Nun dauert dieses Auf und Ab schon mehrere Stunden. Doch schon jetzt stellt sich heraus, dass die Streckenteilung richtig war, wie schon im ersten Teil beschrieben wurde. Zuerst nur bis Litochoro und dann dem Weg durch den Wald nach Prionia zu folgen. Am Hang entlang, dann mal durch ein Tal. Wieder bergauf, dann bergab. Das Rauschen eines Flusses folgend und irgendwann führt eine Brücke darüber. Insgesamt sollen sieben Brücken den Fluss queren. Sieben Brücken? Der Gedanke kommt auf, ob sich die Bandmitglieder von Karat davon inspirieren ließen. Doch das kann nicht sein. Wie sollten sie aufgrund des Reiseverbots während der DDR-Zeit nach Griechenland kommen? Auf welche Gedanken Menschen beim Wandern kommen! Da zeigt sich, dass Wandern den Kopf für viele Dinge frei macht. Aber auch Zeit bietet, über vieles – auch Blödsinn – nachzudenken.
Doch die Füße tragen weiter. Zwar bieten sich an einigen Stellen verschiedene Rastmöglichkeiten. So zum Beispiel eine kleine Kapelle unter einem Felsvorsprung für eine kurze Pause oder am Kloster, das gerade saniert wird. Jedoch gilt es erst einmal das Zwischenziel Prionia zu erreichen.
Der erste Teil auf dem Weg zum Olymp war eher ein „Kindergeburtstag“. Wer sich auf dem Weg von Litochoro nach Prionia begibt, ist im ersten Teil der Strecke meist allein unterwegs. Jedenfalls war es zum Zeitpunkt so, als der Autor dem Weg folgte. Zwar wurde ab und zu ein einsamer Wanderer oder eine einsame Wanderin angetroffen. Jedoch die meiste Zeit stiefelt er so vor sich hin. Da können die Gedanken einem freien Lauf folgen. Wer das Wandern auch zum „runterkommen“ nutzt, sollte schon mit guter Kondition und Trittsicherheit ausgestattet sein. Nicht, weil das auf dem Weg zum Olymp Voraussetzung wäre, sondern um das Wandern zu genießen. Wer vor sich hin stolpert oder aufgrund mangelnder Kondition sich dem Weg entlang quält, wird weniger Freude und Genuss beim Wandern verspüren. Doch das ist wieder eine andere Geschichte.
Zwischenziel Prionia
Der Weg ist nicht mit einer „Wanderautobahn“ in Deutschland vergleichbar. Eher mit einem Trail in den norwegischen Bergen. Denn auch dort geht es über Stock und Stein sowie durchfeuchteten Untergrund. Zwar müssen keine reißenden Flüsse durchquert werden, aber hin und wieder fließt Wasser über Steinstufen und macht diese glatt und rutschig. Auch wenn die hohen Bäume viel Schatten bieten, so darf trotzdem nicht vergessen werden, dass wir uns in Griechenland befinden. Da kann in Shirt und kurzer Hose gewandert werden. Meistens jedenfalls. Doch die Temperaturen sind deutlich höher als im Herbst in den Harzer Wäldern. Deshalb muss genug getrunken werden. Die Versorgung mit Wasser stellt dabei kein Problem dar. Überall befinden sich kleine Wasserläufe, wo schnell eine Flasche gefüllt werden kann. Da es sich – wie schon geschrieben – um einen Nationalpark handelt und nur ein Weg „nach oben führt“, sollte keine Wasserverschmutzung vorhanden sein. Doch garantieren lässt sich das nicht.
Zurück in der Zivilisation
Nach etwa 12 Kilometer und viereinhalb Stunden Wanderzeit ist Prionia erreicht. Einschließlich Pausen ist das eine akzeptable Zeit um auch den Rest der heutigen Tagesetappe in Angriff zu nehmen. Bevor es dazu kommt, sollte der Rucksack erleichtert und der Körper mit ausreichend Nahrung versorgt werden. Da es in Prionia eine Taverne gibt, ist die Versorgungslage auch bei leerer Brotdose gesichert. Doch die eigene Brotdose liefert noch genug „Stoff“ und der Inhalt sollte bis zum Tagesziel Spilios Agapitos reichen.
Bis Prionia waren 800 Höhenmeter zu bewältigen. Durch das ständige Auf und Ab müssen es wohl mehr gewesen sein. Doch das erscheint eher unwichtig. Hier geht es ja nicht um Datenverarbeitung, sondern um Freude an der Natur und sportlicher Bewegung.
Wer ein wenig Zeit in Prionia verbringt, kann erfahren, mit welchen Leute er den kommenden Abend auf der Hütte verbringen wird – oder muss. Auch erfährt er, welche Gesellschaft ihm erspart bleibt. Das sind die Wanderer, welche von oben kommend zu ihren Fahrzeugen streben. Doch nicht nur das. Prionia ist anscheinend auch ein beliebter Ausflugsort. Denn, wie schon mitgeteilt, ist auch die Fahrt mit dem Auto dahin möglich. Die Straße ist aber nicht im besten Zustand, sondern eher ein Feld- und Gebirgsweg. Neben einer unasphaltierten Straßen ist mit Schlaglöcher zu rechnen.
Wie weit ist es noch?
Der Vorteil dieses letzten Tagesabschnitt ist: es geht nur noch bergauf. Auf den nächsten gut fünfeinhalb Kilometern ist mit mehr Belebung zu rechnen. Denn nun kommen auch die üblichen Olymp-Wanderer dazu. Gestartet in Prionia und voller Tatendrang möchten sie die rund drei stündige Wanderung ohne Probleme genießen. Doch 1.000 Meter Höhenunterschied müssen bewältigt werden. Drei Stunden: paah. Es wäre doch gelacht, wenn das nicht in Sneakers und leichtem Stoffbeutel zu bewältigen wäre. Na klar, geht. Aber wie? Nach einer Stunde erscheinen die ersten gequälten Gesichter. Nein, nicht von oben kommend. Das sind die Autofahrer aus Prionia. Mit leichtem Gepäck ohne entsprechende Erfahrung und Ausrüstung – dazu in einem weiteren Bericht etwas mehr – soll es auf den Olymp gehen. Doch schon jetzt sitzt der Schmerz tief. Die Schuhe geben nicht den notwendigen Halt, die Kordel des Stoffbeutels zieht an der Schulter und die Kondition wurde in den vergangenen Monaten auf das Niveau eines Couch-Potatoes angepasst.
„Solche Stöcke brauche ich jetzt“, schallt der Ruf eines geplagten Wanderers durch den Wald. Deutsche Wörter? Hier auf dem Berg? Fortsetzung
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