Energiegeladen

Vor wenigen Tagen ließ eine Nachricht aufhorchen: Eine riesige Lagerstätte mit Phosphatgestein liegen im Süden Norwegens. 70 Milliarden Tonnen. Das das für die Wirtschaft in Europa bedeutet, hat luckx – das magazin recherchiert.

Überall vorhanden

Phosphor ist in niedriger Konzentration überall auf der Welt vorhanden. Doch Phosphor ist nicht erneuerbar. Da ist jede Lagerstätte ein große Vorteil. Denn gelangt Phosphor beispielsweise in gelöster Form als Phosphat in das Grundwasser oder in die Weltmeere, so geht es für eine Wiedergewinnung verloren. Zudem sind die globalen Vorkommen limitiert. So konzentrieren sich phosphatreiche Mineralien auf nur wenige Staaten wie China und die USA. Die mit Abstand größten Phosphat-Reserven besitzt Marokko. So die Annahme, bis der Sensationsfund in Norwegen gemeldet wurde. Vor allem für viele Industrien ist dies von großer Bedeutung.

Erste Meldungen zur Lagerstätte gab es bereits 2021, so VDI-Experte Prof. Dr.-Ing. Urs Peuker, Lehrstuhlinhaber an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. Neu sei die nun festgestellte Dimension der Lagerstätte durch Norge Mining. „Und das macht diesen Fund so interessant, denn er erhöht die europäischen Reserven signifikant.” In der Natur kommt Phosphor nicht elementar vor, sondern in Form von Phosphaten. Phosphat wird nicht nur in der Landwirtschaft gebraucht, sondern auch für Zukunftstechnologien. Der Rohstoff wird für die Herstellung von Solarzellen, Batterien für E-Autos sowie für Computerchips benötigt.

Nutzen für die Landwirtschaft

Weil sich Phosphor nicht ersetzen lässt, rückt die Nährstoffzufuhr im Agrarwesen bei gleichzeitiger Verknappung von fruchtbaren Böden mit Blick auf eine stetig wachsende Weltbevölkerung von derzeit etwa 7,5 Mrd. Menschen immer mehr in den Fokus. So beträgt der Tagesbedarf eines erwachsenen Menschen circa 0,75 Gramm Phosphor; vor allem in Milchprodukten, Fleisch, Fisch und Brot ist er reichhaltig vorhanden. Heimische Vorkommen fehlen in Deutschland, sodass eine hundertprozentige Importabhängigkeit besteht. Gleichzeitig stuft die EU-Kommission Phosphat als kritischen Rohstoff ein. Das könnte sich durch den norwegischen Fund nun ändern.

Phosphor ist für alle Lebewesen und Pflanzen essenziell: Phosphorverbindungen sind Bestandteil der DNA- und RNA-Moleküle, der Trägersubstanz der Erbinformationen aller Lebewesen. Die stark phosphorhaltige Verbindung Adenosin-Triphosphat spielt zum Beispiel die entscheidende Rolle beim Energiestoffwechsel der Zellen.

Woher kommt Phosphor?

Phosphor ist ein chemisches Element mit dem Symbol P und der Ordnungszahl 15. Im Periodensystem der Elemente steht es in der fünften Hauptgruppe, der sogenannten Stickstoffgruppe. Der Name stammt aus dem Altgriechischen φωσφόρος phōsphóros und bedeutet „lichttragend“. Denn weißer Phosphor leuchtet bei der Reaktion mit Sauerstoff hell. Phosphor entstammt den Neutrinoquellen des Kosmos, also den Supernovae. In deren Zentrum fusioniert Wasserstoff zu Helium, dieses zu Kohlenstoff und Sauerstoff, und diese wiederum zu Silizium, Phosphor und Schwefel und schließlich zu Eisen, Kobalt und Nickel. Dies führt schließlich zum Kollaps des Sterns.

In der Natur kommt Phosphor nicht elementar vor, sondern in Form von Phosphaten. Weil sich Phosphor nicht ersetzen lässt, rückt die Nährstoffzufuhr im Agrarwesen bei gleichzeitiger Verknappung von fruchtbaren Böden mit Blick auf eine stetig wachsende Weltbevölkerung von derzeit etwa 7,5 Mrd. Menschen immer mehr in den Fokus.

Wegen intensiver Landwirtschaft sind viele Böden unterversorgt und bedürfen der Anreicherung mit Stickstoff, Phosphor und Kalium (N-P-K-Dünger). Üblicherweise verarbeitet man Rohphosphat zu Düngemitteln. Dies entspricht etwa 85 Prozent der gesamten Phosphat-Fördermenge. Diese Phosphatdüngemittel sind notwendig, um die Pflanze mit Phosphor zu versorgen und damit das Wachstum anzuregen.

Ungefähr 90 Prozent der globalen Phosphorproduktion findet als Dünger in der Landwirtschaft Verwendung; circa die Hälfte der deutschen Phosphatimporte dienen zur Herstellung von Chemieprodukten.

Klärschlamm

Aus diesen Gründen rückt die Sicherung der Rohstoffbasis für Phosphat zunehmend in den Fokus: Vor allem in Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es zunehmend Versuche, die über ein wirkungsvolles Phosphatrecycling die bestehende Versorgungsabhängigkeit entschärfen wollen. Als wichtigste einheimische Rohstoffquelle werden stets die Schlämme aus Kläranlagen genannt. Die rund zwei Millionen Tonnen Klärschlammmasse, die kommunale Kläranlagen jedes Jahr aus Deutschlands Abwässern gewinnen, enthalten etwa 60.000 Tonnen Phosphor. Sie bilden damit die mengenmäßig bedeutendste anthropogene Rohstoffquelle für Phosphat.

Weil diese Klärschlämme aber auch durch Schwermetalle, Medikamentenreste, synthetische Polymere – also Mikroplastik-Anteile – und vieles andere mehr belastet sind, können sie nicht unkontrolliert und unaufbereitet als Dünger auf die Felder ausgebracht werden. Daher wird der Stoff bislang meist energetisch genutzt und verbrannt. Zwar steht in der Klärschlammaufarbeitung eine breite Palette an Technologien zur Verfügung, doch um qualitativ hochwertige Dünger zu produzieren, müssen nicht nur die genannten Verunreinigungen entfernt werden, sondern auch die Bioverfügbarkeit der Produkte gegeben sein. Das heißt, Pflanzen müssen in der Lage sein, die Verbindungen aufzunehmen und zu verwerten.

Gesetzliche Regelungen

Zu diesen technischen Herausforderungen kommen gesetzliche Rahmenbedingungen. Zum einen müssen die Produkte die Zulassung gemäß der Düngemittelverordnung durchlaufen. Zum anderen zwingt die Klärschlammverordnung die Klärwerksbetreiber in den nächsten Jahren zu grundlegenden Investitionen in Sachen Phosphor-Recycling: Wenn der Klärschlamm mehr als 20 Gramm Phosphor pro Kilogramm Trockenmasse enthält, müssen Klärwerke mit über 100.000 Einwohnern den Phosphor ab dem Jahr 2029 zurückgewinnen. Ab dem Jahr 2032 ist dies dann auch für kleinere Kläranlagen Pflicht. Zwar lässt die Klärschlammverordnung die technischen Aufbereitungswege weitgehend offen, doch bislang hat sich kein Verfahren, mit dem das gelingen könnte, großtechnisch bewährt.