Die Sonne scheint länger und lockt uns Menschen nach draußen. Strand und Meer, Berge und Täler laden ein. Und die Solarstromproduktion steigt. Es wird vermehrt nachhaltige Energie produziert. Doch das kann negative Folgen haben, recherchierte luckx – das magazin.
Strompreise und Strombörse
Der Frühling rückt näher und mit ihm die wiederkehrenden Diskussionen um negative Preise an der Strombörse an sonnigen und windreichen Tagen. An Ostern und zu Pfingsten sind diese beinahe schon zur Normalität geworden, die Niedrigpreis-Saison geht von April bis in den August. In den letzten Jahren haben die Zeiten negativer Strompreise merklich zugenommen: Im Jahr 2023 lag der Strompreis am Day-Ahead-Markt in 301 Stunden bei null oder darunter, 2024 waren es hingegen schon 459 Stunden. Das hat Auswirkungen auf ein sich immer schneller transformierende Energiesystem.
Zunächst einmal ist festzuhalten: Negative Strompreise sind keine Katastrophe. Vielmehr zeigen sie an, dass der Strommarkt funktioniert und das Angebot an klimaneutral erzeugtem Strom aus erneuerbaren Quellen den momentanen Bedarf überschreitet. Das ist ein Signal und ein Anreiz zugleich, den Stromverbrauch, also die Entnahme von Strom aus dem Netz, in diese Zeiten zu verlagern. Gleichzeitig signalisieren sie allerdings auch eine asymmetrische Entwicklung der letzten Jahre an: Der Zubau der Solarstrom-Erzeugung ging rasant voran, während es bei flexiblen Verbrauchern und Speichern vergleichsweise schleppend lief. Diese Diskrepanz darf nicht zum Dauerzustand werden. Angebot und Nachfrage müssen wieder zusammenfinden.
Speicher sind ein Teil der Lösung
Ein naheliegender Gedanke ist es, Strom in Zeiten niedriger oder gar negativer Preise zu kaufen und zu speichern, um ihn zu einem späteren Zeitpunkt mit hohem Bedarf und entsprechenden Börsenpreisen in die Netze zurückzuspeisen. Die Kapazität der dafür erforderlichen Speicher wächst weltweit stark an. In Deutschland befinden sich derzeit Großspeicher mit einer Gesamtleistung von rund 2,5 GW in Planung, wie aus dem Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur hervorgeht. Um Dimensionen höher liegen die Anschluss-Anfragen bei den vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern. Nach einer Umfrage des pv magazine lagen zum Jahreswechsel 650 Anschlussanfragen über insgesamt 226 GW Speicherleistung vor. Wie viele der beantragten Projekte später auch realisiert werden, ist nicht bekannt.
Flexibilität nutzen
Mindestens genauso wichtig wie der Zubau von Speichern ist das Flexibilisierungspotenzial, sowohl bei Verbrauchern als auch durch die Steuerung von Prozessen in Industrie und Gewerbe. Private Haushalte haben in Summe ein erhebliches Potenzial, am Strommarkt aktiv zu sein. Durch den Betrieb von privaten Solaranlagen sind viele von ihnen ohnehin schon von reinen Verbrauchern mit weitgehend starrem Lastprofil zu Prosumern geworden. Zu steuerbaren Schwärmen zusammengefasst, könnten viele Wallboxen, Batterien und Wärmepumpen zu echten Akteuren auf dem Strommarkt werden.
Mindestens genauso wichtig ist das Potenzial in Industrie und Gewerbe, auch wenn es schwerer zu greifen ist. Welche Prozesse sich wirklich flexibilisieren lassen, in welchem Maße und unter welchen Voraussetzungen, ist von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich und bedarf einer individuellen Planung. Ob und wann man beispielsweise Lasten steigern oder reduzieren soll und wie lang die Vorlaufzeit ist, ist sehr unterschiedlich, kann aber erhebliche Auswirkungen haben. Für Deutschland kommt das Kopernikus-Projekt SynErgie zu dem Schluss, dass Industriebetriebe ihre Last auf Abruf für 15 Minuten um bis zu 3,3 GW senken könnten. Steigern ließe sich die abgenommene Leistung über diesen Zeitraum um 1,5 GW.
Welche Auswirkung die Flexibilisierung aller Markteilnehmer hat, hat der europäische Branchenverband smartEn berechnet: Eine umfassende Integration aller technischen Flexibilitäten in den Markt könnte demnach die Stromerzeugungskosten in Europa um 4,6 Milliarden Euro senken und zugleich die Abregelung erneuerbarer Energien um 61 Prozent reduzieren. Michael Villa, Executive Director von smartEn, erklärt: „Die Aktivierung der flexiblen Nachfrage ist eine strategische Priorität, um den Zugang aller Verbraucher zu erschwinglichen Energiepreisen und insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit der Industrien in Europa zu verbessern. Wir können uns nicht auf geopolitische Dynamiken verlassen, um die Energiepreise zu senken: Eine flexible Nachfrage kann dieses Ziel kurzfristig erreichen und gleichzeitig den Teilnehmern an Flexibilitätsprogrammen zusätzliche Vergütungen bieten.“
EM-Power Europe zeigt Überblick
Einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand von Technologien und Lösungen für die erforderliche umfassende Schaffung und Bereitstellung von Flexibilitäten bietet die internationale Fachmesse EM-Power Europe. Vom 7. bis zum 9. Mai 2025 treffen sich Innovatoren, Entscheider und Praktiker, um Produkte, Dienstleistungen, Geschäftsmodelle für integrierte Energielösungen und stabile Strometze vorzustellen und gemeinsam künftige Trends und Dynamiken zu diskutieren. Die EM-Power Europe ist Teil von The smarter E Europe, Europas größter Messeallianz für die Energiewirtschaft.