Viele Themen werden klein, seit der Corana-Virus die Schlagzeilen in den Medien beherrscht. Dabei scheint seine Verbreitung durch unserer Reisementalität gefördert zu werden. Ob Geschäfts- oder Urlaubsreise: nicht nur Plastiksouvenirs bringen wir von unseren Reisen mit nach Hause. So verstecken sich Insekten oder Kleintiere in unserem Gepäck oder – wie jetzt – wird ein Virus um die Welt transportiert. Dabei reisen wir Deutsche vornehmlich „um den eigenen Kirchturm“, sprich, unsere Haupturlaubsziele sind Deutschland, die angrenzenden Nachbarländer und der Mittelmeerraum. Zum Reisen nutzen wir überwiegend das eigene Auto; wenn´s zum Mittelmeer geht, kommt das Flugzeug zum Einsatz. Das sind keine neuen Erkenntnisse, sondern seit Jahr(zehnten) gelebte Wirklichkeit.
Auswirkungen des Klimawandels
Nicht erst seit der verstärkten Klimadiskussion versuchen viele nachhaltiger zu reisen. Sei es durch die Nutzung Öffentlicher Verkehrsmittel oder bei Fernreisen bewusster das Reiseziel zu wählen. Doch das ist nicht so einfach. Denn heute gibt es keinen Linienverkehr von Segelbooten nach New York oder in die Karibik. Doch manch Geschäftsreisender verzichtet auf den Flug innerhalb Deutschlands und nutzt die Video-Konferenz und Urlaubsreisen gehen nicht ans Mittelmeer sondern an die heimische Ostsee oder Nordsee. Das hat eine repräsentative Ipsos-Umfrage unter 1.000 Personen ab 16 Jahren ergeben. So haben 17 Prozent der Deutschen aufgrund des Klimawandels bereits bewusst auf Flugreisen verzichtet. Darunter verzichteten 13 Prozent bereits auf mehrere Flüge und 4 Prozent auf einen Flug. Demnach sehen allerdings 27 Prozent der Befragten für einen Flugverzicht keinen Grund. 45 Prozent geben an, dass sie ohnehin nicht fliegen und 11 Prozent machen keine Angabe. Stattdessen könnten Privat- oder Geschäftsreisende andere Verkehrsmittel wie die Bahn nutzen oder sich bei Urlaubsreisen für andere Ziele entscheiden. Flugreisen gelten im Vergleich der unterschiedlichen Verkehrsmittel wie Auto, Bus oder Bahn als besonders energieintensiv.
Flugscham ohne Auswirkungen?
Die Diskussionen um die so genannte Flugscham schlägt sich allerdings bisher nicht spürbar in den Kennzahlen zum Flugverkehr nieder. Die Zahl der Flugpassagiere ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in den ersten sieben Monaten des Jahres 2019 erneut gestiegen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) geht in einer Prognose davon aus, dass die Zahl der Flüge weltweit bis zum Jahr 2040 um jährlich 1,6 Prozent steigen wird.
Neue Mobilitätskonzepte gefordert
Viele Verkehrsteilnehmer beobachten eine Überlastung der Innenstädte, leiden unter Lärm und Abgasen oder beklagen die vielen Staus. Aufgrund des Klimawandels fordern sie ein grundsätzliches Umdenken im Bereich der Mobilität. Das zeigen die Ergebnisse der TÜV Mobility Studie.
Ein Lösungsansatz sind neue Mobilitätskonzepte wie Carsharing oder Ridesharing, die aber noch längst nicht flächendeckend zur Verfügung stehen und daher nur von wenigen genutzt werden können. Überraschend skeptisch sind viele Bundesbürger bei der Frage, welchen Beitrag die Elektromobilität zum Klimaschutz leisten kann. Gut die Hälfte aller Autobesitzer kann sich nicht vorstellen, in den kommenden fünf Jahren ein Elektroauto anzuschaffen. Neben hohen Kosten und einer unzureichenden Ladeinfrastruktur haben viele Zweifel, ob Elektrofahrzeuge tatsächlich umweltfreundlicher sind als Autos mit einem Verbrenner. Ein Wunsch, der von den meisten Befragten geteilt wird, ist dagegen ein umfangreicher Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung von Fahrzeugen machen sich viele Verkehrsteilnehmer Sorgen um deren Funktionstüchtigkeit und eine sichere Integration in den Verkehr. Um die Sicherheit intelligenter Fahrzeuge zu gewährleisten, wünscht sich die Mehrheit der Befragten unabhängige Prüfungen sowie Schulungen vor deren Nutzung.
Zugriff auf Mobilitätsdaten
Beim Thema Datenschutz herrscht noch viel Unsicherheit bei den Fragen, wer auf die erhobenen Fahrzeugdaten zugreifen darf und für welche Zwecke sie genutzt werden sollten. Grundsätzlich gilt: Sicher unterwegs zu sein, ist für die Befragten das mit Abstand wichtigste Kriterium für gelungene Mobilität. Insgesamt wird über die einzelnen Themenblöcke hinweg deutlich, dass sich die Einstellungen der Befragten je nach Altersgruppe unterscheiden. So stehen jüngere Befragte dem intelligenten Fahren und innovativen digitalen Mobilitätsmodellen offener gegenüber. Hinzu kommt, dass für die Jüngeren nachhaltige Mobilität eine größere Rolle spielt. Zudem gibt es deutliche regionale Unterschiede. So haben die Bewohner städtischer Regionen generell mehr Möglichkeiten, ihre Mobilität auch unabhängig vom Auto flexibel zu gestalten und ihren persönlichen Wünschen und Prioritäten anzupassen. In ländlichen Regionen besteht zudem ein noch stärkerer Bedarf nach einem besser ausgebauten öffentlichen Nahverkehr als in der Stadt.
Dass der Ländliche Raum den mangelhaften Öffentlichen Personennahverkehr bemängelt ist verständlich. Denn dort wurden zuerst Schienenstrecken stillgelegt, dann folgten die Busverbindungen und schlussendlich konnten die Bewohner in kleineren Orten und den Randgebieten der größeren Städte nur mit dem eigenen PKW ihre Besorgungen erledigen. So kamen und kommen sie nicht in den Genuss des preiswerten Reisens. Und wenn sie dann am Flughafen, Bahnhof oder Hotel ankommen, werden ihnen auch noch hohe Parkgebühren auferlegt.
Ob die Lösung für Deutschland die kostenfreie Nutzung des Öffentlichen Personenverkehrs wie in Luxemburg wäre, ist sicherlich charmant zu diskutieren. Doch schon bei einem drittklassigen Fußballspiel ist der Fuhrpark der regionalen Mobilitätsdienstleister überlastet. Die Deutsche Bundesbahn schafft es ja heute noch nicht, pünktlich zu sein. Und deren Fahrmaterial ist veraltet oder immer noch nicht einsatzbereit. Es bleibt die Hoffnung auf politische Anreize, sonst bleibt alles wie es ist.