Bildungsnotstand!

Wie geht es nach der Ferienzeit weiter mit unseren Schulen und den Kindertagesstätten (Kita)? So richtig weiß das keiner. Doch Mütter und Väter brauchen dringend mehr Verlässlichkeit was die Versorgung, Erziehung und Bildung ihrer Kinder anbetrifft. Luckx – das magazin hat recherchiert.

Kita-Ausbau

Bildung ist Ländersache. Doch die Länder, oder besser ihre Bildungs- und Kultusminister versagen seit Jahrzehnten. Zwar wird immer in den Konferenzen eifrig diskutiert. Aber gehandelt wird nicht. So bleibt alles beim Alten und die Bildung fällt hinter herunter. Digitalisierung? Fehlanzeige. Online-Unterricht? Mangelhaft. Durchlässigkeit des Schulsystems? Nicht vorhanden. Obwohl auch für die Kindertagesbetreuung in erster Linie Länder und Kommunen zuständig sind, hat sich der Bund in den vergangenen Jahren, etwa mit finanziellen Zuschüssen und dem Gute-KiTa-Gesetz, verstärkt engagiert. So sind Sprachbildung und Lesen lernen verstärkt in die Ausbildung der Jüngsten aufgenommen worden. Nun hat das Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin) einige Ansätze eines Zehn-Punkte-Programms für die Kita-Politik der nächsten Bundesregierung skizziert. Unter anderem soll der Kita-Ausbau fortgeführt, einheitliche Qualitätsmindeststandards festgelegt, Zentren für Familien ausgebaut und der Erzieherberuf attraktiver gemach werden. Der DIW sieht den Handlungsbedarf nicht nur aufgrund der Corona-Pandemie. Sie hat aber unterstrichen, wie systemrelevant Kitas sind – gleichermaßen als Betreuungs- und als zentrale Bildungseinrichtungen.

Bildung von Anfang an

Fast jedes dritte Kind unter drei Jahren und nahezu alle Kinder im Alter ab drei Jahren besuchen vor der Einschulung eine Kindertageseinrichtung (Kita) oder die Kindertagespflege. Die Kindertagesbetreuung ist damit ein zentraler Bestandteil des Aufwachsens in Deutschland. Seit Beginn der Covid-19-Pandemie wurde sehr deutlich, wie wichtig die Kindertagesbetreuung ist. Sie ermöglicht es Eltern Familien- und Erwerbsarbeit zu vereinbaren, insbesondere Müttern. Demnach waren es auch insbesondere Mütter, die von Kita-(Teil-)Schließungen massiv betroffen waren. Kitas sind aber auch wichtige Bildungseinrichtungen. Dies wurde in der Pandemie vielfach vergessen – sie sind die erste Stufe des Bildungssystems und in der Form insbesondere für Kinder bedeutsam, die zu Hause nicht ausreichend gefördert werden.

Nachdem in den zurückliegenden Jahren der quantitative Kita-Ausbau massiv voranging, ist in jüngster Vergangenheit auch der qualitative Ausbau angegangen worden. Erstmals hat der Bund 2019 ein Bundesqualitätsgesetz, das sogenannte Gute-KiTa-Gesetz, verabschiedet. Doch trotz vieler Anstrengungen sind nach wie vor viele Eltern mit Kindern unter drei Jahren „rationiert“: Sie wünschen sich einen Platz, finden aber keinen. Im Jahr 2019 fehlten um die 357 000 Plätze für Kinder unter drei Jahren.

Familien hart betroffen

Davon sind insbesondere jene Familien betroffen, in denen die Mütter einen niedrigeren Bildungsabschluss oder beide Eltern einen Migrationshintergrund haben. Vom Kita-Ausbau haben, wie Studien des DIW Berlin belegen, insbesondere sozioökonomisch besser gestellte Haushalte profitiert, obwohl vielfache bildungsökonomische Studien belegen, dass insbesondere Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien von einer guten Kita-Qualität profitieren. Nach wie vor existiert in Deutschland mit Blick auf die Kita-Qualität, die vor allem in die Zuständigkeit der Länder und Kommunen fällt, ein Flickenteppich. Hinzu kommt bereits seit längerem ein massiver Fachkräftemangel bei pädagogischen Fachkräften.

All dies sind Herausforderungen, mit denen Kommunen und Länder konfrontiert sind – aber eben auch der Bund. Denn mit dem Kinder- und Jugendhilfegesetz setzt der Bund den Rahmen für Länder und Kommunen. In unterschiedlichen Bereichen war der Bund in den vergangenen Jahren aktiv – und zwar sowohl das für Familie als auch das für Bildung zuständige Ministerium. Dies ist richtig und wichtig, denn der Bund profitiert vom Kita-Ausbau: Kurzfristig ist dieser mit einer Erhöhung des Erwerbsvolumens von Müttern verbunden, was mit einem zusätzlichen Steueraufkommen und Beitragseinnahmen der Sozialversicherungsträger einhergeht. Aber auch künftig ist für den Bund ein qualitativ gut ausgebildetes Humanpotenzial von Bedeutung – insbesondere dann, wenn an das demografisch bedingt abnehmende Erwerbspersonenpotenzial gedacht wird. Abgesehen davon können Kitas Kosten für Integrationsmaßnahmen reduzieren, denn sie fördern nicht nur Kinder im Hinblick auf Sprache und Kultur. Auch Mütter von Kita-Kindern mit Migrationshintergrund sind gesellschaftlich besser integriert, wie Studien zeigen. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass sich der Bund in der jüngeren Vergangenheit zunehmend an der Förderung von Kitas beteiligt und beispielsweise im Jahr 2013 den Rechtsanspruch für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr eingeführt hat.

Forderungen des DIW

Vor diesen Hintergründen wurden zehn Punkte formuliert.

Quantitativen Kita-Ausbau fortführen – mit stärkerer Beteiligung des Bundes!

Familien mit niedrigerem sozioökonomischem Hintergrund gezielt über Kita-Zugang und -Qualität informieren!

Kita-Gebühren nach Einkommen staffeln und regionale Unterschiede abbauen!

Keine Erhöhung der steuerlichen Absetzbarkeit von Kita-Kosten!

Einheitliche Mindeststandards für Kita-Qualität festlegen!

Entwicklungsstand der Kinder nach einheitlichen Standards erheben!

Digitalpakt für Kitas umsetzen!

Aus- und Weiterbildung pädagogischer Fachkräfte stärken!

Erzieherberuf aufwerten und in allen Bevölkerungsgruppen rekrutieren!

Kitas zu Zentren für Familien ausbauen!