Unsicherheit beim Sporttreiben

Als 1970 die Trimmspirale vom Deutschen Sportbund ins Leben gerufen wurde, war ein wesentlicher Grund, die bundesrepublikanische Bevölkerung in Bewegung zu bringen. Grundgedanke war die Förderung der Gesundheit. Und was ist dafür besser als Bewegung. Einer der Ideengeber war der Sportmediziner Prof. Wildor Hollmann. Ihm ging es in seiner Forschung um Präventiv- und Sportmedizin, die vor seiner Zeit in keiner Weise betrachtet wurde. Zum Beispiel wurden bis dato Patienten sozusagen „ans Bett gefesselt“, also zur absoluten Bettruhe verordnet. Hollmann erkennt, dass das völlig falsch ist und entwickelt daraufhin unter anderem sportliche Reha-Maßnahmen. Seitdem gilt regelmäßiger Sport als eine der besten Maßnahmen, um das Herz lange gesund und leistungsfähig zu halten. Doch Meldungen über Herztodesfälle beim Sport können verunsichern. Dramatisch war unter anderem der Fall des 28-jährigen kamerunischen Fußballspielers Marc-Vivian Foé, der 2003 während des Confederations-Cup in Frankreich vor laufenden Kameras einen plötzlichen Herztod starb. Dazu gehören Berichte von Ausdauersportlern, die beim Marathonlauf eines plötzlichen Herztod versterben. Vielfach stellt sich dann heraus, dass übertriebener Ehrgeiz oder Vorschädigungen die eigentliche Ursache waren.

Studienergebnisse

Je nach Studie liegt die Häufigkeit des plötzlichen Herztods beim Sport zwischen 0,7 und 3,0 Todesfällen pro 100.000 Sporttreibenden pro Jahr. „Weltweit sind Männer deutlich häufiger betroffen als Frauen. Hinsichtlich der Ursache ist zu unterscheiden zwischen Sportlerinnen und Sportlern unter 35 Jahren und darüber. Daher sollten auch junge Menschen, bevor sie aktiv Sport betreiben, ihr Herz untersuchen lassen“, betont der Kardiologe und Univ.-Prof. Dr. med. Jürgen Scharhag, Leiter der Abteilung Sportmedizin, Leistungsphysiologie und Prävention am Institut für Sportwissenschaft der Universität Wien. Bekanntlich kann es bei Leistungs- und erst recht bei Extremsport zum plötzlichen Herztod kommen, wenn eine Herzkrankheit unerkannt bleibt. „Das sollte man vor Antritt des Leistungssports vom Kardiologen abklären lassen“, rät Prof. Scharhag.

Angeborene Herzfehler

Beim Sport beschleunigt sich der Herzschlag deutlich – für ein gesundes Herz kein Problem. Ist das Organ jedoch vorgeschädigt, kann der schnelle Herzschlag bedrohliche Herzrhythmusstörungen, das sogenannte Kammerflimmern, auslösen, das unbehandelt innerhalb kurzer Zeit zum Tod führt. In nahezu allen Fällen liegt dem plötzlichen Herztod beim Sport eine unerkannte Herzerkrankung zugrunde. Je nach Alter unterscheidet sich allerdings die Art der zugrundeliegenden Erkrankungen. „Bei Sportlerinnen und Sportlern unter 35 Jahren sind die häufigsten Ursachen eines plötzlichen Herztods Erkrankungen des Herzmuskels, der Herzklappen, der Hauptschlagader oder der Herzkranzgefäße“, bestätigt Prof. Scharhag. Dies seien zu einem großen Teil angeborene Herzfehler. Unter anderem könnten Veränderungen im Erbgut zu einer krankhaften Herzmuskelverdickung führen. Diese kann während des Sports durch die hohe Belastung, die hohe Herzfrequenz sowie den erhöhten Sauerstoffbedarf des Herzens die lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen auslösen. Verpflichtende sportmedizinische Untersuchungen können das Risiko eines plötzlichen Herztodes bei Sportlern deutlich senken, wie eine Untersuchung aus Italien zeigt. In Deutschland gibt es ein bewährtes Untersuchungssystem des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) für Leistungssportler auf Kaderebene, mit dem Ziel, Erkrankungen des Herzens frühzeitig zu erkennen.

Bei Infektion ist Schonung angesagt

Sowohl bei jüngeren als auch bei älteren Sportlern kann auch eine unerkannte Herzmuskelentzündung (Myokarditis) zum plötzlichen Herztod führen. Diese kann beispielsweise nach einer vorangegangenen viralen oder bakteriellen Infektion auftreten. Eine Myokarditis kann bereits bei banalen Infekten als Begleiterkrankung auftreten, ohne dass in Ruhe Herzbeschwerden gespürt werden. Eine aktuelle Studie zeigt, dass fast alle jungen Sportler, die aufgrund einer Myokarditis gestorben waren, vorher eine Infektion der oberen Atemwege durchgemacht hatten. Herzspezialisten raten Sportlern deshalb, sich bei einem Infekt immer ausreichend zu schonen und das Training erst dann wieder aufzunehmen, wenn sie wieder vollständig gesund sind und sich fit fühlen.

Patienten mit einer gesicherten Myokarditis müssen sich auf alle Fälle mehrere Monate konsequent schonen: viel Ruhe, keine körperliche Belastung, keinerlei Sport oder Ausdauertraining, wenn möglich Fahrstuhl statt Treppe. Dies gilt selbstverständlich auch für schwere körperliche Arbeit im Beruf. Sport ist erst wieder nach einer Karenzzeit von mindestens drei bis sechs Monaten möglich, wenn sich die Herzfunktion wieder komplett erholt hat und der Sportkardiologe nach verschiedenen Untersuchungen wieder grünes Licht gibt.

Bei älteren Sportlern ist die koronare Herzkrankheit häufigste Ursache Bei Sportlern ab 35 Jahren ist die koronare Herzkrankheit (KHK) mit etwa 80 % die mit Abstand häufigste Ursache des plötzlichen Herztods. Dabei bilden sich über Jahre Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen, die diese allmählich verengen. Durch den beschleunigten Herzschlag und den erhöhten Blutdruck während des Sports können Verletzungen an verengten Herzkranzgefäßen auftreten, an denen sich Blutgerinnsel bilden, die das Herzkranzgefäß verschließen. Es kommt zum Herzinfarkt, der zu Kammerflimmern und schließlich dem Herztod führen kann. Das Risiko für diese Todesfälle lässt sich ebenfalls durch eine sportmedizinisch-kardiologische Untersuchung senken.

Was tun bei Herzstillstand?

Beim lebensgefährlichen Kammerflimmern ist kein regulärer Herzschlag mehr zu spüren. Ersthelfer müssen in einem solchen Fall schnell und richtig handeln, um den plötzlichen Herztod nach Möglichkeit zu verhindern. Das Kammerflimmern lässt sich durch einen Elektroschock mit einem Laien-Defibrillator (AED) beenden. In vielen Sportstätten sind solche Geräte bereits installiert, automatische Ansagen helfen nach Starten des Geräts bei der Anwendung. In jedem Fall sollten Ersthelfer bei beobachtetem Herzstillstand nach Prüfung der Atmung und nach Absetzen des Notrufs 112 sofort eine Herzdruckmassage durchführen, bis der Rettungsdienst mit dem Notarzt eintrifft. Sind mindestens zwei Helfer vor Ort und weiß einer, wo in unmittelbarer Nähe ein AED installiert ist, kann eine Person die Herzdruckmassage durchführen, während die andere den AED holt.