Bildung

Die Pandemie hat es offen gelegt, wie keine Studie es vorher konnte: Bildung und Teilhabe wurde für benachteiligte Familie nicht erreicht. Die Leistungen für benachteiligte Kinder und Jugendliche seien nicht geeignet, Kinderarmut zu bekämpfen, Teilhabe zu ermöglichen und Bildungsgerechtigkeit sicherzustellen, kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband. Luckx – das magazin hat recherchiert.

Armut

Das sogenannte „Bildungs- und Teilhabepaket”, das vor zehn Jahren auf Druck des Bundesverfassungsgerichts von der Bundesregierung eingeführt wurde, um armen Kindern mehr Teilhabe zu ermöglichen, hat nach Ansicht des Paritätischen das Ziel nicht erreicht. Auch Nachbesserungen wie durch das so genannte „Starke Familien Gesetz“ konnte an der Lebenspraxis armer Kinder und ihrer Familien nichts verändern.

Mit dem Bildungs- und Teilhabepaket wird seit 2011 benachteiligten Kindern und Jugendlichen ein monatlicher Zuschuss in Höhe von 10 Euro (seit dem 1. August 2019: 15 Euro) für Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, für Musikunterricht und die Teilhabe an Freizeiten in Aussicht gestellt. Obwohl die Leistungen praktisch nur einem Teil der Jugendlichen zu Gute kommen, wurden Regelsatz-Bestandteile im Gegenzug für alle Kinder und Jugendlichen pauschal gestrichen. Auch knapp zehn Jahre nach Einführung profitieren laut einer Studie des Paritätischen nur bis zu 15 Prozent der Schülerinnen und Schüler unter 15 Jahren im Hartz-IV-Bezug von den sogenannten „soziokulturellen Teilhabeleistungen“, 85 Prozent der Leistungsberechtigten wurden in der Praxis dagegen nicht erreicht.

Pandemie

Durch Corona sei der akute Handlungsbedarf noch einmal deutlich zu Tage getreten, betont der Verband. Homeschooling und andere coronabedingte Beschränkungen des öffentlichen Lebens haben deutlich gemacht, wie schwierig die Lage einkommensarmer Eltern ist. Es fehlt schon im normalen Alltag vorne und hinten an Geld, um den Kindern eine unbeschwerte Kindheit und ein Mindestmaß an Teilhabe zu ermöglichen, in der Pandemie hat sich die Not potenziert, so der Verband weiter. So richtig und wichtig es gewesen sei, den Weg für die Kostenerstattung von Laptops für einkommensarme Schüler zu ermöglichen, so wenig können solche Einzelmaßnahmen darüber hinwegtäuschen, dass es grundlegender Reformen bedarf, um Kinderarmut wirksam abzuschaffen.

Bildung von Anfang an

Anscheinend sind einige der großen sozialen Probleme wie Arbeitslosigkeit auf dem Rückweg. Dafür tun sich weitere Probleme auf. Der Fachkräftemangel wird stärker in Erscheinung treten. So reicht es nicht aus, den Bildungsprozess zu initiieren, indem zum Beispiel Finanzmittel für technische Ausstattung bereitgestellt werden. Bildung ist ein lebenslanger Prozess, der von Anfang an begleitet werden muss. Er beginnt in den Kindertageseinrichtung, setzt sich über die Grundschulen sowie weiterführenden Bildungsstätten fort. Das größte Problem, was Professor Wassilios Fthenakis, (emeritierter Professor für Entwicklungspsychologie und Anthropologie) als Problem des deutschen Bildungssystem betrachtet, ist die einseitige Durchlässigkeit des Bildungsweges. Zwar ist der „Abstieg“ vom höheren Bildungsweg zum niedrigeren möglich, doch umgekehrt herrscht wahrscheinlich immer noch Standesdünkel vor. Heute können nur engagierte Eltern und Pädagogen diesen Weg gemeinsam im Interesse der Kinder und unserer Gesellschaft beschreiten. Doch der Weg von „unten“ nach „oben“ muss offen und selbstverständlich sein, um viele gesellschaftliche Aufgaben zu lösen. Das ist Aufgabe von Schule und Bildungsministerium, wobei Letzte immer noch an alten Wegen festhalten.