Gibt es tatsächliche eine Krise?

Warum beschäftigt sich luckx – das magazin als Freizeit- und Informationsmagazin eigentlich mit so einem Thema? Immer wenn das Wort Krise irgendwo erscheint, reagieren Menschen nervös und ziehen sich zurück. Den meisten Nutzer solcher Krisenszenarien ist deren Wirkung nicht bewusst. Aufklärung ist notwendig.

Krisenstimmung

Krisen sind immer gut. Sie können Menschen weiterbringen. Zum Beispiel ist bekannt, dass Kinder mit einer Erkrankung nach deren Ende sowohl physisch als auch psychisch gestärkt herauskommen. Krisen werden auch gern genutzt, um bestimmte wirtschaftliche und/oder politische Ziele zu erreichen. Sei es, insbesondere vor Tarifverhandlungen, die schlechte wirtschaftliche Situation zu kommunizieren. In diesem Zusammenhang wird gern die angespannte wirtschaftliche Situation zum Beispiel bei Volkswagen als Symbol des Niedergangs der deutschen Wirtschaft gesprochen. Inzwischen herrscht geradezu Untergangsstimmung, was sich auch am Rückgang des ifo-Geschäftsklimaindex ablesen lassen soll. Doch inwieweit das der Realität entspricht, bleibt fraglich. Denn auf der anderen Seite steigt in abgeschwächter Form im Vergleich zu den Vorjahren die Zunahme an versicherten Beschäftigten.

Doch sind diese Ängste berechtigt?

So stellt sich die Frage, ob diese Ängste berechtigt sind und ob nicht mit den Ängsten der Menschen gespielt wird. Und steht es um die deutsche Wirtschaft wirklich so schlecht? Wenn wir ausschließlich das Wirtschaftswachstum betrachten, entsteht der Eindruck, dass es tatsächlich nicht gut um die deutsche Wirtschaft stehen könnte. Denn diese stagnierte zuletzt, während die Europäische Union (EU) im Durchschnitt 0,8 Prozent gewachsen ist. Es fällt aber auch auf, dass auch andere wirtschaftsstarke Länder wie Finnland, Österreich, die Niederlande oder Schweden mit negativem oder geringem Wachstum aufwarten. Was aber besonders ins Auge sticht, ist, dass ein starkes Wirtschaftswachstum nicht gleich Vollbeschäftigung bedeutet. Spaniens Wirtschaft wächst zwar knapp um 2,9 Prozent, verzeichnet jedoch eine Arbeitslosenquote von 11 Prozent. Deutschland hingegen hat mit 3,4 Prozent eine der geringsten Arbeitslosenquoten in ganz Europa. Von dem Wachstum profitieren also nicht immer alle gleich. Genauso ist geringes Wachstum nicht zwangsläufig oder unmittelbar ein Todesurteil für den Arbeitsmarkt. Sozialwirtschaftliche Mechanismen sorgen in Deutschland dafür, dass zumindest ein Großteil der Arbeitsplätze erhalten bleibt. Dennoch stellt sich durchaus die Frage, wie lange sich Deutschland dies noch „leisten“ kann. Der Machtkampf zwischen der Führungsriege und dem Betriebsrat von VW machen dies sichtbar.

Wirtschaftswachstum

Während ein negatives Wirtschaftswachstum für den Großteil der Länder Europas kein Problem ist, zeichnet der Verlauf der Industrieproduktion ein anderes Bild. Diese schrumpfte nämlich um 3,2 Prozent innerhalb der gesamten EU. In Deutschland beläuft sich derselbe Wert auf gar 3,8 Prozent. Der Rückgang der Industrieproduktion ist demnach viel mehr ein europäisches als ein rein deutsches Problem. Europa scheint immer mehr Anschluss und Wettbewerbsfähigkeit an China und die USA zu verlieren. Was die Inflation betrifft, befindet sich Deutschland im Mittelfeld. Zuletzt betrug die jährliche Teuerungsrate 2,6 Prozent, was dem Durchschnitt der Eurozone entspricht und 20 Basispunkte unter dem EU-Durchschnitt liegt. Die Preise in Deutschland entwickeln sich also ähnlich zu dem Rest von Europa. Berücksichtigt man jedoch das vergleichsweise geringe Wachstum in Deutschland, könnten die Preise durchaus moderater steigen als sie es derzeit tun.

Bei Betrachtung des Wirtschaftswachstums, der Arbeitslosenquote, der Industrieproduktion und der Inflation lässt sich tatsächlich mit Recht sagen, dass sich Deutschland derzeit im hinteren Viertel befindet. Es fällt aber auch auf, dass nicht nur Deutschland sich als große Industrienation zu behaupten hat, sondern auch andere Schwergewichte wie die Niederlande oder Österreich. Da die EU und die Eurozone im Durchschnitt weniger als ein Prozent wachsen und die Industrieproduktion in beiden Wirtschaftsräumen sinkt, ergibt sich vor allem das Bild, dass Europa als solches etwas tun muss. Insbesondere wenn der Vergleich zu China und den USA gezogen wird. Deutschland ist für eine Vielzahl von Ländern in Europa der wichtigste Handelspartner und größter Absatzmarkt, weshalb der deutsche Konsum essenziell für die gesamte europäische Wirtschaft ist. An Deutschland hängt also nicht nur die europäische Wirtschaft, sondern auch die Geldpolitik. Deutschland könnte somit größter Treiber der Zinswende sein.

Darüber hinaus sind die großen wirtschaftlichen Wachstumssprünge bei einem „üblichen“ Wirtschaftsverlauf auch vorbei. Außerdem wird das Wachstum prozentual dargestellt. So ist zum Beispiel Griechenland aktuell mit einem hohem prozentualem Wachstum gesegnet, was dem Land gut tut und insbesondere auf die Wirtschaftspolitik von Mitsotakis zurückzuführen ist. Doch Griechenland ist im Vergleich zum Beispiel zu Deutschland eine sehr kleine Volkswirtschaft, die aus einer über 10 Jahre dauernden Krise kommt. Ein hohes, prozentuales Wachstum gleicht endlich die vergangenen schlechten Jahre aus. Dagegen hat Deutschland in den letzten Jahren ein vergleichsweise hohes Wirtschaftswachstum hingelegt. Ein Wirtschaftsrückgang in Deutschland von unter einem Prozent ist für diese Volkswirtschaft ohne Weiteres verkraftbar.

Risiko

Deshalb ist es ein hohes Risiko, die deutsche und/oder europäische Wirtschaft als krisenbehaftet zu belegen. Verbraucher verbinden dann damit, dass sie erhöhte Vorsorge treffen müssen. Das führt zu einer erheblichen Kaufzurückhaltung. Und, wie zu erkennen ist, halten sich deutsche Verbraucher zurück. Corona-Pandemie, Energiekrise, Ukraine Krieg sind alles Krisen, die auf die Kaufzurückhaltung einzahlen. Eine Erhöhung des Krisenmodus wie jetzt durch Volkswagen zur innerbetrieblichen Aufarbeitung genuzt wird, ist verständlich, hilft in keiner Weise zu einer volkswirtschaftlichen Stabilität. Das schadet nicht nur der wirtschaftlichen Situation, sondern auch Volkswagen selbst. Denn, wer möchte schon ein Loser-Auto kaufen und fahren? Andere deutsche Anbieter wie Opel merken die Krisenstimmung und legen, wenn auch auf niedrigen Niveau, zu. Ähnliches wird wohl auch Tesla treffen, wenn sich deren Eigentümer nicht von seinem politischen Engagement verabschiedet. Wie schnell politische Aussagen wirtschaftliche Folgen hat, zeigte sich schon vielfach in der Vergangenheit.