Für viele Menschen ist das Meer eine Herausforderung. Manch einer möchte von Insel zu Insel schwimmen; wieder andere segeln um die Welt. Entweder allein oder mit mehreren Personen. Dann gibt es Menschen wie Thor Heyerdahl, der mit seinen Papyrus-Booten zeigen wollte, dass in früheren Zeiten Menschen von Afrika nach Südamerika gesegelt sind. Nun ist ein Gruppe von Darmstädter Studenten auf dem Weg zu beweisen, dass ein unbemanntes Segelboot von Europa nach Amerika segeln kann.
Autonomes Segeln
Ob das Vorhaben gelingt, steht in den Sternen. Denn dazu muss erst einmal technisch gelernt werden, wie segeln funktioniert. Gelerntes Segeln ist mit so viel Erfahrung und Können verbunden, dass einer Maschine zuerst beigebracht werden muss. Vergleichbar ist es wohl mit dem autonomen Fahren. Dazu wird gerade auf der IFA in Berlin ein zweiter Prototyp präsentiert. Damit wollen die Macher beweisen, dass autonomes Segeln möglich ist. Doch das Ganze ist kein Spaß oder eine Idee von abgedrehten und gelangweilten Studenten. Gezeigt werden soll, so jedenfalls die Intention, dass die Handelsschifffahrt irgendwann einmal wieder mit Segelbooten oder mit Segelunterstützung funktionieren kann. So muss ein etwa 2 Meter langes Boot als Experimentierfeld herhalten. Auf Deck gibt es eine Solarzelle, die die notwendige Technik mit Strom versorgt. Diese Technik ist dann im Rumpf untergebracht: Winden zur Segelverstellung und des Ruders, Batterien und natürlich die Computersteuerung.
Seit 2008 wird an der Technik gebastelt. Denn das autonome Segeln stellt teilweise ganz andere Anforderungen an das Boot, als wenn ein menschlicher Segler es fahren würde. Daher werden Lösungen erarbeitet, um diese Herausforderungen zu überwinden. So werden die Seile beim Einholen nicht auf Deck, sondern in einer von speziell dafür entwickelten Kammer innerhalb des Rumpfs aufgerollt. Dadurch können sie sich selbst beim Einholen im Sturm nicht verhaken. Eine weitere Besonderheit an dem Boot sind die Ruder. Diese kritische Komponente wurden im Boot redundant verbaut. Das hintere der beiden Ruder lässt sich dabei ausklinken, wenn es trotz aller weiteren Vorkehrungen einmal verklemmen sollte.
Ziel
Die selbst gestellte Aufgabe besteht darin etwas zu schaffen, was vorher noch keiner geschafft hat: ein Segelboot zu entwickeln und zu bauen, welches unbemannt und energieautark den Atlantik überqueren soll. Dieses Ziel erfordert Extremes von einem Boot mit nur zwei Metern Länge. Denn dort draußen warten Wellen, welche weit höher als das
Boot schlagen, schwer erkennbare Hindernisse, sowie Stürme, Gewitter, zeitweise nur wenig Licht für die Solarzellen und vor allem Niemand, der eingreifen kann. Dies sind wohl auch Gründe, warum dieses Ziel bisher noch niemandem geglückt ist. Das Sailing Team Darmstadt möchte diese Herausforderung annehmen. Das Team besteht interdisziplinär und beschäftigt sich mit Aufgaben aus den Bereichen Energieversorgung, Kursfindung, Elektronik, Regelungstechnik, Mechanik, Organisation, Software und vielen weiteren Themen, welche bei der Entwicklung eines eigenen Bootes anfallen.
Erste Ergebnisse
Doch der jetzige Prototyp ist schon mit vielen Erfahrungen gespickt. Mit dem Vorgänger Modell, einem etwa einen Meter langen Boot namens „Estelle“ wurde 2009 im Hafen von
Brest (Frankreich) bewiesen, dass die Gruppe ein autonomes Segelboot konstruieren können. Doch um es mit dem Atlantik aufnehmen zu können, muss ein Boot wesentlich widerstandsfähiger sein, und so begann der Bau jetzigen Modells. Dieser ist gut zwei Meter lang und von Grund auf selbst konstruiert. Vom Rumpf und dem gesamten Aufbau auf Deck über die Elektronik bis hin zur Software wurde fast alles selbst entwickelt.
Bis zum 11. September 2019 ist das Boot während der IFA in Halle 26 a auf dem VDE Stand zu sehen.