Vielleicht leben wir in Deutschland wie auf einer Insel der Glückseligen. Zwar kommt diese Ortsbezeichnung aus der griechischen Mythologie und soll ausgewählten, unsterblichen Helden als Aufenthaltsort dienen. Doch, wie in allen Mittelmeerstaaten, sind die Strände auch in Griechenland voller Müll. Nun gibt es aber Veränderungen. So hat die griechische Regierung den Verkauf und die Nutzung von Plastiktüten drastisch eingeschränkt und weitere Einschränkungen beschlossen. Wir Glückseligen haben es uns aber einfach gemacht und exportieren den Plastikmüll nach Südostasien. Dort wird der Müll in Deponien gelagert – meist in Meeresnähe. Vom Winde verweht landet er dann meistens im Meer. Zwar ist der Müll vorerst weit weg. Doch wie wir wissen, gibt es riesige Strudel im Meer, die sich über die ganze Welt verteilen. Deshalb ist nicht auszuschließen, dass wir bald auch in unseren heimischen Meeren wieder mit dem Müll konfrontiert werden. Vom Winde verweht – vom Meer zurückgespült.
Wir machen uns Sorgen
Der Zustand der Weltmeere stimmt den Großteil der Deutschen sorgenvoll, so machen sich 8 von 10 Befragten (78 Prozent) Sorgen um den Zustand der Ozeane. Die Problemsensibilität nimmt dabei mit steigendem Alter stetig zu: Während sich 69 Prozent der 18- bis 24-Jährigen um den Zustand der Ozeane sorgen, sind es bei den 55- bis 69-Jährigen 84 Prozent. Zudem erwartet die Mehrheit der Befragten (55 Prozent), dass sich der Zustand der Meere in den nächsten zehn Jahren verschlechtern wird, nur eine Minderheit (12 Prozent) erwartet Verbesserungen in diesem Zeitraum. Dies sind die Ergebnisse einer repräsentativen Online-Studie des SINUS-Instituts in Zusammenarbeit mit YouGov, für die 2.063 Personen zwischen 18 und 69 Jahren befragt wurden.
Keine Änderung durch Corona
Auch wenn derzeit die Corona-Krise das bestimmende Thema in Politik und Medien ist: Für 73 Prozent der Befragten ist der Zustand der Weltmeere aktuell gleich wichtig wie vor der Pandemie, für weitere 10 Prozent ist das Thema sogar wichtiger als vor Beginn der Corona-Krise. Aufgrund des Corona-Virus und der verhängten Kontakt- und Reisebeschränkungen hat knapp ein Drittel (30 Prozent) der Deutschen einen Urlaub am Meer storniert oder verschoben, 16 Prozent der Befragten halten an ihrem Vorhaben fest und werden trotzdem einen Urlaub an einem Meer machen. Die meisten Deutschen (48 Prozent) hatten jedoch ohnehin keine Pläne für einen Urlaub am Meer.
Die größten Umweltprobleme
Gefragt nach den drei größten Umweltproblemen im Meer, geben knapp vier von fünf Deutschen (77 Prozent) Plastik in Ozeanen (z.B. Mikroplastik oder Plastikmüll) als eins der größten Probleme an. Mit deutlichem Abstand folgen der Klimawandel (38 Prozent) – da dieser einen Anstieg der Wassertemperatur und des Meeresspiegels zur Folge hat – und die Zerstörung von Korallenriffen und anderen Lebensräumen im Meer (31 Prozent).
Änderung des Konsums
Diese ausgeprägte Problemwahrnehmung spiegelt sich auch im Alltagsverhalten der Deutschen wider. „Fast acht von zehn Deutschen spielen mit dem Gedanken, ihr Konsumverhalten zur Reduzierung von Plastikmüll in den Weltmeeren zu ändern. Die grundsätzliche Bereitschaft der Verbraucher für eine Verhaltensänderung ist folglich gegeben“, sagt Philipp Schneider, Head of Marketing bei YouGov. „Im Alltag zeigt sich allerdings auch, dass Verhaltensänderungen ohne Unterstützung entsprechender Angebote schwerfallen. Unternehmen sollten in diesem Kontext die Bedürfnisse der Verbraucher genau erfassen, um diese mit passenden Angeboten und Initiativen an sich zu binden und gleichzeitig zum Schutz der Weltmeere beizutragen.“
Bereitschaft zur Änderung
Betrachtet man die Ergebnisse differenzierter nach dem Gesellschaftsmodell der Sinus-Milieus zeigt sich, dass die Bereitschaft zur Verhaltensveränderung in der Bevölkerung deutlich variiert – allerdings auf hohem Niveau von mindestens 72 Prozent. „Das Problembewusstsein ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und bei hochgebildeten, postmateriell orientierten Menschen stark ausgeprägt“, fasst Manfred Tautscher, Geschäftsführer des SINUS-Instituts, zusammen. Besonders hoch ist der Anteil im Milieu der Sozialökologischen; 88 Prozent dieser Gruppe wollen ihr Konsumverhalten wahrscheinlich ändern, um Plastikmüll in den Weltmeeren zu reduzieren. „Das liegt am generell stark ausgeprägten ökologischen und sozialen Gewissen dieser engagierten gesellschaftskritischen Gruppe“, erläutert Tautscher. Die Reduktion von Plastikmüll beschäftigt auch die gesellschaftliche Elite der Zukunft: 83 Prozent im Milieu der Expeditiven wollen ihren Konsum künftig entsprechend ändern. Das sind Menschen, die stark individualistisch geprägt sind und sich als urbane, kreative und kulturelle Avantgarde verstehen. Vergleichbar hohe Absichten äußert auch das Milieu der Adaptiv-Pragmatischen (83 Prozent), die moderne junge Mitte der Zukunft.
Fakten statt Mythen
Die Vermüllung der Meere ist die Folge der sehr langsamen Zersetzung des Mülls im Wasser. Im Durchschnitt schätzen die Deutschen, dass 163 Jahre vergehen, bis eine Plastikflasche im Wasser vollständig abgebaut ist. Fakt ist aber, dass sich eine Plastikflasche erst nach 450 Jahren aufgelöst hat. Das hat der Naturschutzbund Deutschland (NABU) in einer Studie 2018 veröffentlicht.
Bezogen auf den Zustand der Weltmeere sind unsere österreichischen Nachbarn hoffnungsloser als die Deutschen: Während 63 Prozent der Österreicher denken, dass der Zustand in den nächsten zehn Jahren schlechter wird, erwarten dies nur 55 Prozent der Deutschen. Das hat INTEGRAL Marktforschung, der österreichische Partner des SINUS-Instituts, herausgefunden. Die Sorge um den generellen Zustand der Ozeane ist in beiden Ländern ähnlich stark (Österreich: 76 Prozent vs. Deutschland: 78 Prozent). Ebenso versuchen Österreicher und Deutsche in gleichem Maße darauf zu achten, im Alltag Plastik möglichst zu vermeiden (Österreich: 80 Prozent vs. Deutschland: 79 Prozent).
Über die Studie:
Die verwendeten Daten beruhen auf einer Umfrage von YouGov, für die 2.063 Personen zwischen dem 05. und 11. Mai 2020 mittels standardisierter Online-Interviews befragt wurden. Die Ergebnisse sind gewichtet und repräsentativ für die deutsche Bevölkerung zwischen 18 und 69 Jahren