Reiseverhalten

Nun lässt sich ja vortrefflich darüber diskutieren, ob Reisen nachhaltig ist oder die Umwelt schädigt. Je nach Weltanschauung und politischer Ansicht wird das Reisen als Umweltsünde oder als demokratische Errungenschaft betrachtet. Natürlich ist es richtig, dass auch Menschen mit kleinem Geldbeutel reisen können, wie luckx – das magazin meint.

Reisen und Umweltschutz

Laut Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) trägt der Tourismus rund 10 % zum globalen Bruttoinlandsprodukt bei, 7 % aller globalen Exporte gehen auf das Konto der Reisewirtschaft und über 10 % aller Jobs werden der Touristik zugeordnet. Dabei sind viele Länder noch deutlicher größer vom Tourismus abhängig, als diese Durchschnittszahlen zeigen. Die Branche ist groß – und hat aber auch spürbaren Einfluss auf die Umwelt: Rund 5 % der weltweiten Kohlenstoffdioxid-Ausstöße sind dem globalen Tourismus zuzurechnen.

Eine Umweltbewusstseinsstudie des Deutschen Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2020 hat ergeben, dass Umwelt- und Klimaschutz für 65 % der Deutschen ein sehr wichtiges Thema ist. Über 77 % sehen in menschlichem Handeln eine Hauptursache des Klimawandels. Laut der Global Consumer Survey (GCS) von Statista, einer globalen Umfrage in mehr als 55 Ländern mit bis zu 60.000 Befragten pro Land, hat der Klimawandel Einfluss auf das Reiseverhalten von 65 % aller Touristen in Deutschland.

Verbraucher sind sich dem Verkehrsproblem bewusst

Dem UNEP zufolge fallen drei Viertel aller globalen CO2-Emissionen des Tourismus durch Transport und Verkehr an. Der Großteil dieser CO2-Emissionen geht auf den Flugverkehr (40 %) sowie die Autonutzung (32 %) zurück. Nur ein kleiner Teil (3 %) entsteht bei Bahn- und Busreisen. In Deutschland stieß eine Flugreise im Inland bei der durchschnittlichen Auslastung 2019 (Bezugsjahr 2019 zur Eliminierung von Effekten der Covid-19-Pandemie) 214g Treibhausgase pro Personenkilometer aus – fast 40 % mehr als ein PKW (154g pro Personenkilometer bei einer Auslastung von 1,4 Personen/PKW) und fast 638 % mehr als eine Fernreise mit der Bahn (29g pro Personenkilometer).

Die aktuelle Befragung zeigt nun, dass den deutschen Reisenden der Umwelteinfluss des Verkehrsmittels bereits bewusst ist: Bei der Frage nach Verhaltensänderungen aufgrund des Klimawandels gehört die Vermeidung von (Langstrecken-)Flügen zu den meistgegebenen Antworten.

Ein kompletter Reiseverzicht aus Nachhaltigkeitsgründen erweist sich hingegen als Seltenheit. Von den befragten Deutschen, die 2022 keine Reise planen, nannten lediglich 6 % den Umweltschutz als Grund. Die Bedrohung durch den Klimawandel hemmt demnach nicht die generelle Reiselust, sondern beeinflusst potenziell die Art und Weise, wie Urlaub gemacht wird.

Und obwohl 24 % der Reisenden aus Deutschland in der Studie angegeben haben, in der jüngeren Vergangenheit bereits Pläne für Auslandsreisen aus Umweltgründen geändert zu haben, stehen diese auch 2022 hoch im Kurs. 70 % der Deutschen, die für dieses Jahr eine Reise geplant haben, möchten dabei (auch) über die eigenen Landesgrenzen hinaus. Erst im Nachgang wird sich zeigen, ob die erwähnten Verhaltensänderungen der Reisenden aktiv umgesetzt werden und tatsächlich sichtbar auf (Langstrecken-)Flüge oder Fernreisen verzichtet wird.

Nachhaltigkeit ist der Lösungsansatz

Sowohl für das In- als auch das Ausland gilt jedoch: Nachhaltige Reisemöglichkeiten sind vielfältig. Allgemeingültige Aussagen über Pauschalreisen, All-inclusive-Hotels oder „Billigreisen“ lassen sich nicht treffen. Neben dem gewählten Verkehrsmittel gibt es weitere Aspekte, die die Nachhaltigkeit einer Reise beeinflussen und im Fokus der Touristen stehen. So ist z.B. 48 % der deutschen Reisenden Müllvermeidung während eines Urlaubes wichtig, 40 % legen Wert auf einen sparsamen Umgang mit Ressourcen (wie Energie und Wasser) und 39 % wünschen sich eine faire Bezahlung des Personals am Urlaubsort. Und klar ist, dass auch noch so kleiner Schritt in Richtung Nachhaltigkeit zählt. So kann durchaus auch eine All-inclusive-Anlage verantwortlich und nachhaltig geführt werden, wenn sie beispielsweise ein Müll- und Wassermanagement vorweist, nachhaltige Energie und lokal produzierte Lebensmittel nutzt und auch die Angestellten aus der Region kommen – das Management sollte aber dahinterstehen. Heute heißt es nicht mehr entweder oder. Reisende können sich immer mehr für Nachhaltigkeit entscheiden ohne an der Preisschraube zu drehen. Denn Nachhaltigkeit ist eine Investition in die Zukunft.

Politik und Reiseanbieter müssen handeln

In der Studie fordern 92 % der Reisenden in Deutschland von Politik und Anbietern Maßnahmen, um das Urlauben umweltfreundlicher zu gestalten. Sowohl für Reisende aus den USA als auch aus Großbritannien spielen die Zertifizierung umweltfreundlicher Resorts sowie die Bereitstellung von Informationen rund um den Umwelteinfluss der Reise eine große Rolle. In Deutschland erscheint das Verbot von Privatflugzeugen sehr weit oben auf der Maßnahmenliste (28 %, Platz 1), im Vergleich zu 19 % (Platz 4) in Großbritannien und 11 % (Platz 9) in den Vereinigten Staaten. Einig sind sich die Touristen aller Länder, dass Handlungsbedarf vor allem in der Forschung (aggregiert: 23 %) und dem Investment (aggregiert: 24 %) in umweltfreundlichere Transportmöglichkeiten besteht.