In letzter Zeit sind undurchsichtige Finanzierungen von Nicht-Regierungsorganisationen bekannt geworden. Was auf deutscher Ebene passierte, ist ebenfalls auch auf Europäischer Ebene möglich, wie luckx – das magazin recherchierte.
Lobby- und Interessenvertretung
Während der letzten Bundesregierung sind einige Interessenvertretungen auffällig geworden, die mit Steuergeldern umfassend versorgt wurden. Das ist keine schlechte Einrichtung, weil dadurch vielfach auch Organisationen unterstützt werden, die sich um wichtige gesellschaftspolitische Themen kümmern. Doch leider erfolgte auch eine versteckte Parteienfinanzierung, um ideologische Themen stärker in den Fokus zu setzen. Transparenz war – und ist wahrscheinlich – nicht immer gegeben. Doch was in Deutschland funktioniert, ist auch auf EU-Ebene möglich. So herrscht zu wenig Transparenz über die EU-Mittel, die an Nichtregierungsorganisationen (sogenannte NGOs) fließen. Dies geht aus einem aktuellen Bericht des Europäischen Rechnungshofs hervor. Zwar gebe es mittlerweile Verbesserungen, doch lägen noch immer nur ungenaue und unvollständige Informationen über die EU-Förderung für NGOs vor, die sich in den internen Politikbereichen der EU engagieren. Die Europäische Kommission habe bestimmte von der EU finanzierte Interessenvertretungstätigkeiten wie etwa Lobbying nicht korrekt offengelegt, und es werde nicht kontrolliert, ob die finanzierten NGOs die Werte der EU achten. Dies drohe, den Ruf der EU zu beschädigen.
Demokratische Prozesse
NGOs und andere Organisationen der Zivilgesellschaft ermöglichen durch ständigen – und transparenten – Dialog die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger am demokratischen Willensbildungsprozess in der EU. Um öffentliche Entscheidungsträger zur Rechenschaft ziehen zu können, müssen die Bürger aber wissen, an wen und zu welchem Zweck EU-Mittel vergeben werden, wie sie verwendet werden und ob die Empfänger die Werte der EU achten. Das öffentliche Interesse an einer Verschärfung der Transparenzanforderungen für NGOs hat seit dem „Katargate“-Skandal im Jahr 2022 zugenommen. „Transparenz ist entscheidend, um eine glaubwürdige Beteiligung von NGOs an der Politikgestaltung der EU sicherzustellen“, so Laima Andrikienė, die als Mitglied des Europäischen Rechnungshofs für den Bericht zuständig ist. „Zwar wurden seit unserer letzten Prüfung einige Fortschritte erzielt, doch ergibt sich weiterhin nur ein unscharfes Bild, welche Summen an NGOs fließen, da die Informationen über die EU-Mittel – auch die für Lobbying – weder zuverlässig noch transparent sind.“ Zwischen 2021 und 2023 hätten NGOs in den zentralen internen Politikbereichen der EU wie Kohäsion, Forschung, Migration und Umwelt 7,4 Milliarden Euro erhalten – davon 4,8 Milliarden Euro von der EU-Kommission und 2,6 Milliarden Euro von den Mitgliedstaaten. Diese Zahlen seien allerdings mit Vorsicht zu genießen, da es keinen zuverlässigen Überblick über die EU-Mittel gebe, die an NGOs geflossen seien, so die Prüfer. Es würden nur bruchstückhaft Informationen veröffentlicht, was der Transparenz schade und auch eine Analyse erschwere, ob möglicherweise zu viel Geld an nur einige wenige NGOs fließt. Es sei daher nicht vollständig klar, welche Rolle NGOs in der EU-Politik spielen.
Fortschritte bei der Offenlegung erreicht?
Zwar habe die EU-Kommission Fortschritte bei der Sammlung von Informationen über die an NGOs gezahlten EU-Gelder gemacht, doch hapere es weiter an deren Offenlegung. Außerdem würden die EU-Länder weder nachverfolgen, in welcher Höhe EU-Mittel an NGOs gezahlt werden, noch darüber Bericht erstatten. Und auch durch die für die Zukunft erwarteten strengeren Auflagen würden sie nicht verpflichtet, die getätigten Zahlungen zu melden. In den EU-Ländern gebe es keine einheitliche Definition von NGOs, und nur selten sei eine Definition in nationalen Gesetzen verankert. Im Jahr 2024 habe die EU NGOs im Wesentlichen als von staatlichen Stellen unabhängige gemeinnützige Einrichtungen definiert. Dies sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, mit dieser Definition allein könne aber eine korrekte Einstufung von NGOs im Finanztransparenzsystem der EU nicht sichergestellt werden. Dies liege daran, dass Einrichtungen sich selbst als NGO einstuften und die EU-Kommission wichtige Aspekte ihres Status nicht prüfe, z. B. ob eine staatliche Stelle erheblichen Einfluss auf die Leitungsgremien der Einrichtung ausübt oder ob eine NGO die geschäftlichen Interessen ihrer Mitglieder verfolgt. So sei beispielsweise ein großes Forschungsinstitut als NGO eingestuft worden, obwohl sein Leitungsgremium ausschließlich aus Vertretern staatlicher Stellen bestand.
Fehlende Nachverfolgung durch EU-Stellen
Die EU-Kommission habe die Informationen, die ihr über die Interessenvertretung durch von der EU finanzierte NGOs vorlagen, nicht klar offengelegt. Außerdem habe die Kommission erst, als die dem Rechnungshofbericht zugrunde liegende Prüfung schon im Gange war, eine Anweisung herausgegeben, wonach die Empfänger von EU-Mitteln in den Zuschussvereinbarungen nicht dazu verpflichtet werden dürften, Lobbying gegenüber EU-Institutionen zu betreiben. Außerdem hätten die Stellen, die für die Verwaltung von EU-Mitteln zuständig seien, nicht von sich aus recherchiert, ob NGOs möglicherweise gegen EU-Werte wie Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte verstoßen, sondern sich hauptsächlich auf Eigenerklärungen der NGOs verlassen. Auch würden die Finanzierungsquellen von NGOs nicht kontrolliert. Dabei könnten diese aufschlussreiche Informationen liefern, welche Köpfe eigentlich hinter den NGOs stehen.
Fazit
Es gibt dringenden Aufklärungsbedarf bei der Verwendung von EU-Geldern. Das betrifft leider nicht nur die NGOs. Auch bei anderen Förderungen wie zum Beispiel bei der Landwirtschaft ist Aufklärung erforderlich. Trotz aller dieser Unzulänglichkeiten bedeutet das nicht, dass wir auf die Europäische Gemeinschaft verzichten können. Die aktuelle Weltpolitik zeigt doch jetzt, wie wichtig die EU für ihre Bürger und für die Durchsetzung und den Erhalt von demokratischen Systemen und Bedingungen ist. 500 Millionen Menschen in Europa stellen die wirtschaftlich stärkste Region dar. Dies ist den wirtschaftlichen Regionalmächten wie beispielsweise Russland und den USA deutlich mitzuteilen.
Maßnahmen werden aus dem EU-Haushalt unabhängig davon finanziert, ob sie von NGOs oder sonstigen Arten von Einrichtungen durchgeführt werden. NGOs haben unterschiedlichste Größen und sind in verschiedensten Bereichen tätig, von sozialer Inklusion bis hin zu Umweltschutz und Forschung. Sie können – wie jeder andere Empfänger von EU-Mitteln – Zuschüsse für die Durchführung von Projekten erhalten. Aufgrund ihres speziellen Status als NGO können ihnen aber auch Zuschüsse zur Deckung eines wesentlichen Teils ihrer Betriebskosten gewährt werden. Zwischen 2021 und 2023 erhielten mehr als 12 000 NGOs solche EU-Hilfen. In den letzten zehn Jahren ging ein erheblicher Teil der direkt von der EU-Kommission vergebenen Mittel an eine kleine Anzahl von NGOs.
Im Rahmen der Prüfung wurden EU-Programme wie der Europäische Sozialfonds Plus, Horizont Europa, der Asyl- und Migrationsfonds AMIF und das Umweltprogramm LIFE sowie die Situation in verschiedenen EU-Ländern untersucht. Die Prüfung erfolgte vor dem Hintergrund der Forderung des EU-Parlaments nach mehr Transparenz bei der Vergabe von EU-Mitteln, unter anderem für NGOs, sowie der Rolle von NGOs im demokratischen Willensbildungsprozess. Ferner bedient der Bericht das gestiegene Interesse von Öffentlichkeit und Politik an der Finanzierung von NGOs durch die EU.