Was gilt denn nun?

So mancher Streit wird von Maschendrahtzaun gebrochen, obwohl die Angelegenheit mit ein paar freundlichen Worten hätte auch geregelt werden können. So müssen sich Gerichte manchmal mit kuriosen Rechtsauffassungen auseinandersetzen, wie luckx – das magazin recherchierte.

Testament auch auf einem Kneipenblock

Ein Gastwirt wollte seiner Partnerin sein gesamtes Erbe hinterlassen. Seinen letzten Willen formulierte er kurz und knapp mit drei Worten („(Spitzname seiner Partnerin) bekommt alles“ auf einem Kneipenblock und deponierte das Stück Papier zünftig im Gastraum hinter der Theke. Als die Partnerin nach seinem Tod den Zettel fand, beantragte sie die Erteilung eines Erbscheins. Doch das Amtsgericht weigerte sich. Nach Ansicht der Richter reichte ein Kneipenblock nicht für einen Testierwillen aus. Doch es kommt nicht auf das Papier an, sondern vielmehr auf den Inhalt. Und da der verstorbene Gastwirt den Spitznamen seiner Partnerin notiert und eigenhändig unterschrieben hatte, stand einer Erbschaft nichts mehr im Wege. Die Richter der nächsten Instanz waren sogar der Ansicht, dass damit nicht nur die Mindestvoraussetzungen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (Paragrafen 2231 Nummer 2, 2247) erfüllt waren, sondern durch die Datumsangabe sowie die Unterschrift mit Vor- und Nachnamen sogar einige Soll-Voraussetzungen (Paragraf 2247 Absatz 2 und3) (Oberlandesgericht Oldenburg, Az.: 3 W 96/23).

Mülltonnen zurückstellen

Als seine ML-Klasse von einer Mülltonne beschädigt wurde, war der Mercedes-Fahrer auf 180. Die Schuld an dem knapp 9.000 Euro teuren Schaden suchte er bei der Eigentümerin des Hauses, zu dem die Mülltonnen gehörten. Die hatte die Mülltonne am Abfuhrtag vor das Mehrfamilienhaus gestellt und – zumindest nach Ansicht des geschädigten Mercedes-Fahrers – nicht ordentlich gesichert, so dass sie bei einem Unwetter gegen sein Auto geweht wurde. Doch die Eigentümerin war sich keiner Schuld bewusst. Sie hatte sogar die Feststellbremse der Mülltonne arretiert, so dass ein sicherer Stand der Tonne gewährleistet war. Das Entsorgungsunternehmen hingegen hatte die Pedalbremse nach der Leerung vermutlich nicht wieder angezogen, was für den Fall allerdings unerheblich war. Der genervte Mann zog vor Gericht. Doch auch die Richter sahen keine Schuld bei der Hauseigentümerin. Zudem konnte der Mercedes-Fahrer nicht beweisen, dass es am Tag der Kollision ein Unwetter gegeben hatte. Es ist auch nicht zwingend erforderlich, Müllcontainer sofort wieder auf das Grundstück zu stellen. Sofern kein Unwetter angekündigt ist, genügt das Zurückstellen im Laufe des Tages (Landgericht Darmstadt, Az.: 19a O 23/23).

Fristlose Kündigung

Nur in seltenen Fällen darf ein Mitarbeiter ohne vorherige Abmahnung rausgeworfen werden. Selbst wenn er auf der Firmenfeier plötzlich in Unterhose dasteht, ist das nicht automatisch ein Grund für eine fristlose Kündigung. Doch von Anfang an: Das Betriebsfest auf dem Rheinschiff war in vollem Gange. Die Sonne schien, die Stimmung war gut. Einem Vertriebsmitarbeiter reichte die gute Laune aber nicht aus. Daher zog er sich bis auf die Unterhose aus, sprang kurzerhand vom Ausflugsdampfer in den Rhein und schwamm einmal um das Boot herum. Das fand sein Arbeitgeber weniger lustig und kündigte ihm fristlos. Zudem sollte er an Bord angeblich Kokain konsumiert haben. Der Spaßvogel wehrte sich gegen die Kündigung und zog vor Gericht. Mit Erfolg. Die Richter plädierten für eine Abmahnung – immerhin hatte er mit seinem gefährlichen Sprung eine Pflichtverletzung begangen und den Betriebsfrieden gestört. Für den Drogenkonsum gab es hingegen keine ausreichenden Beweise. Der Arbeitgeber wäre mit der fristlosen Kündigung durchgekommen, wenn er bei einer früheren Verfehlung schon abgemahnt hätte. Denn bei einer anderen Betriebsfeier war derselbe Mitarbeiter mit einem aufblasbaren Flamingo durch den Saal getanzt und hatte lediglich eine Ermahnung wegen ungebührlichen Verhaltens kassiert (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Az.: 3 Sa 211/23).