Welche Farbe hat der nächste Winter?

Modemessen haben ein ganz eigenes Klientel. Einkäufer aus Kaufhäusern, Boutique-Besitzern, Designern, Models und natürlich Journalisten, die darüber berichten. Die konfektionelle Ausstattung ist bunt gemischt: von Jeans und T-Shirt bis Anzug mit zu kurzer Hose, von dezent bis bunt ist alles dabei. Da stellt sich dann beim geneigten Betrachter die Frage, wo eigentlich die Modemesse stattfindet: auf den Ständen oder den Gängen?

Während der Berliner Fashion Week ging es bunt zu. Ob die Modefarbe für den nächsten Winter – es soll braun in allen möglichen Tönen werden – auf allgemeines Hurra stößt, bleibt abzuwarten. Doch vielleicht ließen sich die Modeschöpfenden von der parallel zur Modewoche startenden Grünen Wochen inspirieren. Denn auch hier findet ein Wandel statt: mehr Rücksichtnahme auf den Boden, unsere Erde. Wie wir aus der Schulzeit und vielleicht aus dem eigenen Garten wissen, ist braun in allen Nuancen dort zu finden. So könnte ein Zusammenhang – wohl gemerkt weit hergeholt – bestehen.

Im Gegensatz zur Modebranche haben die Bauern schon erkannt, dass sie nur eine Erde haben. Es scheint so, dass der Bauernpräsident mit den Öko-Bauern deshalb eine Gesprächsgrundlage finden könnte. Das könnte der Produkt-Qualität nur gut tun. Ob die Lebensmittelindustrie in den Bauernpakt einsteigt, bleibt abzuwarten.

Doch zurück zur Mode. Vom Mode-Fachhandel – insbesondere von den Boutiquen – wird eine hohe Qualität erwartet. Die höheren Preise im Vergleich zu den Mode-Discountern lassen sich nicht nur auf das Design zurückführen. Denn hier ziehen alle Discounter mit den Fachhandel gleich auf. So schauen viele Kunden vor dem Kauf auf das Etikett, weil sie wissen möchten, was drin ist und woher es kommt. Verkäuferinnen und Verkäufer müssen heute mehr Fragen zu Details beantworten. Kunden erwarten klare und sachlich richtige Informationen. Wo Langlebigkeit vermittelt werden soll, darf hohe Qualität nicht zu kurz kommen.

So etwas ist von der Modeindustrie schwer zu erfüllen. Waren es vor Jahrzehnten zwei Kollektionen – Frühjahr/Sommer und Herbst/Winter – die den Kunden offeriert wurden, so werden heute monatlich bis 14-tägig neue Kollektionen auf den Ständer gehängt. Das Fatale daran ist, dass ein großer Teil davon überhaupt nicht verkauft wird. Nach Expertenangaben werden 30% der Produktion vernichtet. Weil zu viel. Und zu billig (produziert)? So sollen die Produktionskosten einschließlich Transport aus Fernost bis nach Europa bei manchen Bekleidungsstücken unter einem Euro liegen. Da ist von Nachhaltigkeit nichts zu erkennen.

Nun werden wir alle als Verbraucher immer wieder an den Pranger gestellt, wir würden über unser Marktverhalten schon die richtigen Entscheidungen treffen und entsprechende Produkte kaufen. Ja, tun wir. Doch haben wir die richtigen Angebote, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort? Auch wenn das Internet uns vermitteln soll, den besten Überblick über das weltweite Angebot zu bekommen, so sind die Ergebnisse auf Suchanfragen so umfassend, dass wir tagelang mit der Auswahl beschäftigt wären.

Vielleicht ist ein anderer Weg möglich. Mit Slow Fashion in Anlehnung an Slow Food – wo wir wieder bei der Landwirtschaft angekommen wären – könnte vielen geholfen werden: Mode ohne schnelles Verfallsdatum. Angekommen scheint diese Bewegung schon im Mainstream. Mode die länger als eine Saison aktuell ist und kritische Kunden anspricht. Da wird wohl auch die Geldbörse geöffnet.

Ach ja, wer den Modetrend im nächsten Winter aus dem Weg gehen möchte, sollte sich noch mit der aktuellen Ware eindecken. Denn Pantone als ein international verbreitetes Farbsystem hat für 2020 „Classic blue“ als Farbe des Jahres erwählt. Da geht doch was.