Haben wir Jodmangel?

In den 60-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts machte eine Tiernahrungsmarke auf sich aufmerksam: Trill mit ihren Jod S-11 Körnchen. Was dahinter steckte, wurde erst viel später aufgeklärt. Gezeigt wurde ein tot auf dem Boden liegender Vogel seines Käfigs. Die Auflösung war recht simpel: S-11 ist einfach eine Abkürzung für „Sonnenschein-Körnchen“. Nach dem „S“ folgen noch 11 Buchstaben. Wie ist es beim Menschen? Sollte er auch S-11 Körner schlucken?

Gesundheitsvorsorge

Wichtig ist ein gesunder Lebensstil. Dazu gehört auch eine ausgewogene jodreiche Ernährung, zu der unter anderem Fisch, Milchprodukte und Jodsalz gehören. Anlässlich des Weltgesundheitstages am 7. April weist Professor Dr. Roland Gärtner, Vorsitzender des Arbeitskreises Jodmangel e.V. (AKJ) auf den Einfluß von Jod auf die Schilddrüsenfunktion hin: „Jeder sollte etwas für die Gesundheit seiner Schilddrüse tun.“ Auch Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen, so der Internist und Endokrinologe von der Universität München weiter, sollten keinesfalls vollständig auf Jod verzichten.

Jod ist ein lebensnotwendiges Spurenelement

Der tägliche Jodbedarf liegt bei Erwachsenen mindestens bei etwa 100 Mikrogramm. Die Empfehlungen von 200 Mikrogramm Jod am Tag von Fachgesellschaften, wie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, liegen bewusst höher und schließen verschiedene Sicherheitszuschläge ein. Als unverzichtbarer Bestandteil der Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) steuert Jod unter anderem den Energiestoffwechsel, Herzrhythmus, Blutdruck, das Wachstum und die Gehirnentwicklung. Das strikte Meiden von Jod ist somit nicht sinnvoll – auch nicht bei Schilddrüsenerkrankungen – und kann für den Körper zum Problem werden.

Jodzufuhr bei Schilddrüsenerkrankungen

Die Schilddrüse kann an einer Über- oder Unterfunktion (Hyper- oder Hypothyreose) erkranken. Das Schmetterlingsorgan produziert dann entweder zu viel oder zu wenig Hormone. Bei Schilddrüsenüberfunktionen durch Morbus Basedow, einer Autoimmunerkrankung, oder heiße Knoten, die meist durch einen jahrzehntelangen Jodmangel ausgelöst werden, ist eine Jodzufuhr in Höhe der Empfehlung von 200 Mikrogramm am Tag unbedenklich. Die Jodaufnahme über die Ernährung erfolgt beispielsweise in Form von Seefisch, Meeresfrüchten, Milch und Milchprodukten oder Jodsalz. Lediglich auf eine erhöhte Jodzufuhr (über 300 Mikrogramm pro Tag) zum Beispiel über Jod- und Algentabletten sowie algenhaltige Speisen, wie Sushi, sollte dann aber verzichtet werden. Dies gilt auch für Schilddrüsenunterfunktionen aufgrund einer Autoimmunthyreoiditis (Hashimoto-Thyreoiditis) oder nach einer Operation der Schilddrüse.

Bei Patienten mit einer Schilddrüsenvergrößerung (Kropf, Struma), deren Ursache meist ein Jodmangel ist, steht dem Verzehr von jodhaltigen Nahrungsmitteln sowie Jodsalz nicht nur nichts entgegen. Im Gegenteil, hier wäre eine angemessene Jodversorgung mit zusätzlich jodreichen Speisen wie Algen oder auch Jodtabletten sinnvoll, speziell in jungen Jahren.

Ausreichende Jodversorgung in Schwangerschaft und Stillzeit

Besonders kritisch ist die Fehlinformation, Frauen müssten aufgrund ihrer Autoimmunthyreoiditis während der Schwangerschaft und in der Stillzeit auf Jod verzichten. Eine ausreichende Jodzufuhr ist unabdingbar für die optimale Entwicklung von ungeborenen Kindern und Säuglingen, und verstärkt die Autoimmunthyreoiditis der Mutter nicht. In der Schwangerschaft und Stillzeit sollten deshalb auch Frauen, bei denen eine Autoimmunthyreoiditis diagnostiziert wurde, ab der zwölften Schwangerschaftswoche Jodtabletten zur optimalen Versorgung des Kindes einnehmen. Nur bei einer akuten, ausgeprägten Schilddrüsenüberfunktion sollte keine Einnahme von Jodsupplementen erfolgen, da diese die überschießende Schilddrüsenhormonproduktion eher fördert. Da Frauen mit Schilddrüsenüberfunktion meist nicht schwanger werden, entstehen bei etwaiger geringerer Jodzufuhr keine Probleme. Das bedeutet aber nicht, dass eine Überfunktion mit Jodverzicht behandelt werden sollte, sondern durch einen Arzt entsprechend der nationalen und internationalen Leitlinien.