Es scheint eher nicht mit einem „zurück zur Natur“ verbunden zu sein, dass wir Deutsche nun aufs Land streben. Doch die durch die Virus-Pandemie verursachten Auswirkungen auf unser Leben lassen viele Mitmenschen nachdenklich werden. Waren es nicht vor allzu langer Zeit eher die kurzen Wege zur Arbeitsstätte, zum Kindergarten, zur Schule, zu Einkaufsgelegenheiten und was uns sonst noch anscheinend als bedeutsam vorkam, sind es wohl heute die geringeren Corona-Ansteckungsraten außerhalb der Städte.
Kaufimpulse
Die aktuelle Studie der Kaufentscheidungen für ein Eigenheim der vergangenen fünf Jahre ergab, bauen oder kaufen die Deutschen am liebsten dort eine Immobilie, wo sie bereits heimisch sind – allerdings immer weniger, wenn sie in Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern leben. „Metropol-Bewohner wollen heute häufiger als früher ihre eigene Immobilie in Mittel- und Kleinstädten erwerben. Menschen vom Land oder sehr kleinen Ortschaften ziehen dort seltener fort als vor einigen Jahren“, erklärt Jörg Utecht, Vorstandsvorsitzender von Interhyp. „Diese Trends haben sich auch in der Coronakrise fortgesetzt und vor allem im zweiten Quartal 2020 leicht verstärkt.“
Am liebsten wird dort eine Immobilie gekauft oder gebaut, wo die Menschen wohnen. Wer also auf dem Land wohnt, bleibt eher Landbewohner. Kleinstädter kaufen eher wieder in Kleinstädten mit weniger als 20.000 Einwohnern. Die Tendenz auch dort zu kaufen oder bauen, wo man schon wohnt, ist am größten in Mittel- und Kleinstädten. Betrachtet man das 1. Halbjahr 2020 waren es 68 Prozent der Immobilienkäufer aus Kleinstädten, die in Kleinstädten, und 66 Prozent der Mittelstädter, die in Mittelstädten kaufen oder bauen. Menschen vom Land bleiben zu 59 Prozent (1. Halbjahr 2020) auf dem Land.
Stadtflucht
Schon seit einigen Jahren wird eine Tendenz zur Stadtflucht aus Großstädten und Metropolen bei Immobilienkäufern und Bauherren beobachtet. Waren es 2016 noch 63 Prozent, die ein Eigenheim in einer Stadt mit 500.000 und mehr Einwohnern erwerben wollten, sind es im ersten Halbjahr 2020 nur noch 57 Prozent. Auch der Großstädter-Anteil, der wieder in einer Großstadt eine Immobilie kauft, ist in den vergangenen fünf Jahren von 61 Prozent auf 58 Prozent gesunken. Metropol-Bewohner zieht es zunehmend in Mittel- und Kleinstädte (2020: 19 Prozent in Mittelstädte, 14 Prozent in Kleinstädte vs 2016: 17 Prozent in Mittelstädte, 12 Prozent in Kleinstädte). Nur wenige ziehen beim Immobilienkauf allerdings aufs Land bzw. in Orte kleiner 5.000 Einwohner (3 Prozent in 2020). Dennoch ist eine zunehmende Landlust zu beobachten. Denn diejenigen, die bereits auf dem Land oder in Kleinstädten leben, bleiben dort heute häufiger als früher: 2016 kauften 56 Prozent der Landbewohner ihre Immobilie auf dem Land, 2020 sind es 59 Prozent.
Corona als Katalysator
„Den Trend zur Immobilie außerhalb der Ballungszentren beobachten wir nicht erst seit gestern. Doch die Entwicklung gewinnt mit der Pandemie neue Dynamik, wie sich in der Analyse unserer Daten abzeichnet“, so Jörg Utecht. Utechts Meinung nach gibt es dabei folgende Gedanken, die Eigenheimbesitzer umtreibt: „Wenn mobiles Arbeiten es erlaubt, dass der Arbeitsweg nur zweimal in der Woche anfällt, entsteht zeitliche und finanzielle Ersparnis. Das Eigenheim wird in ländlichen Gebieten und Klein- und Mittelstädten zur leistbaren und praktikablen Alternative für diejenigen, die sich in den Groß- und Metropol-Städten kein eigenes Zuhause ermöglichen können. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gute Infrastruktur in den Zielgebieten vorliegt. Dazu gehören zum Beispiel gute digitale Anbindungen, Einkaufsmöglichkeiten und eine gute breite ärztliche Versorgung. Da ist jetzt die Politik gefragt.“