Gesundheit

Der Robert-Bosch-Stiftung lässt sich nicht unterstellen, dass sie Sozialromantiker oder Revoluzzer seien. Doch die Ergebnisse des Bürgerreports zeigen ein Ergebnis, dass doch sehr überrascht. „Der Mensch muss stärker in den Mittelpunkt des Gesundheitswesens rücken,“ sagt Dr. Bernadette Klapper, Leiterin des Bereichs Gesundheit der Robert Bosch Stiftung. „Mit unserer Initiative wollen wir den Fokus auf die Bedürfnisse der Bürger richten und sie zu aktiven Mitgestaltern machen. Als Patienten, Versicherte oder pflegende Angehörige erleben sie, wo der Reformbedarf am dringendsten ist.“

So sind die zentralen Forderung aus dem Report eine einheitliche Versicherung für alle, ein neues Schulfach „Gesundheit“ und Ärzte, die mehr Zeit für ihre Patienten haben. Der Report bündelt die Ergebnisse von fünf Bürgerdialogen zur Zukunft des deutschen Gesundheitswesens, an denen im Mai 2019 rund 400 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger teilnahmen. Die in Kiel, Rostock, Köln, Freiburg und Nürnberg/Fürth erarbeiteten Reformvorschläge wurden anschließend online einer breiten Öffentlichkeit zur Diskussion gestellt. Die Bürgerbeteiligung ist wesentlicher Bestandteil der Initiative „Neustart! Reformwerkstatt für unser Gesundheitswesen“, mit der die Stiftung bis zur Bundestagswahl 2021 Impulse für eine zukunftsgerechte und patientenorientierte Weiterentwicklung des deutschen Gesundheitssystems setzen will.

Prävention besonders wichtig

Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung wurden von gewählten Bürgerbotschaftern aufbereitet und in den sechs Themenfeldern Prävention und Bildung, Finanzierung, Qualität und Versorgung, Digitalisierung, Organisation des Gesundheitswesens und Gemeinwohl versus Geschäftsmodell zusammengefasst. Vor allem das Thema Prävention spielt für Bürger eine wichtige Rolle. Zu ihren Reformvorschlägen zählt beispielsweise die Einführung eines neuen Schulfachs „Gesundheit“, das Kinder möglichst früh an das Thema heranführt. Künftig könnten Präventionsberater ebenso wie niedrigschwellige Informations- und Unterstützungsangebote dabei helfen, mehr Gesundheitskompetenz aufzubauen.

Gemeinwohl statt Gewinnmaximierung

Zudem fordern die Bürger ein Gesundheitswesen, das nicht auf Gewinnmaximierung, sondern auf das Gemeinwohl ausgerichtet ist. Dafür schlagen sie die Einführung einer einheitlichen, verpflichtenden Krankenversicherung vor, in die jeder einen einheitlichen Prozentsatz seines Gesamteinkommens einzahlt. Steuern auf gesundheitsschädliche Nahrungs- und Genussmittel könnten laut Bürgerreport zur zusätzlichen Finanzierung des Gesundheitssystems dienen.

In der Gesundheitsversorgung wünschen sich die Bürger mehr Qualität. So sollten Ärzte mehr Zeit für ihre Patienten aufbringen, die pflegerische Versorgung verbessert und das Fachpersonal gerechter entlohnt werden. Deutlich wird, dass die Bürger eine umfassende Behandlung in ihrer Umgebung erwarten, zum Beispiel in Form medizinischer Versorgungszentren mit ambulanten Praxen für spezielle Fachbereiche.

Weitere Bürgerdialoge geplant

Bereits Anfang Dezember diskutierten Bürgerbotschafter ihre Forderungen mit Experten der Initiative „Neustart!“. Auf Einladung der Robert Bosch Stiftung und der Hertie School of Governance bearbeiten diese Expertenrunden zentrale Zukunftsaspekte und konzipieren Reformvorschläge für das Gesundheitssystem. Dabei greifen sie die Impulse der Bürger auf. Fünf weitere Bürgerdialoge folgen 2020. In diesen werden die Bürger wiederum die Empfehlungen der Experten kommentieren.