Ist der Kunde König?

Was passiert eigentlich, wenn wir den Spieß einmal umdrehen und Lieferanten ihre Kunden bewerten, fragte luckx – das magazin im ersten Teil. Nun folgen die Ergebnisse einer Studie.

Ergebnisse

Kim, Anik und Cian machten in allen Bereichen die gleichen Feststellungen. Während sich die Menschen mehr oder weniger mit der Vorstellung anfreunden konnten, in irgendeiner Weise bewertet zu werden, neigten sie bei niedrigen Bewertungen – also Bewertungen, die ihrer Meinung nach nicht mit ihren Erwartungen oder Gefühlen in Bezug auf sich selbst und den Bewerter übereinstimmten – deutlich stärker dazu, schlecht zu reagieren und sich falsch zu verhalten.

In ihrer zweiten Studie, in der die Teilnehmer in die Rolle von „Kunden“ schlüpften und die als „Dienstleister“ agierenden Bewerter in irgendeiner Weise „bestrafen“ durften – zum Beispiel, indem sie ihnen eine schwierige oder unangenehme Aufgabe zuschrieben -, fanden die Forscher heraus, dass Kunden, die eine niedrige Bewertung erhielten, mit einer umwerfenden Wahrscheinlichkeit von 82 Prozent eine solche Bestrafung vornahmen.

Letztlich warnen die Autoren davor, dass Kundenbewertungssysteme nach hinten losgehen können. Noch schlimmer ist, dass die unüberlegte Umsetzung dieser Praktiken und die unzureichende Berücksichtigung der Risiken oder unbeabsichtigten Folgen dazu führen kann, dass die Mitarbeiter an vorderster Front in ein feindseligeres Umfeld mit den Endnutzern geraten – eine Gefahr, die wiederum zu einer deutlich höheren Mitarbeiterbindung und Fluktuation führen könnte.

Es gibt zwar starke Argumente für die Einführung von Zwei-Wege-Bewertungssystemen, aber sie sollten mit Vorsicht eingesetzt werden. Lyft zum Beispiel ist bei der Offenlegung seiner Kundenbewertungen selektiv: Nur die Kunden mit den höchsten Bewertungen bekommen ihre Punkte zu sehen. Das ist zwar ein interessanter Ansatz, aber die Forscher warnen davor, dass gewiefte Mitarbeiter versuchen könnten, den Prozess zu umgehen, indem sie allen Kunden gute Bewertungen geben, um Feindseligkeiten oder schlechte Ergebnisse zu vermeiden – etwas, das den Zweck der Kundenbewertung von vornherein untergräbt.

Zwei-Wege-Bewertungssysteme können den Unternehmen wertvolle Daten liefern, die ihnen helfen, Entscheidungen zu treffen und das Wohlergehen der Mitarbeiter zu schützen. Sie können aber auch unbeabsichtigte, negative Folgen haben, wenn sie unbedacht eingesetzt werden. Bei Kunden-Rankings sollte in erster Linie der Grundsatz „caveat venditor“ gelten: Der Verkäufer soll sich vorsehen.

Fazit?

Doch was wäre tatsächlich das Ergebnis, wenn Vermieter einmal die Messis oder nicht zahlende Mieter öffentlich werden lassen; was wäre, wenn Online-Händler, die von Kunden ständig Retouren gebrauchter Bekleidung erhalten, auf ihrer Internet-Seite veröffentlichen? Oder was wäre, wenn Handwerker auf die Bezahlung ihrer Rechnungen monatelang warten müssen und diese Kunden sich mit ihrem Namen und Adresse im Web wiederfinden? Sicherlich, für einen Unternehmen gibt es Finanzdienstleister wie Creditreform, die Auskünfte – gegen Geld – erteilen. Doch diese Kosten scheuen viele Unternehmen und das müssen alle Kunden mitbezahlen. Wenn also Händler Kunden bewerten, würden andere Händler bei positiven Bewertungen diese Kunden bevorzugt beliefern. Wäre das so schlecht? Denn andersherum funktioniert es ja auch.