Es ist schon fast guter – ob guter sei dahingestellt – Brauch, kurz von der größten internationalen Sportartikel Messe ISPO in München, die Sportartikelindustrie in die Schmuddelecke zu stellen. Sicherlich, es ist nicht alles Gold was glänzt. Auch nicht im Sport. Denn dieser soll ja gerade unsere Gesundheit fördern und uns ein Leben lang fit halten. In der Vergangenheit nutzen Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) die Messe, um ihre politischen Forderungen durchzusetzen. Seien es die Arbeitsbedingungen, die Fasern, die Stoffe oder auch die Verwendung von Schadstoffen in der Produktion. Alles Dinge, die berechtigter Weise kritisiert werden. Doch diese Branche ist so klein, dass sich die NGOs mit geringem Engagement mehr Aufmerksamkeit erhofften. Bei anderen Messen wie zum Beispiel Mode und Bekleidung wären die NGOs sang- und klanglos untergegangen. Nun hat die Sache eine andere Dimension bekommen, da sich auch das Umweltbundesamt (UBA) beteiligt.
Besorgniserregende Stoffe
Im EU-LIFE Projekt AskREACH, an dem das Umweltbundesamt (UBA) beteiligt ist, wurden Sportartikel auf Schadstoffe getestet. Elf Prozent der untersuchten Produkte enthielten sogenannte „besonders besorgniserregende Stoffe“ (= SVHCs = Substances of Very High Concern), in einer Konzentration über 0,1 Prozent. SVHCs können z.B. krebserregend, hormonell wirksam oder besonders kritisch für die Umwelt sein.
82 Proben aus 13 europäischen Ländern wurden auf sogenannte „besonders besorgniserregende Stoffe“ (= SVHCs = Substances of Very High Concern) untersucht. Darunter fallen z.B. manche Weichmacher, Flammschutzmittel, Schwermetalle oder Alkylphenole. Getestet wurden Produkte wie Gymnastikbälle, Yogamatten, Hanteln, Springseile, Schwimmutensilien, Wasserflaschen oder Gymnastikschuhe. Dabei muss man wissen, dass dieser Sportartikelbereich extrem klein ist und durch Massenware aus China überschüttet wird.
Elf Prozent der untersuchten Produkte enthielten „besonders besorgniserregende Stoffe“ in einer Konzentration über 0,1%, wodurch sie unter die Auskunftspflicht gemäß der europäischen Chemikalienverordnung REACH fallen: Firmen müssen Verbraucherinnen und Verbraucher auf Anfrage über das Vorhandensein dieser Stoffe in ihren Produkten informieren.
Sieben getestete Produkte enthielten die Weichmacher DEHP oder DIBP. Verbraucherprodukte, die diese Stoffe in Konzentrationen über 0,1% enthalten, dürfen seit Juli 2020 in der EU nicht mehr neu in Verkehr gebracht werden. DIBP wurde in einer Konzentration von 41 % in einem Pilates-Ball und 35 % in einem Trainings-Ball gefunden. DIBP ist ein besonders besorgniserregender Stoff, weil es die Fortpflanzung beeinträchtigen und schädlich auf das Hormonsystem wirken kann. Weichmacher wie DIBP können aus den Erzeugnissen ausdünsten und in den menschlichen Körper gelangen. In einem Springseil wurden 2,6% kurzkettige Chlorparaffine gefunden, eine Stoffgruppe, die nur in Konzentrationen bis max. 0,15% in Erzeugnissen erlaubt ist. Ein Allergen, das als SVHC gilt, wurde in einer Konzentration über 0,1% in einem Tennisball und in einer Yogamatte gemessen. Die Testergebnisse werden den zuständigen Überwachungsbehörden zur Verfügung gestellt.
Keine der Firmen, bei denen die Produkte gekauft wurden, kam ihrer Auskunftspflicht gemäß REACH angemessen nach. Viele Unternehmen sind sich dieser Pflicht noch nicht ausreichend bewusst. Auch die von REACH vorgeschriebene Informationsweitergabe innerhalb der Lieferkette funktioniert bisher oft nur unzureichend. Im Projekt AskREACH arbeitet das Umweltbundesamt mit Partnern aus zahlreichen Ländern daran, die REACH Auskunftspflichten bei Firmen und in der Bevölkerung bekannter zu machen. Das Ziel: die Kommunikation über SVHCs in Verbraucherprodukten verbessern.
Scan4Chem
Mit der App Scan4Chem können Verbraucher und Verbraucherinnen Barcodes von Produkten scannen und mit wenigen Klicks eine Informationsanfrage an den Produktanbieter senden. Produktanbieter können die Anfragen einzeln beantworten oder ihre Informationen in die AskREACH Datenbank eingeben, so dass sie zukünftig in der App sofort zur Verfügung stehen. Der Erfolg der App hängt von der Mitwirkung der Verbraucherinnen und Verbraucher ab: Je mehr Anfragen über die App verschickt werden, desto eher werden Produktanbieter die Datenbank mit Informationen füllen und die App wird komfortabler. Die App funktioniert auch im Online-Handel.
Was können Hersteller und Händler tun?
Informieren Sie sich über Chemikalien in Ihren Produkten und geben Sie die Informationen über SVHCs in der Lieferkette weiter.
Ersetzen Sie SVHCs durch weniger schädliche Stoffe.
Informieren Sie sich über Ihre Pflichten gemäß EU Chemikalienverordnung REACH, z.B. beim deutschen REACH-CLP-Biozid Helpdesk oder bei der nächsten AskREACH Web-Veranstaltung.
Beantworten Sie jede Verbraucheranfrage zu SVHCs in Ihren Produkten.
Über die kostenlose AskREACH Datenbank und die App Scan4Chem können Sie Verbraucherinnen und Verbrauchern in ganz Europa Informationen über Ihre Produkte zur Verfügung stellen. Am besten über Produkte, die keine SVHCs über 0,1% enthalten.