Immer in der Spur bleiben

Rallye-Ikone Walter Röhrl ist nicht begeistert von dem vielen technischen Schnickschnack in den heutigen Fahrzeugen. Nicht, weil er die kleinen Helferlein nicht schätzt oder als unnötig erachtet, sondern weil das Autofahren, das Können, in den Hintergrund tritt. Denn heute kann jeder einen PS-starken Sportwagen fahren ohne über die fahrerischen Qualitäten zu verfügen. Oder andersherum: die heutigen Fahrzeugen nehmen den Fahrern viel Arbeit ab und erleichtern das unfallfreie Ankommen.

Fahrstabilität

Nasse Fahrbahnen und plötzliche Ausweichmanöver gehören nicht zusammen. So etwas endete früher häufig im Graben oder an der Leitplanke, nicht selten tödlich oder mit Schwerverletzten. Erst das Elektronische Stabilitäts-Programm ESP, das Bosch und Daimler-Benz 1995 in der S-Klasse erstmals auf den Markt brachten, ließen die Fahrzeuge in der Spur halten. Seitdem hält ESP Fahrzeuge auch bei kritischen Fahrmanövern sicher in der Spur. Allein in der EU hat der Schleuderschutz nach Berechnungen der Bosch-Unfallforschung in den vergangenen 25 Jahren rund 15 000 Menschen das Leben gerettet und knapp eine halbe Million Unfälle mit Personenschaden verhindert. Neben dem Anschnallgurt und dem Airbag gehört ESP zu den wichtigsten Lebensrettern im Fahrzeug. „Die Entwicklung des Elektronischen Stabilitäts-Programms war ein Meilenstein für unsere Vision Zero: keine Verkehrstoten mehr“, sagt Bosch-Geschäftsführer Harald Kröger. „Das ESP steht in besonderer Weise für unser Leitbild Technik fürs Leben.“ Von gestern ist die Innovation von damals nicht: die Stuttgarter haben den Schleuderschutz seit 1995 immer weiterentwickelt und bisher mehr als 250 Millionen ESP-Systeme gefertigt. Der elektronische Schutzengel ist heute aus Autos nicht mehr wegzudenken. Weltweit sind 82 Prozent aller neuen Fahrzeuge mit ESP ausgestattet, 2017 waren es 64 Prozent.

Schleuderunfälle lassen sich verhindern

Insbesondere auf nassen oder glatten Straßen, beim Ausweichen von unerwarteten Hindernissen wie Tieren auf der Fahrbahn, aber auch bei zu schnell angefahrenen Kurven, greift das Elektronische Stabilitäts-Programm ein. Bis zu 80 Prozent aller Schleuderunfälle lassen sich damit verhindern. Es umfasst die Funktionen des Antiblockiersystems (ABS) und der Antriebsschlupfregelung (ASR), kann aber noch deutlich mehr. Es erkennt auch Schleuderbewegungen des Fahrzeugs und wirkt diesen aktiv entgegen.

Anhand der fahrdynamischen Daten erfasst der Schleuderschutz, ob das Auto dahinfährt, wohin der Fahrer lenkt. Bei Abweichungen greift es ein. Was zunächst einmal simpel klingt, erfordert ein komplexes Zusammenspiel: Der Abgleich von Lenkbewegung und Fahrtrichtung erfolgt mithilfe intelligenter Sensoren 25-mal pro Sekunde. Bei Abweichungen reduziert das ESP das Motormoment und bremst einzelne Räder ab. So hilft es dem Fahrer, ein Ausbrechen oder Schleudern des Fahrzeugs zu verhindern. Schleuderunfälle werden sozusagen ausgebremst.

Durchbruch nach dem Elchtest

Bis dahin war es ein langer Weg: Los ging es in den 1980er-Jahren mit zunächst unabhängigen Entwicklungen für mehr Fahrzeugstabilität bei Bosch und Daimler-Benz. Ab 1992 arbeiteten die Experten beider Unternehmen in einem Projekthaus bis zur Markteinführung zusammen. Zum Durchbruch verhalf dem System der legendäre Elchtest im Jahr 1997: Bei einem abrupten Ausweichmanöver im Test einer schwedischen Autozeitschrift verlor die A-Klasse das Gleichgewicht, woraufhin Mercedes-Benz das ESP serienmäßig nachrüstete. Seitdem werden immer mehr Fahrzeuge unterschiedlichster Hersteller mit dem Schleuderschutz ausgestattet.

Weniger Unfälle, weniger Verletzte, weniger Tote – auch der Gesetzgeber hat den Nutzen erkannt und ihn in vielen Teilen der Welt zur Pflichtausstattung gemacht. In der Europäischen Union wurde das System schrittweise vorgeschrieben, zunächst ab November 2011 für neue Personenwagen- und Nutzfahrzeugtypen und ab dem 1. November 2014 für alle neu zugelassenen Pkw und Nutzfahrzeuge. Auch in Argentinien, Australien, Brasilien, China, Ecuador, Israel, Japan, Kanada, Malaysia, Neuseeland, Russland, Südkorea sowie in der Türkei und den USA gibt es gesetzliche Vorgaben oder Selbstverpflichtungen für den Schleuderschutz. Erfahrungen aus Europa zeigen: Steigen die Ausstattungszahlen, sinken die Unfallzahlen.

Gehört zum automatisierten Fahren

Bosch bietet maßgeschneiderte ESP-Systeme für alle Antriebsarten vom Verbrenner bis zum Elektroauto und verschiedene Fahrzeuge vom Kleinstwagen bis zum Nutzfahrzeug. Sogar für motorisierte Zweiräder hat das Unternehmen eine Art ESP entwickelt: Die 2013 erstmals von Bosch auf den Markt gebrachte Motorrad-Stabilitätskontrolle (MSC) sorgt in allen Fahrsituationen für größtmögliche Stabilität.

Gleichzeitig ist ESP die Basistechnologie für viele Fahrerassistenzsysteme und das automatisierte Fahren, mit denen Bosch seine Vision Zero weiterverfolgt. „Neue und bewährte Technologien von Bosch warnen und unterstützen den Fahrer in kritischen Situationen, sie können zunehmend eintönige und ermüdende Aufgaben übernehmen. Sie bieten so die Chance, die Zahl der Unfälle und Verkehrstoten weiter zu senken“, erläutert Kröger.