Die Norweger sind ganz bescheidene Menschen. Sehr zurückhaltend. Nicht aufdringlich. Sie sind familienorientiert. Nachdem sie in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stark unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten gelitten haben, trat dann eine Kehrwende ein. Die Norweger wurden reich – von heute auf morgen. Nun gab es weder einen reichen Onkel in Amerika noch einen Goldesel wie im Märchen. Öl war die Macht, die Norwegen überschüttete.
So ein Reichtum landet meistens bei irgendeinem Konzern oder Oligarchen wie in Russland. Das hätte auch in Norwegen passieren können. Doch es gab aus der Mentalität und ihrem Familiensinn Frauen und Männer in der Politik, die einen anderen Weg einschlugen. Davon berichtet Clemens Bomsdorf. Er ist Journalist und Nordeuropa-Kenner und um sein im Campus-Verlag erschienenes Buch „So werden Sie reich wie Norwegen“ soll es an dieser Stelle gehen.
Fakten, Fakten
Bomsdorf ist Journalist. Seine Recherchearbeit zeichnet dieses Buch aus. Er beginnt bei den Anfängen des norwegischen Reichtums und zeigt die Entwicklung bis zu Beginn des Jahres 2020 auf. Mit allen Höhen und Tiefen. Sowohl in der politischen als auch in der wirtschaftlichen Entwicklung.
Bevor wir auf den weiteren Inhalt kommen, sollte ein Irrtum vorab geklärt werden: Es geht nicht darum, wie Sie reich wie Norwegen werden. Den dazu sind eine Ölquelle oder andere Rohstoffe erforderlich. Wenn Sie als Leserin oder Leser eine solche im Garten haben oder zum Beispiel notwendige Metalle für die Batterieentwicklung für die E-Mobilität. Nur zu. Beten Sie Ihre Quelle aus und dann werden Sie reich wie Norwegen. Da der Autor nicht von solchen glücklichen Umständen ausgeht zeigt er dem geneigten Leser und der geneigten Leserin, wie mit Sparen vom verdienten Geld ein klein wenig Reichtum auch für die abfallen kann, die ohne Ölquelle im Garten leben (müssen).
Die Norweger haben nach vielem hin und her die Erträge aus dem Ölreichtum in einen Staatsfond angelegt. Der Autor zeigt auf, wie Norwegen versucht, diesen Reichtum für die Allgemeinheit zu nutzen, also um reich zu bleiben und die negativen Auswirkungen des Ressourcen-Reichtums zu minimieren. Letzteres bekannt als die holländische Krankheit mit eigenem Wikipedia-Eintrag. Dazu muss das Land einen hohen jährlichen Geldzufluss ausserhalb Norwegens investieren, denn das Zeitalter der Nutzung fossiler Brennstoffe ist endlich.
Der Autor hat sein Werk in acht Kapitel aufgeteilt. Zuerst wird der Rahmen der Geldanlage abgesteckt, dann beschäftigt es sich in weiteren Kapiteln mit dem Ölfonds und leitet die norwegische Finanzformel her: Eine Methode für Privatanleger, die den selben Leitlinien folgt. Das heißt konkret, mit ETFs die Portfoliozusammensetzung des norwegischen Ölfonds nachzubilden, breit gestreut und passiv anzulegen, sowie eine Buy-and-Hold Strategie zu verfolgen. Der Autor lässt aber nicht nur Fachbegriffe einfließen, sonder er zeigt deren Bedeutung und Inhalte auf. Damit werden auch Unerfahrene am Ende des Buches mitreden können. Denn es geht auch um die konkrete Umsetzung: welcher Anlagemix, welcher ETF, wie kann man Nachhaltigkeit und Ethik berücksichtigen. Der Autor ist sich auch nicht zu schade, für die Anfänger zu erläutern, wie genau man ein Depot eröffnet und einen Sparplan aufsetzt.
Fazit
An den meisten Stellen ist das Buch lesefreudig; insbesondere für an dem Thema Interessierte. Wer Norwegen-Fan ist lernt die Hintergründe des Staatsfond zu erkennen. Und insbesondere, dass der norwegische Staat mit dem Fond nicht sein Defizit ausgleichen will, sondern Vorsorge für die Zukunft treffen möchte. Das iast nicht nur ein Beispiel für private Anleger, sondern könnte auch gut für viele Staaten weltweit zum Goldstandard dienen. Die Blaupause liegt vor. Ran ans Werk.
Erschienen im Campus Verlag.