Die Hosen anbehalten

Wir kennen das alle: Sobald wir etwas auf Kredit kaufen oder einen Kredit bei der Bank beantragen, wollen die alles wissen, was wir jeden Tag machen. Auf der einen Seite ist das verständlich. Doch nun soll sogar der Kauf auf Rechnung wie ein Kredit behandelt werden hat luckx – das magazin recherchiert.

Neue Kreditrichtlinien

Wer sich da in welcher Abteilung in der EU an den Kopf gestoßen hat, lässt sich bei folgender Sache wohl nicht mehr genau nachvollziehen. Wir spekulieren einmal. Vielleicht war es jemand, der die Richtlinien für Gurken entwickelt hatte, die nun wieder so wachsen dürfen, wie sie wollen. Da der Mitarbeiter in der Landwirtschaftsabteilung überflüssig wurde, wurde er in die Finanzabteilung versetzt. Nun will die EU die Ausgaben ihre Bürgerinnen und Bürger stärker kontrollieren, um sie vor Überschuldung zu schützen. Sicherlich eine sehr gute Idee. Dabei sollen die Verbraucherkreditrichtlinie geändert werden. Diese schreibt unter anderem vor, den besonders beliebten Kauf auf Rechnung in vielen Fällen wie ein Kreditvertrag zu behandeln. Bei allen Einkäufen – selbst für kleinere Beträge – müssten Kundinnen und Kunden dann umfangreiche Einkommens- und Ausgabenprüfungen über sich ergehen lassen. Auch sollen sie nach Vorstellung des Gesetzgebers Warnhinweise über „Risiken“ des Kaufs auf Rechnung erhalten, was dem hohen Vertrauen in die besonders sichere Bezahlmethode schaden würde.

Datensammelwut

Nun warnt der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) die Bundesregierung bei der Umsetzung der Richtlinie eindringlich davor, die Datensammelwut der EU zu unterstützen. Andernfalls würden viele Verbraucherinnen und Verbraucher zu risikoreicheren Bezahlarten wechseln, wie eine repräsentative Umfrage zeigt. So fordert der Verband sicherlich überraschend in den aktuellen Verhandlungen dazu auf, die Prüfpflichten so zu gestalten, dass Daten so sparsam wie möglich und je nach Kaufsumme verhältnismäßig erhoben werden müssen. Der aktuelle Entwurf ist auf einem guten Weg dahin und darf auf keinen Fall verschärft werden. „Käufe auf Rechnung sind zinsfrei und haben kurze Zahlungsziele. Das Überschuldungsrisiko ist minimal. Daher haben sie ein völlig anderes Risikoprofil als Verbraucherkredite. Den Kundinnen und Kunden ist schwer zu vermitteln, warum sie sich dennoch umfassend gläsern machen sollen“, erklärt Daniela Bleimaier, Leiterin Public Affairs Deutschland & Regionales beim bevh.

Datensicherheit

Einer aktuellen Umfrage zufolge genießt der Kauf auf Rechnung in heutiger Form allerhöchstes Verbrauchervertrauen. Sicherheit und mehr Kontrolle über das eigene Ausgabenverhalten zu haben (53 Prozent) sind demnach die wichtigsten Motive, warum Verbraucherinnen und Verbraucher die Bezahlart bevorzugen. Nur 3,7 Prozent wählen ihn wegen eines Zahlungsaufschubs oder einer Zahlungsaufteilung. Gerade für alltägliche Einkäufe erscheint er den meisten ideal: Zwei Drittel der Nutzerinnen und Nutzer (64 Prozent) tätigen damit vor allem kleinere Einkäufe von unter 100 Euro. Nur wenige (6,3 Prozent) bezahlen damit auch einmal Anschaffungen von mehr als 250 Euro. Umso gravierender ist für viele, dass ihr Ausgabenverhalten ausgerechnet beim Kauf auf Rechnung strenger überwacht werden könnte. Statt mehr Vertrauen beim Shopping zu schaffen, droht das Gegenteil zu passieren: 42 Prozent würden sich „unsicherer fühlen“, wenn sie bei jedem Einkauf finanziell durchleuchtet würden. Nur 15 Prozent der Verbraucher finden, dass sie sich „sicherer fühlen“ würden.

Eine deutliche Mehrheit von 57 Prozent der Verbraucherinnen und Verbrauchen halten es für unwahrscheinlich, dass sie nach einer Bonitätsprüfung für kleine Einkäufe nochmals per Kauf auf Rechnung bezahlen würde. Interessant ist auch: Danach gefragt, auf welche Bezahlart sie ausweichen würden, wenn der Kauf auf Rechnung nicht mehr in Frage kommt, gaben 53,4 Prozent PayPal und 22,4 Prozent Klarna an, also ausgerechnet jene Bezahldienstleister, die beim Check-out mit Ratenkrediten als Alternative werben.

Fazit

Verbraucherschutz sollte über alles gehen. Doch es kann nicht sein, dass durch diese Richtlinienänderung gerade Verbraucher in die Kreditfalle geführt werden. Das hat äußerst wenig mit Verbraucherschutz zu tun. Darüber hinaus ist zu erwarten, das manche Internet-Verkäufe einfach unterbleiben. Damit erweist sich die Bundesregierung als auch die EU einen Bärendienst. So wird die Wirtschaft nicht angekurbelt, sondern verhindert. Oder gab es da irgendwelche Lobbyisten, die diese Richtlinie angestoßen haben?

Über die Umfrage

Die Ergebnisse der Umfrage basieren auf einer repräsentativen Stichprobe von 2.306 Verbraucherinnen und Verbrauchern, die häufig im Internet einkaufen. Die Umfrage wurde von Civey im Auftrag des bevh im Zeitraum vom 26. Juni bis 27. Juni 2025 durchgeführt.