Bio-Trend

Bei uns in Deutschland scheinen Bio-Produkte keine große Bedeutung zu haben. So jedenfalls kommunizieren einige Interessengruppen immer wieder ihre Weltanschauung. So sollen im Lebensmitteleinzelhandel Bio-Produkte gerade einmal einen Marktanteil von 4% darstellen. Doch: auch im Harddiscount werden Bioprodukte regalmeterweise angeboten. Des Weiteren wird argumentiert, der Ökowert der Bio-Produkte wäre fraglich. Denn viele Produkte würden nicht in Deutschland angebaut, sondern aus fernen Ländern zu uns transportiert. Nun lassen sich Bananen und Orangen sehr schwer in Deutschland produzieren. Aber auch bei Äpfel und Getreide werden Bio-Bauern Grenzen gesetzt. Denn die Preise der landwirtschaftlichen Flächen steigen seit Jahren unaufhörlich. Darüber hinaus bekommen Bio-Bauern erheblich geringere Fördermittel als konventionelle landwirtschaftliche Betriebe. Bei den Transportbedingungen zum Kunden werden an Bio-Bauern ebenfalls höhere Anforderungen gestellt als im konventionellen Anbau. Ein Teufelskreis? Trotz allem boomt der globale Bio-Markt und nähert sich 90 Mrd. US-Dollar Umsatz. Er entwickelt sich positiv bei glänzenden Zukunftsprognosen. Besonders hoch sind die Wachstumsraten in Nordamerika und Nordeuropa. In den USA beträgt der Bio-Marktanteil 5 Prozent, die Organic Trade Association (OTA) beziffert den Umsatz 2016 auf 43 Mrd. US-Dollar. Auch Europa verzeichnet gute Ergebnisse. In Deutschland wuchs der Bio-Markt 2016 laut Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) um knapp 10 Prozent, in Frankreich wurde gemäß Agence Bio für den gleichen Zeitraum sogar ein Plus von mehr als 20 Prozent berechnet. Auch das Vereinigte Königreich befindet sich mit einem Zugewinn von 7 Prozent zurück auf dem Wachstumspfad. Bereits 2015 hatten Spanien, Irland und Schweden Zuwächse von mehr als 20 Prozent verbucht. Schweden und Frankreich gehören auch 2016 wieder zu den europäischen Spitzenreitern. Beste Perspektiven also für die Bio-Branche, die sich in ihrer ganzen Vielfalt das nächste Mal zur Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel, BIOFACH, in Nürnberg vom 14.-17. Februar 2018 trifft.

Der globale Markt für Bio-Lebensmittel sowie -Getränke nähert sich 2016 nach vorläufigen Berechnungen einem Volumen von rund 90 Mrd. US-Dollar. Hohe Wachstumsraten gab es in allen Weltregionen, besonders jedoch in Nordamerika und Nordeuropa“, stellt Amarjit Sahota von der Londoner Unternehmensberatung Ecovia Intelligence (vormals Organic Monitor) fest. Dabei gäbe es jedoch zunehmende Bedenken hinsichtlich einer ausreichenden Versorgungssicherheit mit Bio-Rohstoffen.

Wir freuen uns sehr, schon jetzt über ein weiterhin anhaltendes Wachstum bei der Bio-Fläche weltweit im Jahr 2016 berichten zu können. In den meisten europäischen Ländern hat die Bio-Fläche 2016 zugenommen, wenn auch nicht in allen“, erläutert Helga Willer vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau in der Schweiz. Sie stellt zusammen mit Julia Lernoud seit vielen Jahren im Auftrag von IFOAM – Organics International, dem Weltdachverband der Bio-Bewegung und internationalen Schirmherrn der BIOFACH, und von FiBL, dem schweizerischen Forschungsinstitut biologischer Landbau eine Übersicht über die Entwicklung der Bio-Flächen auf allen Kontinenten zusammen. Spitzenreiter im Bio-Flächenwachstum in Europa sind Bulgarien mit 35, Kroatien mit 23 und Zypern mit 18 Prozent. Aber auch in den größeren Ländern wie Frankreich (+ rund 210.000 ha), Deutschland (+75.650 ha) und Spanien (+50.232 ha) gab es erfreuliche Zuwächse. Allerdings sind in Griechenland, Polen und Rumänien auch Rückgänge von insgesamt rund 130.000 ha zu verzeichnen. Besonders fallen Veränderungen in Australien ins Gewicht, da es dort sehr große extensive Weidebetriebe gibt. Im vergangenen Jahr kamen einige neue Betriebe hinzu. „Unseren Berechnungen zufolge ist die Bio-Fläche 2016 weltweit um rund 5 Mio. ha gewachsen, was als sehr erfreuliches Ergebnis gewertet werden kann“, freuen sich Helga Willer, Julia Lernoud und Instituts-Direktor Urs Niggli.

Deutschland: kontinuierliches Wachstum

Eine Wachstumsrate von 9,9 Prozent Plus verzeichnete der traditionell starke deutsche Bio-Markt 2016. Insgesamt erzielten alle Verkaufswege des Handels 9,48 Mrd. EUR Umsatz. Prognosen sagen für 2017 ein Ergebnis über 10 Mrd. EUR voraus. Konventionelle Supermarktketten (LEH) legten mit ihrem Bio-Angebot und 14,6 Prozent deutlich überdurchschnittlich auf 5,45 Mrd. EUR zu. Neben günstigen Preisen bei eigenen Handelsmarken zählt zu den Gründen hierfür die Erweiterung des Angebots gegenüber den Vorjahren. Im Naturkostfachhandel wuchs der Umsatz um 5 Prozent auf 2,85 Mrd. Euro. Während jeder zweite Euro, der für Bio-Produkte ausgegeben wurde, im LEH landet, wird aktuell knapp jeder dritte Euro im Fachhandel ausgegeben.

Eher geringe Zuwächse (2,2 Prozent) konnten sonstige Verkaufskanäle realisieren, wie die Direktvermarktung ab Hof oder Wochenmärkte, Reformhäuser, Tankstellen, Versandhandel oder das Lebensmittelhandwerk wie Bäckereien oder Metzgereien.

Österreich: Bio-Umsatzanteil nähert sich der 10 Prozent-Marke

Seit jeher ist Österreich neben Dänemark und der Schweiz einer der Vorreiter für Bio-Erzeugung und -Konsum in Europa. Seit über zwei Jahrzehnten wird der ökologische Anbau vor allem auch in den Bergregionen zielgerichtet unterstützt. Regionale Verarbeitung und -Vermarktung stehen daher hoch im Kurs. Nicht verwunderlich, dass der Bio-Anteil am Gesamtumsatz für Lebensmittel in Österreich konstant zunimmt. Betrug dieser 2013 noch 6,7 Prozent, kletterte er auf 8,6 Prozent im ersten Halbjahr 2017, so die Analyse von RollAMA/AMA-Marketing. Besonders nachgefragt ist Bio-Qualität bei Eiern (20 Prozent Marktanteil), Frischmilch (18 Prozent), Kartoffeln (16 Prozent) und frischem Gemüse (14 Prozent). Weniger hoch liegt der Bio-Anteil beim Fleisch. Dieser wuchs zwar von 3,6 Prozent in 2014 auf 4,6 in 2016, liegt jedoch nach wie vor unter dem Durchschnitt. Bei Wurst und Schinken beträgt der Bio-Anteil erst 2,6 Prozent. Die Anzahl der Bio-Betriebe stagniert in Österreich seit Jahren auf verhältnismäßig hohem Niveau. Bereits Mitte der Neunziger Jahre erreicht die Alpenrepublik eine Zahl von rund 20.000 Bio-Betrieben. 2015 lag sie bei 20.779, und ist damit über zwei Jahrzehnte beinahe unverändert geblieben. Der gesamte Bio-Umsatz belief sich 2016 in Österreich auf 1,6 Mrd. EUR. Davon entfielen 75 Prozent auf den LEH, 19 Prozent auf den Fachhandel und 6 Prozent auf die Gastronomie.

Italien: Kräftiges Wachstum in 2016

Über zweistellige Zuwachsraten im Jahr 2016 sowohl in der Anbaufläche, als auch bei der Zahl der Bio-Betriebe, konnte sich Italien freuen. 300.000 ha befanden sich zum Jahresende in der Umstellung. So betrug die Bio-Fläche in Italien insgesamt 1,8 Mio. ha. Besondere Zuwächse konnten erzielt werden bei Gemüse (+49 Prozent), Getreide (+32 Prozent) sowie bei Oliven- und Weinbauflächen (+23 Prozent). Das größte Flächenwachstum konnten die Regionen Sizilien, Apulien und Kalabrien verzeichnen. Inzwischen werden 14,5 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche Italiens biologisch bewirtschaftet. Dies geht aus einer Analyse des Sinab-Instituts hervor. Von den 72.154 Unternehmen, die Bio-Produkte handeln oder erzeugen, sind knapp 56.000 Bio-Landwirte. Auch der Bio-Umsatz konnte sich mit einem Plus von 14 Prozent sehr positiv entwickeln. Während der LEH mit 16 Prozent leicht überdurchschnittlich abschnitt, legte der Naturkostfachhandel um 3,5 Prozent zu. Lieferdienste, Wochenmärkte und Hofverkäufe verzeichneten ein Wachstum von 13 Prozent. Der Gesamtumsatz mit Bio-Lebensmitteln belief sich einschließlich der Außer-Haus-Verpflegung daher in Italien 2016 auf 3 Mrd. EUR, heißt es beim Marktforschungsinstitut Nielsen sowie dem Bio-Herstellerverband AssoBio.

Frankreich: Umsatzsprung auf hohem Niveau

Satte 1,2 Mrd. EUR mehr setzten französische Naturkostfachgeschäfte, der konventionelle Einzelhandel und die Direktvermarktung in Frankreich im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr um, berichtet die halbstaatliche Agénce Bio mit Sitz in Paris. Somit kam die Branche auf ein Wachstum von 21,7 Prozent und landete bei 6,7 Mrd. EUR Umsatz. Hinzu kommen Außer-Haus-Verpflegung und Gastronomie, die einen Umsatz von 411 Mio. EUR erzielten. Besonders zugelegt haben die Produktkategorien Obst und Gemüse mit 33 sowie das Trockensortiment mit 24 Prozent. Auch Bio-Fleisch konnte deutlich hinzugewinnen, da immer mehr Bio-Fachmärkte Wurst- und Fleischabteilungen und -theken etablieren und den Verbraucherinnen und Verbrauchern so auch frisches Fleisch anbieten.

Schweden: Bio-Anteil zählt zu den höchsten weltweit

Der starke Bio-Trend in Schweden hält bereits fast vier Jahre an. Seit 2014 werden enorme Wachstumsraten von 30 bis 40 Prozent jährlich verzeichnet. Allein zwischen 2014 und 2016 verdoppelte sich der Bio-Markt auf 2,6 Mrd. EUR. Aktuell wächst der Markt wieder etwas langsamer. Das liegt einerseits an einer gewissen Marktsättigung, aber auch an den Herausforderungen bei der Versorgung mit Bio-Rohstoffen. Für das erste Halbjahr 2017 schätzt Cecilia Ryegård den Zuwachs auf 7 bis 8 Prozent. Ryegård ist verantwortlich für das Fachinternetportal Ekoweb und veröffentlicht in regelmäßigen Abständen Zahlen und Informationen zur Bio-Branche in Schweden. Bemerkenswert ist der enorm schnelle Anstieg des Bio-Anteils in Schweden. Dieser zählt Ryegård zufolge mit 9,3 Prozent inzwischen zu den weltweit höchsten.