Wer einmal die Spuren eines T-Shirts auf der Landkarte verfolgt, muss sich weit nach Osten bewegen. Es ist schon verdammt lang her, dass die von uns benötigten Produkte alle hier vor Ort produziert wurden. Arbeitsteilung und Globalisierung führten zur Produktion deutschland- und weltweit. Das ist sicherlich nicht das Schlechteste. Es hat sich aber im vergangenen Jahr gezeigt, welche Schwierigkeiten und große Probleme so eine Arbeitsteilung für die deutsche Wirtschaft und die Beschäftigten verursachen können. Da denken viele Unternehmer über eine eigene Produktion oder eine Lieferantensuche im engeren Umfeld nach.
Produktion in Deutschland
„Genau wie unsere Lebensmittel sollten auch Kleidungsstücke im Lande gemacht werden“, sagt Claudia Landenberger, Gründerin des Labels FITZYOU. „Wir wollen nachhaltig produzieren mit kurzen Wegen zum Abnehmer, ein T-Shirt für Männer ohne Kompromisse bei Passform und Stil. Deutschland kann 1-A-Qualität, doch hat es uns vor einige Hürden gestellt.“
Denn fast die gesamte in Deutschland gekaufte Bekleidung – circa 90% – wird heute importiert, vorwiegend aus Asien. „Allein der energielastige Transport hierher stellt eine immense Umweltbelastung dar“, erklärt die Mode-Managerin. „Produziert wird unter oft üblen Arbeitsbedingungen und mit folgenschweren Umweltfolgen, u.a. durch Chemikalien.“
Das Geschäftsmodell ‚fast fashion‘ (schnelle Mode) treibe zwölf Kollektionen durchs Jahr, Bekleidung sei zur Wegwerfware geworden. „Die weltweite Kleidungsproduktion hat sich von 2000 bis 2015 verdoppelt. Dabei wird jedes fünfte Kleidungsstück so gut wie nie getragen“, beobachtete Landenberger. Und beschloss: „Wir holen das T-Shirt aus der fast-fashion-Ecke.“
Doch schon bei der Produktentwicklung stieß die Mode-Designerin auf eine weitere Kehrseite der Globalisierung. „Einige Gewerke, in denen Deutschland früher stark war, sind im Lande fast gar nicht mehr vertreten.“ So gibt es nur noch wenige Textilproduzenten. Und die neue Marke stellt besondere Anforderungen. „Wir fertigen T-Shirts nach Maß, das bedeutet kleine Stückzahlen, und nur besondere Stoffe bewahren die individuelle Passform auch auf Dauer“, sagt Landenberger. „Es war nicht leicht, einen Hersteller zu finden, der unsere Ansprüche erfüllen konnte.“
Traditionen weiterentwickelt
Heute erfolgt die Stoffproduktion mit einer der besten Baumwollarten der Welt ISO-zertifiziert und mit großer Rücksicht auf die Umwelt im sächsischen Limbach-Oberfrohna. Die Kreisstadt nahe Chemnitz war berühmt für ihre Textilindustrie, bis der 2. Weltkrieg und schließlich die Planwirtschaft der DDR die Entwicklung lähmten. Nach der Wende aber haben neue Unternehmen die Tradition aufgenommen und weiterentwickelt. Hier hat das Team von FITZYOU seinen Partner gefunden, doch schon nahte die nächste Herausforderung. Für das maßgeschneiderte Männer-T-Shirt braucht es die sogenannte „Zwischenmeisterei“ – eine Schneiderei, die Bekleidung für Modeschöpfer herstellt, in kleinen Stückzahlen nahe beim Auftraggeber. Doch gibt es sie kaum noch, seit Textilketten zu Niedrigstlöhnen in Fernost produzieren.
Nach monatelanger Suche fand Landenberger die feine, kleine Näherei quasi vor der Haustür im rheinischen Erkelenz. Der Standort hat durch früheren Flachsanbau eine lange Tradition im Textilgewerbe. Die Freude, daran anzuknüpfen, war groß und die Entscheidung eindeutig. „Unser Leitgedanke ‚Qualität‘ gilt für Stoffe und Schnitte wie auch Verarbeitung. Für diese Kompetenz zahlen wir hiesige Löhne, und zwar gern. Unser Votum für ‚slow fashion‘ würdigen die Träger unserer T-Shirts mit jedem Kauf“, sagt Landenberger, „und sie werden sehr lange Freude daran haben.“
An den Menschen angepasst
Ihr Ziel, in Deutschland das perfekte T-Shirt für den Mann zu fertigen, führte die erfahrene Designerin auch nach Bönnigheim, Baden-Württemberg. Hier arbeitete sie mit dem Hohenstein-Institut für Textilinnovation an der Entwicklung eines neuen Schnittsystems. Es macht Schluss mit dem etablierten Größensystem, das meistens nur aus den fünf Größen S bis XXL besteht, und passt stattdessen das T-Shirt an den Menschen an.
Ihren Sitz schließlich hat die junge Firma, die Landenberger für ihr Passform-Label FITZYOU gegründet hat, in Deutschlands „Stadt der Mode“, Düsseldorf. Die NRW-Landeshauptstadt schuf noch 2013 laut Kölner Institut für Handelsforschung mit rund 18 Mrd. Euro mehr als doppelt so viel Modeumsatz wie München und Berlin zusammen. Doch auch diese Zahlen sind rückläufig.
„Unser Weg heute führt zurück in die Zukunft: Von der Masse zur Klasse, hin zu Natur, Qualität und Langlebigkeit“, sagt Landenberger. Wir stehen für Nachhaltigkeit ‚made in Germany‘ und ein Label, für das der Mensch selbst wieder den höchsten Wert darstellt.“
Es gibt aber neben dieser Gründerin noch weitere Textiler, die auf Made in Germany setzen. Genannt sei hier Trigema mit dem streitbaren Geschäftsführer Wolfgang Grupp.