Eine Kraftstoffmarke hat mit dem „Tiger im Tank“ geworben und möchte damit wohl auf die Kraft, den Mut und das Temperament dieser asiatischen Raubkatze verweisen. Wenn das sicherlich eine schöne bildhafte Beschreibung ist, so kommt der echte Tiger nicht ohne Weiteres in den Tank und sorgt schon gar nicht für den kraftvollen Vortrieb des so betankten Fahrzeuges. Nun ist diese Raubkatze vom Aussterben bedroht. Und anscheinend hilft dabei unter anderem auch die Landwirtschaft und insbesondere die Jagd kräftig mit. Denn der Lebensraum des Tigers ist u.a. der tropische Regenwald. Und gerade dort wird der Wald abgeholzt und es werden landwirtschaftliche Flächen für den Sojaanbau geschaffen.
Sojaöl im Tank
Nun kommt eine neue Kurzstudie, die die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und ROBIN WOOD gemeinsam mit dem europäischen Dachverband Transport & Environment in Deutschland veröffentlichen, zu dem Ergebnis, dass Sojaöl im Agro-Diesel deutlich klimaschädlicher als bisher bekannt ist. Die Zerstörung von Wäldern und anderen Kohlenstoffsenken aufgrund der jüngsten Ausdehnung des Sojaanbaus sei größer als von der EU-Kommission bislang angenommen. Insbesondere sind die artenreichen Tropenwälder Südamerikas stark von Entwaldung bedroht. Die DUH und ROBIN WOOD fordern deshalb von der EU-Kommission, Sojaöl als extrem klimaschädigend einzustufen und es somit als Rohstoff für Agro-Kraftstoffe auszuschließen.
Darüber hinaus prognostiziert die Studie, dass sich die Nachfrage nach Sojaöl für Diesel durch den Palmöl-Ausstieg je nach Szenario verdoppeln bis vervierfachen könnte. Bis 2030 läuft die Beimischung von Palmöl zum Diesel in der EU aus. Die dadurch entstehende Lücke sollte nun aber auf keinen Fall durch Soja-Diesel oder andere Anbaukraftstoffe geschlossen werden. Die Treibhausgas-Emissionen von Diesel aus Sojaöl sind die höchsten nach Diesel aus Palmöl.
Die neue Kurzstudie belegt, dass 10,5 Prozent der Ausweitung des Sojaanbaus auf kohlenstoffreichen Flächen, das heißt zum Beispiel in Feuchtgebieten und Wäldern stattfindet und damit stärker zum Klimawandel beiträgt als bisher angenommen. Ab 10 Prozent wird ein Rohstoff von der EU-Kommission als Rohstoff mit hohem Risiko für Landnutzungsänderungen eingestuft. Da die EU-Kommission basierend auf Erkenntnissen von Anfang 2019 einen niedrigeren Wert von 8 Prozent annimmt, wird Sojaöl in der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie der EU momentan nicht dementsprechend eingestuft.
Fenna Otten, Tropenwaldreferentin bei ROBIN WOOD ergänzt: „Wir dürfen nicht das eine Übel durch ein anderes ersetzen und anstelle von Palmöl nun Sojaöl dem Diesel beimischen. Auf diese Weise wird Klimaschutz bloß vorgetäuscht, tatsächlich aber verschleppt. Die steigende Nachfrage nach Sojaöl im Tank würde wertvolle Waldfläche zerstören, die insgesamt fast so groß ist wie das Saarland. Wenn wir jetzt handeln und die Beimischung von Sojaöl stoppen, dann können wir den enormen Druck auf die Tropenwälder mindern und weiteren Kahlschlag verhindern!“
Nun ist der Tiger nicht das einzige Lebewesen, dass dem Kahlschlag der Wälder zum Opfer wird. Deshalb müssen wir als Autofahrer als auch Nutzer von Öffentlichen Verkehrsmitteln genau hinschauen, damit nicht der Tiger im Tank landet. Und mit ihm weitere Umweltschäden entstehen
Hintergrund
Agro-Diesel wird fossilem Dieselkraftstoff beigemischt, um ihn vermeintlich klimafreundlicher zu machen. Der in Deutschland am meisten für Agro-Diesel eingesetzte Rohstoff ist Raps. Doch auch Raps im Tank sorgt für 20 Prozent höhere Treibhausgas-Emissionen verglichen mit fossilem Diesel. Die DUH und ROBIN WOOD lehnen Anbaukraftstoffe daher grundsätzlich ab – sie stehen in Konkurrenz mit dem Anbau von Nahrungsmitteln und verursachen bei Berücksichtigung der indirekten Landnutzungseffekte höhere Treibhausgas-Emissionen als fossiler Diesel.