Deutschland sammelt und recycled Altpapier, Kunststoffabfälle und vieles mehr. Doch es gibt auch noch Lücken im System. So werden gerade Elektrogeräte nicht oder nicht richtig entsorgt. Was zu tun ist, hat luckx – das magazin recherchiert.
Wohin mit alten Elektrogeräten?
Etwa ein Drittel des Altbestandes an Elektrogeräten werden nicht recycelt, bei Smartphones gelangen sogar 43 Prozent nicht zurück in den Wertstoffkreislauf. Mangelnde Aufklärung scheint der Hauptgrund für diesen verschwenderischen Umgang mit Rohstoffen zu sein, wie eine repräsentative Verbraucherbefragung der Branchenorganisation gfu Consumer & Home Electronics und der Strategieberatung Oliver Wyman zeigt. So fehlt einem guten Viertel der Bevölkerung das nötige Wissen um vorhandene und ökologisch sinnvolle Rückgabe-Möglichkeiten. Laut Analyse lagern rund zwölf Tonnen Gold allein in deutschen Haushalten – in Gestalt von ausgemusterten Smartphones, die gehortet werden.
So bremst Unkenntnis über Recycling- und Reparaturmöglichkeiten eine effiziente Kreislaufwirtschaft von elektrischen und elektronischen Geräten des Haushalts aus. 40 Prozent der Deutschen wissen nach eigenen Angaben nicht, dass sie ihre Altgeräte bei Fachhändlern und -märkten zurückgeben können – selbst, wenn sie dort nicht gekauft wurden. Bei 70 Prozent ist noch nicht angekommen, dass dies auch für viele Supermärkte und die Hersteller gilt – und über 75 Prozent kennen ihr Recht auf die Rückgabe ausgedienter Geräte beim Online-Händler nicht. „Deutschland ist zwar ein Land des Sperrmülls, der Papiersammlung und des Grünen Punktes, aber bei gebrauchten technischen Produkten fehlt es eklatant an praktischem Wissen“, sagt Dr. Sara Warneke, Geschäftsführerin der gfu, mit Blick auf die repräsentative Konsumentenbefragung „Going full Circle“, für die 1.000 Konsumenten und Konsumentinnen in Deutschland befragt wurden.
Wissenslücken
Gerade jüngere Menschen zeigen große Wissenslücken beim Elektro-Recycling. So weiß nur jeder zweite Erwachsene unter 35 Jahren, wie man ein großes Küchengerät dem Recycling zuführt. Bei den über 55-Jährigen sind es nach eigenem Bekunden immerhin 81 Prozent. „Gleichwohl geht von der jungen Zielgruppe der größte Veränderungsdruck auf Hersteller und Händler aus“, sagt Warneke. „Menschen zwischen 18 und 34 Jahren stehen Reparaturen am aufgeschlossensten gegenüber und verlangen am nachdrücklichsten nach kostenlosen Rückgabemöglichkeiten und besserer Aufklärung.“
Ohne funktionierende Rücknahme und Aufbereitung liegen jedoch erhebliche Mengen an wertvollen Rohstoffen brach, schlimmstenfalls werden Altgeräte umweltschädigend illegal entsorgt. „Für eine effektivere Rohstoffverwertung bei Haushaltsgeräten und Consumer Electronics bräuchte es mehr Einsatz von Herstellern, Händlern und Politik gleichermaßen“, sagt Dr. Martin Schulte, Partner der Strategieberatung Oliver Wyman und Co-Autor der Studie. „Geschlossene Wertstoffkreisläufe liegen im Interesse aller.“ Rechnerisch lagern 0,6 Waschmaschinen, 0,7 Küchengroßgeräte, 1,7 Laptops oder Unterhaltungselektronikgeräte und zwei Smartphones in jedem deutschen Haushalt. Umgerechnet in Metall bedeutet dies 45 Kilogramm Stahl, vier Kilo Kupfer, drei Kilo Aluminium – und vor allem wegen der Mobiltelefone sowie Laptops 0,3 Gramm Gold. Allein das ungenutzte Gold summiert sich so in Deutschland auf über zwölf Tonnen. „Der gesamte Materialwert pro Haushalt beläuft sich auf 130 Euro. Deutschlandweit summiert sich der Betrag damit auf mehr als fünf Milliarden Euro“, sagt Schulte. „Rücknahmesysteme müssen diesen Wert reflektieren und könnten über gezielte Anreize besser funktionieren.“
Klarere Kennzeichnung
An Bereitschaft mangelt es Verbraucherinnen und Verbrauchern offenbar nicht: Statt eines Bekenntnisses zur Wegwerfkultur förderte die Befragung etliche diskussionswürdige Ideen zutage. Zu den Anregungen zählten: Labels und Indizes, die den Grad der Recyclingfähigkeit eines Gerätes schon beim Kauf zeigen. Außerdem: Informationen zum Rückgabesystem auf der Verpackung, Aufklärung in Schulen, Extra-Tonnen für Elektro-Altgeräte oder Radiowerbung an Abholtagen. Oliver Wyman-Experte Schulte sieht die Hersteller mit Blick auf Recyclingfähigkeit und Reparierbarkeit in der Pflicht. „Wenn es ernst sein soll mit dem European Green Deal, müssen Hersteller schon beim Produktdesign umdenken. Weniger kleben, mehr schrauben – das sollte das Motto sein.“
Auch auf den Handel kommen neue Aufgaben zu. Denn am vehementesten verlangten die Befragten in Deutschland nach der Möglichkeit zur kostenlosen Rückgabe. „Es ist kritisch zu hinterfragen, dass Händler Gebühren verlangen, Bedingungen wie einen Neugerätekauf stellen oder auch nur suggerieren, eine Rückgabe sei ein Akt der Kulanz“, sagt Schulte. Nach der gültigen europäischen WEEE-Richtlinie, die in Deutschland mit dem sogenannten Elektrogesetz („ElektroG“) umgesetzt wird, müssen Händler bis zu fünf Kleingeräte aus Privathaushalten unentgeltlich zurückzunehmen – allerdings abhängig von der Ladengröße. „Hier kann der Gesetzgeber auch mit weiterer Regulierung den Druck erhöhen“, sagt. Schulte. „Die Rückgabe zum Recyceln muss kostenlos und einfach sein.“
Die Studie wurde im Mai 2023 durchgeführt. Für die Studie wurden über 1.000 Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland sowie jeweils 400 Verbraucher*innen in Frankreich und Großbritannien befragt.