Mit einem Kabel vom Walkman zu den Ohren fing eigentlich das mobile Musikhören an. Was heute nicht mehr vorstellbar ist, war 1979 eine Sensation, als Sony das erste Taschenabspielgerät für eine Musik-Kassette auf den Markt brachte. So konnte unabhängig vom Stromanschluss beim Laufen, Radfahren und vielen sportlichen Aktivitäten Musik und anderes gehört werden. Heute ist das Kabel verschwunden und der Walkman auch. Daraus wurden Ohrstöpsel und ein kleiner Stick. Oder das Mobiltelefon spielt Musik ab. Wearables erobern die Welt.
Smarte Begleiter
Der Markt für die kleinen, smarten Begleiter hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verzehnfacht. Und die Entwicklung schreitet rasend schnell voran: Wearables als potenzielle Corona-Warner, Intelligente Datenbrillen oder die Integration in die Kleidung sind nur drei von vielen Trends.
Wearables sind noch ein relativ junges Phänomen. 1997 beschrieb der Informatik-Professor Steven Mann, der gemeinhin als der geistige Vater der kleinen Geräte gilt, in einem Artikel erstmals seine Vision von Computersystemen als „zweites Gehirn“ an Kleidung und Körper.
Wirtschaftlich wirklich relevant wurden vor allem Smartwatches, Fitnesstracker und Earwear erst 2014, als weltweit 28,8 Millionen Stück abgesetzt wurden. Fünf Jahre später im Jahr 2019 waren es mit 336,5 Millionen bereits mehr als zehn Mal so viel. Und bis 2024 soll diese Zahl – sehr vorsichtig geschätzt – auf über 500 Millionen verkaufter Wearables steigen.
Die smarten Begleiter sind längst im Mainstream angekommen. 71 Prozent der Deutschen besitzen zum Beispiel mindestens ein Paar Ohrstöpsel zum Musikhören, von denen immer mehr ganz ohne Kabel über Bluetooth funktionieren. Auch Smartwatches und Fitnesstracker sind weit verbreitet und sorgen für Diskussionen.
Die Stiftung Warentest fand zum Beispiel jüngst in einem Test von Smartwatches und Fitnesstrackern heraus, dass nur drei von 21 getesteten Geräten Pulsfrequenz, Streckenlänge und Kalorienverbrauch korrekt ermittelten und deshalb mit der Testnote Gut bewertet werden konnten. Es bleibt also Luft nach oben bei der Weiterentwicklung. Andererseits sind die Daten der kleinen Sensoren inzwischen schon so relevant, dass die seriöse Wissenschaft sie für den Einsatz bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie nutzen will.
Corona: Wearables sagen Erkrankung zu 90 Prozent voraus
Viele Fitnessarmbänder und Smartwatches ermitteln neben dem Ruhepuls nämlich auch die Herzfrequenz und die Sauerstoffsättigung des Blutes. Dazu liefern sie permanent Schlaf- und Aktivitätsinfos. Diese Daten ändern sich bei akuten Atemwegserkrankungen wie COVID-19. Laut Bitkom arbeiten Forscher – vom Robert-Koch-Institut (RKI) mit seiner Corona-Datenspende-App über das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung bis zur Stanford University – an Modellen, wie sich diese Vitaldaten für die Früherkennung einer Corona-Erkrankung nutzen lassen.
Das Rockefeller Neuroscience Institute an der West Virginia University will dabei durch die Abgleichung von Werable-Daten mit KI-Modellen einen spektakulären Erfolg erzielt haben: Eine Corona-Infektion soll so schon drei Tage, bevor Infizierte erste Symptome bemerken, mit 90-prozentiger Sicherheit festgestellt werden können. Derlei Informationen könnten die Verbreitung des gefährlichen Virus entscheidend verlangsamen.
Wearables auf dem Weg in die Gesundheitsindustrie
Ein Durchbruch beim Kampf gegen Corona wäre zweifellos auch die endgültige Bestätigung dafür, dass Wearables auch für die Gesundheitsindustrie von höchster Bedeutung sein können. Und das ist nur einer der neuen Trends für den Einsatz von Wearables. Das Fraunhofer Institut für Integrierte Systeme und Bauelementechnologie (IISB) arbeitet zum Beispiel an einem kleinen Sensor mit dem Namen „Elecsa“, der ständig Körperdaten über den Schweiß ermittelt.
Neue Trends
Printed Electronics nennt man das, die Integration von Wearable-Sensoren in die Kleidung. Hier ein paar Beispiele:
Profivereine und TV-Firmen nutzen zum Beispiel die Daten von smarten Einlegesohlen in Sportschuhen, die gelaufene Strecken, Tempo, gespielte Pässe oder den Krafteinsatz messen. Der Schuhhersteller Under Armour hat in seinen neuen Laufschuh Hovr einen Chip in die Sohle eingebaut, der über die App „Map my Run“ ein direktes Feedback zur Trittfrequenz gibt. So kann man noch während des Laufens Veränderungen vornehmen.
Skistiefel mit Sensoren, die permanent Infos über den eigenen Fahrstil liefern, sind ebenfalls schon auf dem Markt.
Beheizbare Kleidung, die in Abhängigkeit von der Temperatur oder per App gesteuert werden kann, wird zum Erfolg.
Auch intelligentes Moisture Management – der von Sensoren gesteuerte Abtransport von Schweiß aus der Kleidung – gewinnt an Bedeutung.
Energie-Erzeugung und VR-Brillen
Neben mit Wearables ausgestatteten Textilien gelten auch die Energie-Erzeugung über Solarzellen in der Kleidung oder Rucksäcken sowie innovative Virtual-Reality-Schwimm- oder Skibrillen als wichtige Zukunftsmärkte.
So ließe sich auch über Displays in Skibrillen zum Beispiel die über Sensoren erfasste aktuelle Geschwindigkeit einblenden oder die Skifahrer zu dem Lift leiten, wo die wenigsten Menschen anstehen. Die möglichen Anwendungen von Wearables scheinen grenzenlos zu sein. So benutzen elf Prozent der Smartwatch-Besitzer schon jetzt für die Steuerung von Smart-Home-Anwendungen.