Der Lockdown ließ den Kaffeepreis fallen, weil die Verbraucher das Getränk noch zu Hause trinken. Sobald Büros, Café und Restaurants wieder öffnen, wieder mehr Menschen in die Büros fahren, wird auch der Preis wieder steigen. Im Homeoffice ist der Kaffeeverbrauch nämlich deutlich geringer als am Arbeitsplatz, so die Aussagen von Börsenanalysten. Wie könnte es mit dem Kaffeepreis weitergehen und welche Auswirkungen hat das für uns Verbraucher? luckx – das magazin sucht nach Antworten.
Preisentwicklung
Der Einfluss des Shutdowns war schon im Vorjahr klar ersichtlich. Nach einem Einbruch des Kaffeepreises im Frühjahr zog dieser im Sommer nach den Lockerungen im öffentlichen Leben wieder an. Dieses Muster könnte sich jetzt wiederholen. Allerdings gibt es noch einen weiteren Faktor, der mindestens genauso bedeutend für die Entwicklung der Kaffee-Notierung ist: Das Wetter in den Top-Erzeugerländern. Obwohl die Pflanze in mehr als 50 Ländern angebaut wird, konzentriert sich die Großproduktion auf wenige Staaten. Dazu gehören vor allem Brasilien sowie Kolumbien.
Das Land am Zuckerhut ist der global größte Produzent. Im Hauptanbaugebiet im Südosten des Landes ist es schon längere Zeit ungewöhnlich trocken. Die nächste Kaffeeernte ab April dürfte daher um 30 Prozent oder mehr einbrechen. Viele Marktbeobachter prognostizieren nur einen Ertrag von weniger als 30 Millionen Sack. Das wäre das tiefste Niveau seit der Saison 2007/2008. Zum Vergleich: In der Vorsaison wurden 49 Millionen Sack produziert.
In Kolumbien verläuft die Ernte wohl durchschnittlich, ein Ausgleich der brasilianischen Ausfälle ist von dort nicht zu erwarten. Daher rechnen Marktkenner mit einem globalen Defizit von zehn Millionen Sack. Das stößt auf eine anziehende Nachfrage. Dies ist zum einen durch die Öffnungen in Europa und den USA bedingt. Zum anderen dürften die Einkommen infolge des höheren Wirtschaftswachstums ab Sommer zulegen, was sich auch in vermehrtem Kaffeekonsum ausdrücken dürfte. Hinzu kommt noch, dass die Containerpreise für den Transport von Gütern zuletzt geradezu explodiert sind.
Anbaugebiete
Die geeignete Fläche für hochwertige Kaffeesorten in Äthiopien könnte signifikant schrumpfen, wenn der Klimawandel ungebremst weitergeht. Gleichzeitig könnte die Fläche zunehmen, die für durchschnittlich schmeckenden Kaffee geeignet ist. Im schlimmsten Fall könnten einzelne hochwertige Kaffeesorten bis zum Ende des 21. Jahrhunderts bis zu 40 % ihrer Anbaufläche in Äthiopien verlieren.
Äthiopien könnte in Zukunft weniger besonders hochwertigen Kaffee und mehr durchschnittliche, eher fade schmeckende Sorten erzeugen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie eines internationalen Forschungsteams, das die Auswirkungen des Klimawandels auf Afrikas größtes Anbaugebiet für Kaffee untersucht hat. Ihre Ergebnisse sind sowohl für die Millionen von Kleinbauern des Landes, die mit Spezialitätenkaffee mehr verdienen als mit normalem Kaffee, als auch für Baristas und Kaffeegenießer auf der ganzen Welt relevant.
„Der Klimawandel hat widersprüchliche Auswirkungen auf die Kaffeeproduktion in Äthiopien. Die Fläche, die für durchschnittlichen Kaffee geeignet ist, könnte nach unseren Computersimulationen bis in die 2090er Jahre tatsächlich allmählich zunehmen“, sagt Erstautor Abel Chemura vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Doch mehr ist nicht unbedingt besser. Denn auf der anderen Seite wird die geeignete Fläche für hochwertige Spezialitätenkaffeesorten, die für ihre blumigen, fruchtigen und würzigen Noten geschätzt werden, wahrscheinlich schrumpfen, wenn der Klimawandel ungebremst weitergeht. Das ist nicht nur ein Problem für Kaffee-Liebhaber, sondern vor allem auch für die lokale landwirtschaftliche Wertschöpfung.“
In verschiedenen Szenarien untersuchten die Forscher, wie sich insgesamt 19 Klimafaktoren auf den Anbau von fünf verschiedenen Kaffeespezialitäten in der Zukunft auswirken werden, darunter die mittlere Temperatur, die jährliche Niederschlagsmenge und die Saisonalität. Wird es zum Beispiel wärmer, reift die Kaffeekirsche schneller als die Entwicklung der Bohne, was wiederum zu qualitativ schlechterem Kaffee führt. Erhöhte Niederschläge wiederum begünstigen die Kaffeeproduktion im Allgemeinen, sind aber für einzelne Kaffeespezialitäten nicht unbedingt von Vorteil.
So gehen die Forscher davon aus, dass die Anbauflächen für vier von fünf Kaffeespezialitäten zurückgehen werden, wobei einige stärker betroffen sind als andere. Der berühmte Yirgacheffe beispielsweise, eine der ältesten und begehrtesten Kaffeesorten der Welt, die im Südwesten Äthiopiens angebaut wird, könnte im schlimmsten Fall bis zum Ende des 21. Jahrhunderts mehr als 40 % ihrer Anbaufläche verlieren.
Wirtschaftliche Katastrophe
Davon wären nicht nur die Kaffeetrinker weltweit betroffen, welche anspruchsvolle Mischungen bevorzugen – es hätte auch Folgen für Äthiopiens Wirtschaft. „Wenn eine oder mehrere Kaffeeregionen aufgrund des Klimawandels ihren Spezialitätenstatus verlieren, hat das potenziell schwerwiegende Folgen für die Kleinbauern in der Region“, sagt Co-Autor Christoph Gornott vom PIK und der Universität Kassel. „Wenn sie gezwungen wären, auf den Anbau konventioneller, weniger schmackhafter und eher bitterer Kaffeesorten umzusteigen, würden sie plötzlich mit industriellen Produktionssystemen konkurrieren, die anderswo effizienter sind. Für das Äthiopien, in dem der Kaffeeexport etwa ein Drittel aller Agrarexporte ausmacht, könnte sich das als fatal erweisen.“
Allerdings gibt es Möglichkeiten, diesen Trend zu stoppen. „Da die verschiedenen Kaffeespezialitäten stark von unterschiedlichen lokalen klimatischen, räumlichen und bodenbezogenen Faktoren beeinflusst werden, braucht es Anpassungsmaßnahmen, die auf die jeweilige Region zugeschnitten sind“, ergänzt Christoph Gornott. „Unsere Studie unterstreicht die Bedeutung einer lokalisierten Anpassungsplanung und -reaktion. Wir zeigen, wie sich der Klimawandel ganz konkret auf die Verfügbarkeit und den Geschmack eines der beliebtesten Getränke der Welt auswirkt und – was noch wichtiger ist – auf die Wirtschaft der lokalen Gemeinden des globalen Südens.“