Ein Allerweltsauto verschreckt vor 60 Jahren die Rallye-Welt. Kein sportlicher Heckmeck, nicht einmal ein Drehzahlmesser, stattdessen ein dünnes Plastiklenkrad und spartanische Sitze ohne Seitenhalt. Mit dieser Ausstattung gewann der Mini gewann die Rallye Monte Carlo. Luckx – das magazin blickt zurück. Hier geht´s zum ersten Teil.
Harte Arbeit
Ein Regal anstelle des Armaturenbretts, außen liegende Karosseriefalzen und Scharniere. Dank der sparsamen Möblierung eine gewisse Weitläufigkeit in einem winzigen Auto und eine extreme Raumökonomie. Kurzum: eine mutige Schlichtheit. Doch damit gewinnt man keine Rallye. Denn so ganz ohne Vorarbeit ließ sich auch schon in den 1960-er Jahren nicht einfach die Rallye Monte Carlo gewinnen. 1963 holte Rauno Aaltonen den ersten Klassensieg bei der Monte. Und doch war der Erfolg 1964 im Gesamtklassement für die Konkurrenten eine große Überraschung – zu übermächtig erschien die Konkurrenz. 277 Autos gingen bei der 33. Auflage der wohl berühmtesten Rallye der Welt an den Start. Die akribische Vorarbeit und auch die Witterungsverhältnisse mit reichlich Eis und Schnee kamen dem Mini zugute. Und so wurde über Nacht aus dem Underdog und Favoritenschreck nicht nur ein Publikumsliebling, sondern auch eine Motorsport-Legende.
Eis, Schnee und viel mehr
Es war die legendäre „Nacht der langen Messer“, die vorletzte Etappe der Rallye, die den Mini Cooper S mit der Startnummer 37 und dem seither berühmten Kennzeichen 33 EJB im Winter 1964 auf die Siegerstraße brachte. Bei der Prüfung am Col de Turini in den französischen Seealpen sind auf 24 Kilometern 34 Haarnadelkurven zu bewältigen – eine echte Herausforderung bei Schnee und Eis auf 1600 Meter Passhöhe. Hopkirk erreichte das Ziel mit nur 17 Sekunden Rückstand auf seinen ärgsten Widersacher Bo Ljungfeldt im weitaus stärkeren Ford Falcon mit V8-Motor. Aufgrund der damals gültigen Handicap-Formel zum Ausgleich der Gewichts- und Leistungsunterschiede lag der Mini damit in der Gesamtwertung in Front. Und er verteidigte den Vorsprung auch beim abschließenden Rundstrecken-Rennen durch die Straßen Monte Carlos.
Im Heimatland des classic Mini wurde der Sieg natürlich enthusiastisch gefeiert. Hopkirk erhielt ein Glückwunsch-Telegramm von der britischen Regierung und auch die Beatles gehörten zu den ersten Gratulanten. „Da kam eine Autogrammkarte der Beatles“, erinnert sich Hopkirk später, auf der stand: ‚Jetzt bist Du einer von uns, Paddy’. Eine tolle Erinnerung.“ Hopkirk wurde über Nacht ein Motorsportheld und so etwas wie der fünfte Beatle.
Eine Siegesserie ist Können
Auch in den Folgejahren dominierte der Mini die Rallye Monte Carlo. Timo Mäkinen gewann schon ein Jahr später mit großem Vorsprung. Dabei half auch die Hubraumerweiterung auf 1275 Kubikzentimeter. Mäkinen blieb als einziger Teilnehmer über die gesamte Distanz strafpunktfrei. Die Veranstalter hatten trotz Unmengen an Schnee und Eis eine zweite Nachtfahrt durch die Seealpen angesetzt. Mäkinen und sein Mini Cooper S zeigten sich unbeeindruckt und gewannen auf der Abschlussetappe fünf der sechs Sonderprüfungen.
1966 dann der vermeintlich ultimative Triumph, als die Mini Piloten die Plätze eins bis drei belegten. Die Rennleitung disqualifizierte alle drei Fahrzeuge wegen angeblich nicht regelkonformer Lichttechnik – eine Technik inklusive der charakteristischen Zusatzscheinwerfer vor dem Kühlergrill, die bis heute zu den beliebtesten Zubehörteilen im Programm der Marke gehört. Selbst französischen Rallye-Enthusiasten war die Disqualifikation peinlich. Den Legendenstatus des Mini unterstrich sie nur. Aaltonen, Mäkinen und Hopkirk galten von nun an als die „Drei Musketiere“ – und die Verkaufszahlen des classic Mini schossen in die Höhe. 1967 holte sich dann Aaltonen den Gesamtsieg – und doch begann sich das Ende einer Ära abzuzeichnen. Im Folgejahr gewann Vic Elford auf einem Porsche 911 – Aaltonen rettete mit Platz drei die Ehre der Mini. 1970 war endgültig Schluss. Der Leyland-Konzern geriet in finanzielle Schwierigkeiten – ein grandioses Kapitel Motorsportgeschichte wurde geschlossen. Im Juli 1971 lief der vorerst letzte Mini Cooper S vom Band.
Neue Modelle
Die Motorsporterfolge der frühen Jahre prägten die Marke bis ins neue Jahrtausend. Und das Erbe wird behutsam gepflegt und weiterentwickelt. Frontantrieb, vorne quer eingebaute Motoren, kurze Karosserieüberhänge, agiles Handling und viel Platz für Passagiere auf wenig Grundfläche – elementare Eigenschaften, die vom damaligen Mini auf den seit 2001 erhältlichen neuen MINI übertragen, verfeinert und ins Premiumsegment transformiert wurden. Neue Varianten wie der MINI Clubman, das MINI Cabrio und der MINI Countryman kamen hinzu – sie alle sind immer sofort als MINI zu erkennen und zu erleben.
Nur wenige Fahrzeugkonzepte haben ähnliche Zeitspannen wie der MINI überdauert. Kaum ein Fahrzeug hat eine ähnliche Popularität erreicht. Keines von ihnen wurde jemals in einer so großen Vielfalt an Varianten umgesetzt wie der MINI. Einen MINI zu fahren war und ist nicht nur reine Fortbewegung, sondern stets auch Ausdruck des eigenen Stils. Aus dem Klassiker der Automobilgeschichte wurde ein zeitloses, generationen- und klassenübergreifendes Fahrzeug.
Erfolge bei der Rallye Dakar
Und natürlich spielen seit der Übernahme durch BMW auch der Motorsport und der Name John Cooper nach wie vor eine wichtige Rolle. 2011 und 2012 knüpfte MINI mit dem John Cooper Works WRC bei ausgewählten Läufen der FIA World Rally Championship (WRC) an die Geschichte im Motorsport an. Ab 2012 übernahm der speziell für Marathon-Rallyes konzipierte MINI ALL4 Racing eine besondere Herausforderung: die Rallye Dakar, der ultimative Härtetest für Fahrer, Fahrzeuge und Teams. Die Performance und Zuverlässigkeit des MINI ALL4 Racing führten von 2012 bis 2015 zu vier aufeinander folgenden Dakar-Erfolgen, denen 2020 und 2021 Nummer fünf und sechs folgten. Und wieder einmal hatte die Motorsportwelt den Kleinen unterschätzt, der doch immer wieder so Großes leistete. Nicht nur auf der Rennstrecke, sondern auch auf der Straße bietet der Markenname John Cooper Works die Gewähr für herausragende Performance. Bereits in den 1970er Jahren erfreuten sich John Cooper Works Tuning-Kits für Serienfahrzeuge großer Beliebtheit – unterstrichen sie doch optisch wie technisch die wichtigsten Tugenden. Eine Tradition, die auch beim neuen MINI fortgesetzt wird. Hinzu kommen Extrem-Sportler mit dem Zusatz John Cooper Works und einer Leistung bis zu 225 kW/306 PS.
Ein Gedanke zu „Wunder mit einfacher Ausstattung“
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