Wer das Sparverhalten der Bundesbürger während der Pandemie beobachtet hat, wird irritiert diese Zeilen lesen. Denn tatsächlich gibt es Armut in Deutschland. Trotz über 10 Jahre wirtschaftlichem Aufschwung. Und das betrifft nicht nur die Pfandflaschensammler in den Großstädten, wie luckx – das magazin erfuhr.
Altersarmut
Die Altersarmut trifft immer mehr alte Menschen. Nach Auswertung zum Bezug der Grundsicherung in Deutschland wird klar, dass Ende 2020 so viele Senioren auf die Leistung angewiesen waren wie noch nie. Ob die Rente bis zum Monatsende reicht? Womit soll die nächste Miete bezahlt werden? „Mit diesen Fragen müssen sich viele Senioren in Deutschland auseinandersetzen“, befürchtet Sven Thieme, Geschäftsführer von Competent Investment aus Dresden.
Als Rentner Pfandflaschen zu sammeln und keinen würdevollen Ruhestand zu genießen, ist eine schlimme Vorstellung. Für manche ist sie bittere Realität geworden. Allein in Deutschland gelten 20% der Bevölkerung als arm oder von sozialer Ausgrenzung betroffen. Allerdings ab wann gilt man statistisch als arm? Wer als Single weniger Netto als 781 Euro zur Verfügung hat, gilt als arm. Dies besagt die „europäischen Definition von Einkommensschichten“, die auf Basis des Median-Einkommens, inklusive aller Sozialleistungen, errechnet wird. Das Durchschnittseinkommen für Singles betrug dieses Jahr zum Erhebungszeitraum 1.301 Euro. Wer weniger als 14.109 Euro im Jahr verdient, gilt in Deutschland als armutsgefährdet. Es wird von einer Armutsgefährdungsschwelle gesprochen, wenn das Nettoeinkommen unter 60 Prozent des Durchschnittseinkommens liegt. Umgekehrt gelten Menschen als reich, wenn sie als Alleinstehende mehr als 3.418 Euro netto zur Verfügung haben.
Wer ist von der Altersarmut bedroht?
Neben den zahlreichen über 65-Jährigen sind besonders Frauen von der Altersarmut bedroht. Einerseits verdienen sie bei gleicher Arbeit oft weniger, andererseits haben sie durch Schwangerschaft und Kindeserziehung Auszeiten genommen oder in Teilzeit gearbeitet. Aus diesen Gründen erhalten viele Frauen nur rund 60 Prozent der Rente, die Männer bekommen. Dazu gehören aber auch Personen, die häufig arbeitslos sind oder Jobs mit niedrigem Einkommen ausüben – so reduzieren sich die Rentenansprüche. Vor allem Arbeitnehmer mit Niedriglöhnen können kaum in ihre gesetzliche, geschweige denn private Altersvorsorge einzahlen. Hinzu kommt, dass viele Arbeitnehmer aufgrund von physischen oder psychischen Erkrankungen früh mit der Arbeit aufhören müssen. So liegt das Armutsrisiko bei den 65-Jährigen und Älteren derzeit bei 15,6 Prozent. Das sind rund 2,6 Millionen Rentner, die den Kampf gegen die Armut führen. Dabei sind eine halbe Million Rentner auf die Grundsicherung im Alter angewiesen.
Zahlreiche Experten prognostizieren, dass die Zahl der armutsbedrohten Rentner zunehmen wird, obwohl die Altersarmut im Vergleich zur Gesamtbevölkerung noch als niedrig eingeschätzt wird. „Zahlt man derzeit in die Rentenversicherung ein, investiert man nicht in seine Zukunft, sondern finanziert derzeitige Senioren“, konstatiert Thieme. Der demografische Wandel macht das Prinzip zunichte und sorgt dafür, dass immer weniger Erwerbstätige auf einen Rentner kommen – doch diese sollen die Rente der Senioren bezahlen. Beispielsweise kamen 2015 nur 2,1 Erwerbstätige auf einen Rentner. Experten betonen auch hier, dass die Zahl künftig weiter sinken werde. Hinzu kommt, dass bei Versicherung und Sparkonten mit historisch niedrigen Zinsen gerechnet werden muss.
Was schützt vor Altersarmut?
Die Altersarmut ist eines der drängendsten Probleme des Landes. Doch anscheinend setzen immer noch viele Menschen auf die nicht passende Geldanlage und steuern so geradewegs in die Armut. Doch das gute ist, dass man etwas gegen das Problem tun kann. Ratsam sei es immer, so früh wie möglich mit der privaten Altersvorsorge zu beginnen.
Dazu gehört die betriebliche Altersvorsorge. Bei dieser handelt es sich um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, wird aber auch oftmals vom Arbeitnehmer selbst finanziert. Dabei soll ein Teil des Gehalts direkt in eine private Rentenversicherung fließen. Das Geld ist zwar entweder intern oder extern in einer Direktversicherung sicher angelegt. Die Betriebsrente im Alter muss aber noch zusätzlich versteuert werden.
Heutzutage ist das Anlegen an der Börse noch nie so einfach gewesen. Damals musste man noch zu seinem Banker, um an der Börse sein Geld anzulegen, heute reichen ein paar Klicks am Computer oder Smartphone dafür aus. Zusätzlich ist der Einstieg an der Börse so günstig wie noch nie. Verschiedene Anbieter bieten kostenlose Depots und ETF-Sparpläne an. Durch diese kann man einfach ein weltweites und lukratives Portfolio aufbauen. Historisch gesehen können Anleger mit einer durchschnittlichen Rendite von 7 Prozent im Jahr rechnen. Auf diese Weise können Anleger mittels der Börse etwas Sinnvolles gegen die Altersarmut tun.
Wer der Altersarmut selbst den Kampf erklären möchte, kann unter anderem eine Lebensversicherung abschließen. Dabei wird die Laufzeit und die Höhe der Versicherungsnummer nach einer Gesundheitsprüfung festgelegt. Endet die Laufzeit der Lebensversicherung, wird dem Kunden die Summe ausgezahlt.
Dabei haben Versicherte die Möglichkeit, die Summe wie eine Rente in monatlichen Auszahlungen zu erhalten. So können Menschen die gesetzlichen Rentenzahlungen aufstocken und dadurch jeden Monat mehr Geld zur Verfügung haben.
Darüber hinaus betonen viele Experten, dass sich auch physischen Investitionen wie Gold und Silber lohnen können. Auch Bausparverträge werden von Banken, Bausparkassen und Maklern gerne für die Altersvorsorge angeboten.
Doch das alles nützt aktuell den pfandflaschensammelnden Senioren nichts. Denn der hat ja anscheinend die Chance verpasst, das Pfandgeld an der Börse zu platzieren. Um in der Zukunft vorzusorgen, sollte endlich mehr Praxis zum Beispiel in den Schul- und Universitätsalltag einziehen. Denn noch immer verlassen Schülerinnen und Schüler ihre Ausbildungsstätte, ohne in diesem Punkt vorbereitet zu sein. Vertragswesen, Versicherung, Kredite, Bankgeschäfte, Insolvenz sind Wissenslücken, die dringend geschlossenen werden müssen. Ob dazu die aktuelle Lehrerausbildung ausreichend ist, lässt sich aber bezweifeln.