Wie wichtig hören und sehen ist, erleben wir schon in frühester Kindheit. Die beiden Sinnesorgane Ohren und Augen helfen uns im täglichen Leben zurecht zu finden. Beim Autofahren können Brillen und Hörgeräte unsere vielleicht eingeschränkten Möglichkeiten verbessern. An welchen Lösungen zur Verbesserung der Wahrnehmung im Straßenverkehr geforscht wird, hat luckx – das magazin recherchiert.
Autofahren
Täglich nehmen wir Menschen unterschiedliche Geräusche wahr. An einer Kreuzung fährt ein Elektrofahrzeug an Fußgängerinnen vorbei, auf der anderen Straßenseite bellt ein Hund, während ein Radfahrer klingelt. Aus der Ferne nähert sich ein Krankenwagen. Außenmikrofone am Auto sollen der Erkennung von Einsatzfahrzeugen im Straßenverkehr für das automatisierte Fahren dienen. Doch auch andere Szenarien sind denkbar. So lässt sich die akustische Sensorik zum Beispiel mit Spracherkennungssystemen kombinieren, um von außen mit dem Fahrzeug per Sprachbefehl zu interagieren. So helfen uns beim Pkws seit vielen Jahren Kameras, Lidar und Radar am Auto, um unsere Umwelt zu erfassen. Aber die Wahrnehmung von Außengeräuschen fehlt bislang, auch mit Blick auf das automatisierte Fahren. Daher forscht das Fraunhofer IDMT-HSA mit dem hörenden Auto an der Integration akustischer Sensorik. Nun hat der Oldenburger Institutsteil Forschungsfahrzeuge mit neuen Mikrofonen und eigens entwickelter Messtechnik ausgestattet. Um beides zu testen, ging es im Frühjahr zusammen mit dem Projektpartner CARIAD SE zum Prüfgelände in Schweden.
Technologien müssen bei Nässe, Frost und Hitze funktionieren
Auf einer Erprobungsfahrt nach Schweden galt es zu klären, wie sich die neu integrierte Messtechnik in Hinblick auf Zuverlässigkeit und Usability verhält. Die Forscherinnen und Forscher wollten herausfinden, wie die Mikrofone bei unterschiedlichen Witterungsverhältnissen und Verschmutzungsgraden agieren. „Gemeinsam mit CARIAD, dem Automotive-Software-Unternehmen der Volkswagen Group, testen und entwickeln wir am Fraunhofer IDMT in Oldenburg Algorithmen und Mikrofonhardware, um die akustische Sensorik für die Serienreife vorzubereiten“, erklärt Moritz Brandes, Projektleiter The Hearing Car am Fraunhofer-Institutsteil Hör-, Sprach- und Audiotechnologie HSA. Die Forscher setzen dabei ihre Kompetenz in der akustischen Mustererkennung sowie Sensordatenfusion ein, aber auch wichtiges Domänenwissen. Neben Kaltland-Erprobungen finden auch regelmäßig Tests in Südeuropa statt, um auch den Einfluss von Hitze zu erforschen.
Umfelderfassung
Einige Entwicklungen sind Teil des größeren Forschungsvorhabens „KI4BoardNet“, das unter anderem die akustische Umfelderfassung und Boardnetz-Architektur moderner Fahrzeuge definiert und weiterentwickelt. „Unsere Tests zeigen, dass Außenmikrofone die Art und Weise verändern können, wie wir mit unseren Autos interagieren, und in Kombination mit optischer Sensorik die Sicherheit für automatisierte Fahrfunktionen verbessern“, sagt Hagen Jaeger, Product Owner Exterior Acoustic Perception bei CARIAD. Erste Analysen der Daten aus Straßentests unter verschiedenen Bedingungen – von Schnee und Eis bis hin zu Hitze und Nässe – zeigen positive Ergebnisse.
Ziel im Projekt »KI4BoardNet« ist es, die Architekturen, Komponenten und Entwurfswerkzeuge für das Fahrzeugbordnetz der Zukunft zu entwickeln. Hierbei sollen dynamische und durch Künstliche Intelligenz unterstützte Entwurfsprozesse sowie eine maximale Automatisierung bei der Entwicklung und Fertigung von Bordnetzen gemeinsam erforscht und umgesetzt werden. Das ist notwendig, da die Konzeption von Fahrzeugen zunehmend digitale Komponenten beinhaltet. Die Daten dafür müssen meist in Echtzeit verarbeitet werden, was dem Bordnetzwerk viel abverlangt. Gleichzeitig steigt die Zahl der elektrischen Verbraucher und die Anforderungen an die Qualität der Spannungsversorgung. Das Fraunhofer IDMT unterstützt bei der Erstellung von Anforderungsdefinitionen an KI-fähige Steuergeräte und das Energiesystem zur Spannungsversorgung von KI-getriebener Sensorik. Die Fahrzeuginformationen, etwa zum Stromverbrauch eines Elektrofahrzeugs oder der Fahrgeschwindigkeit, sollen mit den aufgezeichneten Mikrofondaten fusioniert werden, um neue Anwendungsfelder zu erschließen.