Alterserscheinungen?

So manches Fahrzeug wird zu Tode gepflegt. Das betrifft insbesondere solche von Hilfskräften und Militär. Der Lack wird meist gut gepflegt. Bei privaten Fahrzeugen sieht es manchmal anders aus, wie luckx – das magazin recherchierte.

Wenn der Lack ab ist

Eines kann man Feuerwehr, THW und Bundeswehr nicht vorwerfen: Der Lack wird gut gepflegt. Doch aufgrund der geringen Einsätze wird der Antriebsstrang meistens wenig beansprucht. Da kommen dann die Alterserscheinung eher durch, so dass beispielsweise Dichtung, Gummipuffer und vieles mehr darunter leiden. Trotzdem können wir nur hoffen, dass diese Fahrzeuge eher im Depot bleiben als zum Einsatz zu kommen.

Bei Privat-PKW kommt schon mal schnell die eine oder andere Beule dazu. Die sehr hohe Anzahl des Fahrzeugbestandes in der Bundesrepublik ist vielfach der Auslöser dafür. Aber daneben kann es bei der Fahrzeugpflege zu Schäden kommen. So werden regelmäßig Fahrzeuge in Waschboxen und -straßen beschädigt. Die Schuldfrage sorgt regelmäßig für Streitereien, die nicht selten vor Gericht landen.

Statt sauber und rein, wird der Heckspoiler abgerissen

Erst kürzlich ging es vor dem Bundesgerichtshof (BGH) um einen teuren Waschstraßen-Besuch, bei dem ein Heckspoiler abgerissen wurde. Die Haftungsfrage musste dann das Gericht klären. Beim Fall, der es bis vor den BGH geschafft hat, ging es um einen Range Rover mit serienmäßig ausgestattetem Heckspoiler (Az.: VII ZR 39/24). Und der passte offensichtlich nicht so recht zur Waschanlage, denn während des Waschvorgangs wurde der Heckspoiler abgerissen. Der Fahrer verlangte daraufhin mehr als 3.000 Euro Schadensersatz vom Betreiber der Waschanlage, eine Nutzungsausfallentschädigung von 119 Euro für den Tag der Fahrzeugreparatur sowie die Freistellung von Rechtsanwaltskosten. Doch der Waschanlagen-Betreiber weigerte sich, die Kosten zu übernehmen. Immerhin gab es diverse Hinweis- und Warnschilder, unter anderem eines, das die Haftung für Anbauteile und Heckspoiler ausschloss. Trotzdem entschieden die Richter, dass dem Range-Rover-Fahrer sehr wohl ein vertraglicher Schadensersatzanspruch zustehe. Denn neben der Reinigung des Wagens hat ein Betreiber die Nebenpflicht, das Fahrzeug vor Beschädigungen zu bewahren. Und da der Heckspoiler ordentlich angebracht und sogar serienmäßig zum Fahrzeug gehörte, war in diesem Fall der Warnhinweis nicht ausreichend, da er sich nicht auf die serienmäßige Ausstattung bezog. Betreiber können aber bestimmte Fahrzeugmodelle, die sie für schadensanfällig halten, von der Benutzung ihrer Anlagen ausschließen. Darauf müssen sie betroffene Fahrzeughalter dann explizit hinweisen.

Heckscheibenwischer ausrichten?

In Waschstraßen gibt es in aller Regel keine vertragliche und jedenfalls keine gesetzliche Verpflichtung, Heckscheibenwischer in eine waagerechte Position zu bringen, um die Waschstraße nutzen zu dürfen. So etwas könnte der Betreiber einer Waschanlage aber grundsätzlich zu einer Nutzungsbedingung machen. Das hätte zur Folge, dass bei einem Verstoß gegen diese Verpflichtung ein Schadensersatzanspruch ausgeschlossen sein kann. In einem konkreten Fall war der hintere Scheibenwischer eines Fahrzeugs während des Waschvorgangs abgerissen und hatte am folgenden Fahrzeug Lackschäden verursacht. Der Geschädigte verlangte daraufhin Schadensersatz vom Fahrer vor ihm, weil der seinen Scheibenwischer in senkrechter Position gelassen hatte. Doch die Richter sahen keine Pflichtverletzung im senkrecht stehenden Scheibenwischer. Und da der Fahrer nicht der Betreiber der Waschanlage war, hatte er auch keine Verkehrssicherungspflicht (Landgericht Stendal, Az.: 22 S 6/22).

Wer bremst, hat Schuld?

Ein Autofahrer bremste während des Waschvorgangs, weil sein Vordermann verzögert aus der Waschstraße herausfuhr. Durch den Bremsvorgang rutschte sein Fahrzeug vom Transportband und wurde dabei beschädigt. Der Autofahrer verlangte daraufhin Schadensersatz vom Vordermann. Doch dessen Haftpflichtversicherung verweigerte die Zahlung. Denn der Grund für das verzögerte Verlassen der Waschanlage war nicht etwa ein unaufmerksamer Fahrer, sondern ein bockiges Auto, das erst nach einigen Startversuchen wieder ansprang. In zweiter Instanz sprachen die Richter des Oberlandesgerichts Zweibrücken schließlich beiden Fahrern eine Teilschuld zu. Allerdings trug der Bremser mit 70 Prozent die Hauptschuld. Denn ihm hätte klar sein müssen, dass ein Bremsvorgang in einer Waschstraße nicht gut ausgehen kann. Zudem gab es eindeutige Hinweistafeln in der Anlage, die vor einem Bremsen warnen (Az.: 1 U 63/19).

Wenn zwei Fahrzeuge zusammenstoßen

Wie immer im Leben, kann es ganz einfach sein. Wenn sich auch in der Waschstraße alle an die Regeln halten, passiert meistens nichts. Bremst der Vordermann und gerät man dadurch selbst in Gefahr, ist genau zu überlegen, ob man mit seiner eigenen Reaktion gegen Regeln der Waschanlagennutzung verstößt. Am besten sollten Nutzer auf die Funktion der Waschanlage vertrauen statt eigenmächtig in deren Abläufe einzugreifen. Im Zweifel muss man es auf einen Crash ankommen lassen; das ist unter Umständen die günstigere Alternative. In einem Fall hatte ein Bremsmanöver den ganzen Waschbetrieb auf den Kopf gestellt. Der Fahrer hatte während des Waschvorgangs gebremst, um einen Zusammenprall mit dem vor ihm gezogenen Fahrzeug zu verhindern. Beide Fahrzeuge wurden bei ausgeschaltetem Motor auf einer Vorrichtung durch die Waschstraße gezogen. Doch das Hinterrad des Vordermanns löste sich aus der Transportvorrichtung und der Wagen blieb mitten in der Anlage liegen. Daher trat der hintere Fahrer auf die Bremse. Durch sein Manöver wurde allerdings der gesamte Rhythmus der Anlage durcheinandergebracht, so dass am Ende die Gebläsetrocknung auf sein Heck krachte. Auf dem Schaden von rund 4.500 Euro blieb er sitzen. Das klingt erst einmal ungerecht, dass nicht auch hier beide Fahrer in die Pflicht genommen werden. Doch verkehrsrechtlich gesehen sind Fahrzeuge mit ausgeschaltetem Motor nicht in Betrieb. Sie werden ohne eigene Motorkraft durch eine Waschstraße gezogen. Daher müssen Halter – anders als beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs – auch keinen Schadensersatz leisten, wenn ihnen auch kein anderweitiges Fehlverhalten in der Waschstraße nachzuweisen ist (Oberlandesgericht Koblenz, Az.: 12 U 57/19).

Betreiber hat Schuld

Wenn Betreiber einer Waschanlage einen Schaden verursachen, müssen sie diesen ersetzen. Unter Umständen muss dieser nicht nur die Reparaturkosten ersetzen, sondern sogar Nutzungsausfall bezahlen. Auch dazu gibt es ein Gerichtsurteil: Dabei ging es um die Bürsten einer Waschstraße, die die Heckscheibe eines Pkw eindrückten. Die Werkstatt, die mit der Reparatur des Schadens betraut war, konnte jedoch keinen passenden Ersatz finden, so dass der Besitzer des Pkw sich entnervt selbst auf die Suche nach einer Heckscheibe machte. Das dauerte am Ende ganze 99 Tage. Anschließend verlangte der Autobesitzer vom Waschanlagenbetreiber nicht nur die Reparaturkosten in Höhe von rund 5.600 Euro, sondern zusätzlich einen Nutzungsausfall von 65 Euro täglich, also zusätzlich etwa 6.400 Euro. Der Waschanlagenbesitzer musste am Ende tatsächlich für alles zahlen – allerdings mit einer Einschränkung: Der Schadensersatz wurde auf gut 3.000 Euro reduziert (Oberlandesgericht Frankfurt, Az.: 24 U 111/05).

Schadenausschluss?

Betreiber einer Waschanlage können für Schäden mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) keinen Haftungsausschluss bestimmen. Insbesondere dann nicht, wenn der vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln des Betreibers umfasst, ist dies nach dem Gesetz insgesamt unwirksam. Aber auch auf einen Haftungsausschluss für Schäden, die durch leichte Fahrlässigkeit eingetreten sind, kann sich der Betreiber nicht berufen. In einem konkreten Fall bezog sich der Haftungsausschluss zwar nur auf besonders gefährdete Außenteile wie Spiegel, Scheibenwischer etc. Das spielte für die Richter aber keine Rolle, sie befanden die entsprechende Klausel für unwirksam. Denn der Kunde darf berechtigterweise darauf vertrauen, dass sein Fahrzeug unbeschädigt aus der Waschanlage kommt und dass er Schadensersatz erhält, sollte doch ein Schaden auftreten, der vom Betreiber – in welcher Form auch immer – verschuldet ist (BGH, Az.: X ZR 133/03).