Unser heutiges Bildungssystem erhält anscheinend nicht die verdiente Würdigung. Dieses hohe Gut wird vielfach missachtet und nicht genutzt. Da wird der Schule fern geblieben, wo es nur geht. Eltern als auch Schule kümmern sich nicht genug um Schulschwänzer, meint luckx – das magazin.
Früher war alles besser?
Nun haben wir von luckx – das magazin sicherlich unsere Aussage an Einzelerscheinungen ausgerichtet. Wenn wir die Zeit einmal zurückdrehen, lässt sich verstehen, welch hohe Errungenschaft das Bildungssystem der heutigen Zeit – mit allen seinen Mängeln – für unsere Gesellschaft darstellt. Es ist für seine Nutzern nicht nur kostenfrei, sondern bietet eine Leistung, die früher nur für Vermögende machbar war. Eine Reise in diese Vergangenheit bieten die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci. Sie haben sich vom 13. bis 29. Juni 2025 den historischen Bildungsreisen englischer Adelssöhne, die den Kulturaustausch in Europa prägten, einmal angenommen. Unter dem Motto „Grand Tour“ finden 42 Veranstaltungen, darunter zwei Opern, fünf große Open Airs sowie zahlreiche Konzerte in den Schlössern und Gärten von Sanssouci statt. Es ist eine überraschende musikalische Entdeckungsreisen.
Adelserziehung
Warum das so ist, und warum gerade diese Musikfestspiele viel zu Verständnis unseres Bildungssystem beitragen können, hilft beim Blick in die Vergangenheit. So hat die Adelserziehung in der Frühen Neuzeit in den letzten Jahren verstärkt das Interesse der Forschung auf sich gezogen. Dies lässt sich sowohl mit der Renaissance der sozial- und kulturhistorischen Adelsforschung als auch mit dem bildungsgeschichtlichen Interesse an standesspezifischen Ausbildungsformen und –praktiken erklären. Insbesondere die Kavalierstour bzw. Grand Tour als Bildungsreise der europäischen Oberschicht und die damit einhergehenden kulturellen Transferprozesse sind Gegenstand einschlägiger Studien geworden. Obwohl dabei auch Aspekte des Sprachenlernens thematisiert wurden, wird der Erwerb von Fremdsprachen im Kontext der Adelserziehung in diesem Band erstmals im größeren europäischen Zusammenhang aufgearbeitet. Der Adel wurde in der Frühen Neuzeit zu einem wesentlichen sozialen Träger von Kenntnissen moderner Fremdsprachen. Die Höfe wurden in ganz Europa mehrsprachig und der Erwerb „lebender“ Fremdsprachen obligatorischer Bestandteil der Adelserziehung. Die Entstehung eines Netzwerks ständiger Gesandtschaften, die Bürokratisierung und administrative Verdichtung frühneuzeitlicher Territorialstaaten sowie die Herausbildung stehender Heere führten zu einem wachsenden Bedarf an umfassend gebildeten und professionalisierten Diplomaten, höheren Beamten und Offizieren, die sich zu einem beträchtlichen Teil aus dem Adel rekrutierten.
Musik als Reiseerlebnis
„Sanssouci ist nicht nur ein Touristenmagnet, sondern auch ein Ort, der schon zu Friedrichs II. Zeiten internationale Gäste anzog. In diesem Jahr machen wir es zum Ausgangspunkt musikalischer Reisen“, erklärt Dorothee Oberlinger, Künstlerische Leiterin der Festspiele. Die Veranstaltungen reichen von Wander-, Fahrrad- und Joggingkonzerten bis hin zu Konzerten mit begleitender Kulinarik, die die Reiseerlebnisse abrunden.
Mit Ensembles wie dem European Union Baroque Orchestra, Apollo’s Cabinet und dem Kammerorchester Basel sowie renommierten Solisten wie Sandrine Piau und Shunske Sato porträtieren die Festspiele Metropolen wie London, Paris und Venedig. Weitere Konzerte widmen sich den Themen Heimat und Verlust sowie der Neugier auf das Fremde.
Italien, das Sehnsuchtsziel aller Grand-Touristen, liegt in Potsdam quasi vor der Haustür, so allgegenwärtig hat es das Bild der Stadt geprägt. Ihr Herzstück ließ Friedrich II. im Stil einer italienischen Piazza umgestalten: mit Renaissance-Rathaus à la Palladio und dem Palast Barberini in römischem Barock, auch ein »antiker« Obelisk wurde nicht vergessen. Der Alte Markt ist somit für eine italienische Nacht bestens gerüstet. Fehlt nur noch die Musik. Und die kommt dann im Rahmen der Festspiele zu den Besuchern. Auf eine Traumreise durch »das Land, wo die Zitronen blühn« entführt die illustre Musikerschar um die vielfach preisgekrönte Königin der Blockflöte Dorothee Oberlinger. Mit von der Partie sind mit Avi Avital einer der weltbesten Mandolinvirtuosen und mit Giulia Semenzato eine Starsopranistin der jungen Generation. Evgeni Sviridov dürfte den Festspiel-Fans als Konzertmeister des Ensemble 1700 und exzellenter Violinsolist ohnehin in bester Erinnerung sein. Zusammen bereisen sie die Musikzentren des italienischen Barock von Venedig über Rom bis Neapel und schütten ein ganzes Füllhorn musikalischer Schätze aus: mit virtuosen Concerti und funkelnden Bravourarien, melancholischem Melos und leichtfüßiger Tanzlust. Italien in Reinkultur, zu genießen in einer Juninacht mit Vino und weiteren italienischen Köstlichkeiten.