät in eine Regelvorgabe für die Oberlenkerlänge umgesetzt, was zu einer automatischen Anpassung der Gerätelängsneigung führt.
Autonomie
Automatische Lenksysteme und Programmiermöglichkeiten für wiederkehrende Bediensequenzen, z. B. am Vorgewende, gibt es bei Traktoren schon seit Jahren. In einem nächsten Schritt wird nun versucht, die Traktor-Geräte-Einheiten zu „autonomisieren“. Je nach Autonomie-Level soll der Fahrer die Arbeitsprozesse nur noch überwachen müssen, im Extremfall soll es ihn gar nicht mehr brauchen. Mehrere Hersteller stellten deshalb Systeme zur Hof-Feld-Überführung von vollautonomen Fahrzeugen oder zur Überwachung der Arbeitsqualität vor. Ein Beispiel hierfür ist das „Vehicle Transportation System“ VTS von Krone/Lemken für die autonome „Verfahrenstechnische Einheit“ VTE. Über eine Deichsel kann das Fahrzeug mitsamt den Anbaugeräten von einem „normalen“ Traktor zum Feld gebracht werden. Die Lenkstrategie wird an die Geschwindigkeit angepasst, sodass es bei hohen Geschwindigkeiten stabil und in Kurven/Einfahrten eng nachläuft. Die Betriebsbremse des autonomen Zugfahrzeuges, das auf der Straße bei Verwendung des neuen VTS-Systems als Anhängefahrzeug gilt, wird über ein übliches 2-Leiter-Druckluftbremssystem betätigt.
New Holland geht mit dem batterieelektrischen Traktor T4 Electric Power einen etwas anderen Weg und stellt für diesen Traktor interessante Autonomie- und Sicherheitsfunktionen vor, die für die Praxis bereits in naher Zukunft von Nutzen sein könnten. Die am Kabinendach und vorne in der Motorhaube montierten Kamerasysteme ermöglichen u. a. eine auf das Kabinenterminal übertragbare 360-Grad-Traktorrundumsicht, eine Erkennung von Heckanbaugeräten für das vereinfachte Ankuppeln sowie eine automatische Zapfwellenabschaltung, wenn Personen der Gelenkwelle zu nahekommen. Daneben gibt es die Funktionen „Route Mode“ (Traktor folgt einer festgelegten Fahrabfolge, beispielsweise in Obstplantagen), „Invisible Bucket“ (verbesserte Übersicht bei Frontladerarbeiten durch „Wegretouchieren“ der Anbauwerkzeuge auf dem Kabinenterminal) und „Follow-Me“. Besonders interessant dürfte der „Follow-Me-Modus“ für Arbeiten sein, bei denen der Fahrer stetig auf- und absteigen muss, um das Fahrzeug einige Meter vorwärtszubewegen, wie das beispielsweise bei der manuellen Gemüseernte oder beim Erstellen von Zäunen der Fall ist. Hierfür muss der Fahrer den Modus auf dem Traktorterminal aktivieren und sich danach zur „Identifikation“ in den Fronterkennungsbereich des Traktors begeben. Dieser folgt dann nur dieser Person. Ergänzend dazu gibt es eine Gestensteuerung, dank welcher der Traktor auch über Handzeichen Fahranweisungen entgegennehmen kann.
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