Der Herbst bringt nun endlich den lange erhofften Regen. Das ist nicht schön. Denn damit kriecht auch die Feuchtigkeit in unsere Wohnungen und fordert zum Heizen auf. Das zeigt das Dilemma, in dem wir stecken. Luckx – das magazin sucht nach Lösungen.
Gasengpass
Es ist eine verzwickte Situation: So schön der Sonnenschein in diesem Sommer war, er saugte den letzten Tropfen Wasser aus den Boden und dörrte ihn aus. Pflanzen verkümmerten und manche Früchte bildeten sich nicht aus. Die Ernte war eher kümmerlich. Doch durch die hohen Temperaturen bis Mitte September konnte die Heizung noch im Sommerschlaf verweilen. Nun muss sie wieder ran. Gerade rechtzeitig hat die Bundesregierung wegen der angestrengten Energieversorgung eine neue „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen“ oder auch „Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung“, kurz EnSikuMaV erlasse, um Energie zu sparen. Für die Umsetzung sind die Städte und Kommunen zuständig. Die ersten Neuerungen gelten bereits seit 1. September und betreffen fast jeden von uns.
Durch den Ukraine-Krieg droht im Winter ein Gasengpass. Daher müssen Unternehmen und private Haushalte Energie sparen, wo es nur geht. Dazu hat das Bundeskabinett eine zweistufige Verordnung mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen beschlossen, deren erste Stufe am 1. September in Kraft getreten ist. Begrenzt ist die EnSikuMaV zunächst auf sechs Monate, also bis Ende Februar 2023. Ab dem 1. Oktober soll zusätzlich die Verordnung über mittelfristig wirksame Effizienz- und Energieeinsparmaßnahmen erlassen werden, die über zwei Jahre gelten soll und daher die Zustimmung des Bundesrates benötigt.
Einsparungen in Privathaushalten
Vereinbarungen in einem Mietvertrag, die Mieter zu einer Mindesttemperatur in Wohnräumen verpflichten, werden für die Geltungsdauer der Verordnung ausgesetzt. Trotzdem sind Mieter weiterhin verpflichtet, durch angemessenes Heiz- und Lüftungsverhalten Schäden an der Wohnung vorzubeugen. Zudem ist das Beheizen von Schwimm- und Badebecken jeglicher Art im Innen- und Außenbereich mit Gas oder Strom aus dem Stromnetz untersagt. Eine Ausnahme bilden Becken, die für therapeutische Anwendungen – z. B. in Reha-Zentren – genutzt werden. Auch Becken in Schwimmbädern und Hotel-Pools dürfen weiterhin beheizt werden.
Gas- und Wärmelieferanten müssen ihre Kunden bis zum 30. September 2022 über den voraussichtlichen Energieverbrauch und die erwarteten Energiekosten informieren. Diese Informationen haben Eigentümer von Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten oder Eigentumswohnungen bis zum 31. Oktober 2022 an ihre Mieter weiterzureichen. Zur Informationspflicht gehören auch Kontaktdaten und eine Internetadresse, z. B. von Verbraucherorganisationen oder einer Energieagentur, wo Verbraucher sich über Einsparmöglichkeiten informieren können. Um ihrer Informationspflicht nachzukommen, haben Eigentümer alternativ auch die Möglichkeit, ihre Mieter auf die Kampagne des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz „80 Millionen gemeinsam für Energiewechsel“ hinzuweisen. Dazu genügt ein klarer und verständlicher Hinweis auf die Internetseite der Kampagne.
Stadtwerke in der Preispflicht
Versorger wie Stadtwerke, die in ihren Verträgen eine Preisgarantie gewähren, dürfen ihre Preise nicht aufgrund außergewöhnlicher Umstände durch Krieg oder ähnliche Ereignisse erhöhen. In einem aktuellen Fall hatte ein Strom- und Gasversorger, der auch noch damit warb, besonders krisensicher zu sein, genau das versucht: Er bot Verträge mit eingeschränkter Preisgarantie an. Seine Preise waren zwar etwas teurer, aber selbst bei steigenden Beschaffungskosten garantiert. Eine Preiserhöhung wäre nur möglich, wenn die Kosten für Steuern, Abgaben oder Umlagen steigen. Trotzdem setzte der Versorger nun die Preisgarantie außer Kraft und berief sich dabei auf explodierende Energiepreise durch den Ukraine-Krieg. Damit sei die Geschäftsgrundlage weggefallen (Paragraf 313 Bürgerliches Gesetzbuch) und eine Vertragsanpassung sehr wohl möglich. Die Richter sahen den Fall anders und untersagten dem Versorger im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Preiserhöhung (Landgericht Düsseldorf, Az.: 12 O 247/22, es können noch Rechtsmittel eingelegt werden).
Maßnahmen zur Energieeinsparung
Der Einzelhandel muss seine Ladentüren geschlossen halten, wenn seine Geschäftsräume beheizt sind. Werbebeleuchtung, die nicht der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren dient, muss zwischen 22 und 6 Uhr ausgeschaltet werden. Gleiches gilt auch für die reine Show-Beleuchtung von Denkmälern und Gebäuden. Öffentliche Gebäude werden statt auf 20 nur noch auf 19 Grad Celsius geheizt. Kliniken, Pflegeeinrichtungen und andere soziale Einrichtungen sind davon allerdings ausgenommen. Mit einem Grad weniger sollen sechs Prozent des Energiebedarfs eingespart werden können. Auch Gemeinschaftsflächen, in denen sich keine Personen aufhalten, wie beispielsweise Flure oder Foyers, dürfen nicht mehr beheizt werden. Eine Ausnahme bilden Räume mit installierter, kälteempfindlicher Technik oder in denen Gegenstände und Stoffe gelagert werden, die eine gewisse Raumtemperatur benötigen.
Auch für Büros und andere Arbeitsräume hat die Bundesregierung an der Temperaturschraube gedreht: So darf die Lufttemperatur in Arbeitsräumen für leichte und überwiegend sitzende Tätigkeit höchstens 19 Grad betragen und für körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen 18 Grad. Auch bei mittelschweren und überwiegend sitzenden Tätigkeiten dürfen Arbeitsräume 18 Grad warm sein. Findet die Arbeit überwiegend im Stehen oder Gehen statt, dürfen es nur noch 16 Grad sein. In Arbeitsräumen, in denen körperlich schwer gearbeitet wird, darf die Lufttemperatur laut ARAG Experten maximal 12 Grad betragen. Eine Ausnahme von diesen Temperatur-Vorgaben bilden z. B. medizinische und Pflegeeinrichtungen oder Schulen und Kindertagesstätten.