Wer schon einmal in einer Klinik oder einem Krankenhaus war, erinnert sich mit Grauen daran, dass er mehrmals ähnliche Fragebögen handschriftlich ausfüllen musste. Als Argument wurde ihm dann mitgeteilt, dies hätte Datenschutzgründe. Doch dahinter steckt vermutlich eine völlig andere Strategie. Luckx – das magazin hat recherchiert.
Kosten des Sozialsystem
Jedes Krankenhaus hat ein eigenes Datenverarbeitungsprogramm. So scheint es auf den ersten Blick. Doch wer dahinter schaut, entdeckt eine Vielzahl von Programmen. Dabei kann es schon sein, dass in einer Klinik mehrere tausend Programme laufen. Das Beste daran (Achtung, Ironie!): Alle Programme sind nicht miteinander vernetzt. So müssen täglich abertausende Patienten mehrfach und unnötig handschriftlich Papierbögen ausfüllen, die mühsam übertragen werden. Wenn bei der Übertragung Fehler passieren, ist das nur verständlich. Anstatt sich um Patienten zu kümmern, müssen also administrative Aufgaben erledigt werden. Welche Kosten hier eingespart werden können, lässt sich nur erahnen.
E-Rezept
Und nun kommt auf die deutsche Bevölkerung ein weiterer gesundheitspolitischer Versuch. Das E-Rezept soll die Papierberge verringern. Wie zu erfahren war, soll die Technik stehen. Aber kaum einer versteht sie: Wenn ab dem 1. Juli in der Region Berlin / Brandenburg das E-Rezept in einem Testlauf erprobt wird, haben vier von zehn (41,3 Prozent) Deutschen noch nie vom E-Rezept gehört. Gut die Hälfte der Bevölkerung (52,2 Prozent) versteht zudem nicht, wie die digitale Verordnung funktioniert. Das zeigt die bevölkerungsrepräsentative Umfrage vom Hamburger Marktforschungsinstitut Consumerfieldwork. 1.005 Menschen über 18 Jahre wurden zur Digitalisierung des Gesundheitswesens befragt. „Das E-Rezept steht vor ähnlichen kommunikativen Herausforderungen wie die elektronische Patientenakte. Während der Fokus der öffentlichen Debatte auf der technischen Umsetzbarkeit liegt, wird außer Acht gelassen, dass der Diskurs an der Breite der Versicherten offenbar vorbeigeht. Gerade einmal vier von zehn Deutschen wissen nach eigenem Bekunden oberflächlich – und nur 8,6 Prozent wissen tatsächlich – wie das E-Rezept funktioniert”, konstatiert Felix Schönfelder, Geschäftsführer der Socialwave GmbH. Dem Praxis-WLAN-Experten zufolge ist eine frühe Aufklärung der Patienten für die Akzeptanz und den Erfolg von telemedizinischen Projekten allerdings entscheidend.
Auf die Frage, wer die Wissenslücken füllen soll, haben die Versicherungsnehmer eine klare Antwort: Knapp 80 Prozent (79,8) der Deutschen möchten von ihrem Hausarzt über das E-Rezept informiert werden. Etwas abgeschlagen, aber dennoch ebenfalls mit einem klaren Mandat ausgestattet, folgen Krankenversicherungen, die knapp die Hälfte (47,6 Prozent) der Versicherungsnehmer in der Informationspflicht sehen. Danach folgen ungefähr gleichauf Pharmazeuten (29,7 Prozent), Medien (27,3 Prozent) und Gesundheitsbehörden beziehungsweise -ämter (26,7 Prozent).
Markteinführung
Fragt man Versicherungsnehmer nach dem Einführungstermin des E-Rezepts, gehen die Annahmen weit auseinander: Ein gutes Drittel (36,7 Prozent) erwartet den Start noch im ersten Halbjahr 2021. Knapp drei von zehn Deutschen (27,7 Prozent) tippen auf das zweite Halbjahr 2021, jeder Fünfte (21,8 Prozent) auf das erste Halbjahr 2022. Weitere 5,3 Prozent verorten den Start in das zweite Halbjahr 2022 und knapp neun Prozent (8,6) gar in 2023. „Berücksichtigt man, dass sowohl der Testlauf als auch der bundesweite Rollout sowie der gesetzliche Stichtag Teil des Einführungsprozesses sind, liegt rund die Hälfte der Deutschen in ihrer Annahme richtig”, sagt Schönfelder. Nach einer dreimonatigen Testphase mit ausgewählten Arztpraxen und Apotheken in der Fokusregion Berlin / Brandenburg zum 1. Juli soll die bundesweite Einführung im vierten Quartal 2021 erfolgen. Erst ab dem 1. Januar 2022 wird das E-Rezept für Ärzte und Apotheken verpflichtend.
Insgesamt haben 1.005 Bürger im Alter von 19 bis 85 Jahre an der Befragung teilgenommen. 49,6 Prozent (498) der Probanden sind weiblich, 50,4 Prozent (507) männlich. Die Befragten sind im Durchschnitt 50,6 Jahre alt (SD=16.45), das Alter ist normalverteilt.