Ob Mobiltelefon oder PC: Mit jedem Update verschwinden zum Teil unsere mühsam eingepflegten Einstellung. Darüber hinaus werden Daten ungefragt von Anbietern gesammelt oder es werden Apps hinzugefügt, die uns auf bestimmte Produkte aufmerksam machen sollen. Dieses Geschäftsmodell möchte nun auch Volkswagen für seine ID Modelle einführen. Was geplant ist, hat luckx – das magazin recherchiert.
Geschäftsmodelle
Aus dem Auto soll nun ein Smartphone werden, wenn auch nur im übertragenen Sinne. Denn diese Geräte werden regelmäßig mit neuen Updates versorgt. Volkswagen CEO Ralf Brandstätter hat es wie folgt formuliert: „Mit unseren Over-the-Air Updates schaffen wir die Grundlage für neue digitale Geschäftsmodelle und erreichen einen wichtigen Meilenstein unserer ACCELERATE Strategie.“ Damit wollen die Wolfsburger die Transformation zum softwareorientierten Mobilitätsanbieter verschärfen. Ab sofort erhalten alle ID. Modelle regelmäßige Software-Aktualisierungen per Mobilfunk. Bisher standen die Updates in der Testphase nur Kunden zur Verfügung, die im sogenannten „ID. First Movers Club“ registriert sind. Die „ID. Software 2.3“ bietet neue Funktionen und optimiert bestehende. Mit der Vernetzung der gesamten ID. Flotte schafft Volkswagen die Grundlage für neue kundenorientierte Geschäftsmodelle. Volkswagen ist der bisher einzige Volumenhersteller, der diese Technologie für seine Kunden zur Verfügung stellt.
Grundlage für neue Geschäftsmodelle und zusätzliche Umsätze
Das Unternehmen will seine Kunden künftig etwa alle zwölf Wochen mit kostenloser Software versorgen, um die Fahrzeuge stets auf dem neusten Stand zu halten und das Kundenerlebnis zu verbessern. Darüber hinaus plant Volkswagen, durch neue, datenbasierte Geschäftsmodelle mehr Erlöse in der Nutzungsphase zu generieren – für Dienste und Funktionen, die der Kunde je nach Bedarf dazubuchen kann. Und zwar genau dann, wenn er sie benötigt. Perspektivisch könnten das etwa für Langstrecken der Travel Assist oder bessere Batterie-Performance und zu einem späteren Zeitpunkt auch das hochautomatisierte Fahren sein. Mit diesen digitalen Zusatzdiensten will Volkswagen in den nächsten Jahren zusätzliche dreistellige Millionenumsätze erlösen.
Die Over-the-Air Updates werden in enger Abstimmung mit CARIAD, dem Software-Unternehmen des Konzerns, entwickelt. „Die neuen Updates sind eine zentrale Funktionalität des digitalen, vernetzten Autos. Für unsere Kunden werden sie rasch zur Normalität werden, so, wie sie es vom Smartphone kennen“, sagt Thomas Ulbrich, Volkswagen Entwicklungsvorstand. „Softwareentwicklung ist iterativ und schnell. Wir arbeiten in kurzen Zyklen wie ein Tech-Unternehmen und stellen unseren Kunden die Updates in entsprechend engen Takten zur Verfügung.“
Volkswagen möchte auch nach dem Kauf oder Leasing des Autos mit seinen Kunden im Austausch bleiben, um digitale Services anzubieten. „Fahrzeuge, die stets die aktuellste Software an Bord haben und damit für ein exzellentes digitales Kundenerlebnis sorgen, haben größte Bedeutung für unseren künftigen Erfolg“, sagt Ulbrich. „Dank regelmäßiger Updates bleibt das Auto nicht nur up-to-date – es wird sogar immer besser.“
Sicherheits- und Komfortfunktionen
Einige der neuen Funktionen betreffen das ID. Light, das Lichtband unter der Windschutzscheibe. Es liefert dem Fahrer jetzt Hinweise, die ihn beispielsweise beim energiesparenden Fahren und beim Fahren mit der automatischen Distanzregelung „Active Cruise Control“ (ACC) intuitiv unterstützen. Verbessert wird auch die Bildverarbeitung der Multifunktionskamera, sie erkennt Motorräder und andere Verkehrsteilnehmer noch schneller. Das Gleiche gilt bei Dunkelheit: Hier regelt die dynamische Fernlichtregulierung – falls an Bord – das eigene Licht noch präziser. Die Grafik des zentralen Infotainment-Displays wird ruhiger und klarer und die Bedienung intuitiver – Volkswagen bindet damit auch das Feedback der ersten ID. Kunden ein.
Das digitale Kundenerlebnis wird zum Fixpunkt für alle Entwicklungsschritte von Produkten und Services über den gesamten Fahrzeug-Lebenszyklus. Im Rahmen der Strategie ACCELERATE bilden Over-the-Air Updates die Grundlage für neue Geschäftsmodelle und eine kundenzentrierte Produktoptimierung.
Das sind alles ehrenhafte Ziele und bieten auf den ersten Blick den Fahrerinnen und Fahrern aktive Unterstützung. Doch mit dieser Assistenz möchte der Konzern Geld verdienen. Von unserem Smartphone wissen wir, wie so etwas funktioniert: Es werden Empfehlungen durch die Landkartenfunktion angezeigt, die ein Kauferlebnis signalisieren. Wahrscheinlich gehen die Vorstellung des Konzerns in die gleiche Richtung: Mit der Augenkamera wird erkannt, dass der Fahrer müde ist und schwups erscheint das Partnerhotel auf der Land. Der Weg dorthin wird gleich in die Navigation eingepflegt. Oder die Kinder auf dem Rücksicht wollen ein Eis: Über die Erfassung der Sprache geht kein Weg an der Partnereisdiele vorbei. Zum Schluss könnte es beim autonomen Fahren dann so sein, dass beim Erkennen des Wortes Hunger gleich der direkte Weg zum nächsten amerikanischen Schnellrestaurant gewählt wird. Fahrer oder Fshrerin haben dann keinen Einfluss mehr. Und wer in der Schlange am Drive Inn steht, bestellt den nächsten fettigen Burger. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.