Audi steigt mit dem RS Q e-tron nun in den Rallye Sport ein. Und keine geringere als die Rallye Dakar soll die Härteprüfung für das elektrisch angetriebene Fahrzeug werden. Da werden Erinnerungen wach. Vor 40 Jahren fuhr der erste Ur-Quattro Im Rallye Zirkus mit. Wie die Vorbereitungen auf diese Rallye verlaufen, erfuhr luckx – das magazin.
Die Hitze am Tag
War es beim Einstieg vor 40 Jahren die „lange Nacht der Messer“ und die Ermüdung der Fahrer, so ist es heute die Hitze, die dem Fahrzeug zu schaffen macht. „Audi war noch nie bei der Rallye Dakar. Als erstes haben wir uns gefragt: Wie bekommen wir die Hitze aus dem Auto?“, fasst Sebastian Fröber, zuständiger Ingenieur für die Kühlsysteme, die zentrale Fragestellung zum Thema Kühlung zusammen. „Am Anfang standen CFD-Simulationen für die Aerodynamik des Gesamtfahrzeugs. Anschließend haben wir die einzelnen Kühlsysteme ausgelegt.“ Dabei half Audi die Erfahrung mit komplexen Kühlanforderungen wie etwa im dreifachen Le-Mans-Sieger R18 e-tron quattro mit Hybridantrieb oder in der Formel E. Die Zielsetzungen unterscheiden sich allerdings deutlich: Hatte im Le-Mans-Sportwagen ein Maximum an aerodynamischer Effizienz Priorität, geht es im Wüsten-Prototyp um die bestmögliche Wärmeabfuhr. Mehrere Kühlkreisläufe sorgen für die richtige Temperatur.
Kühlung ist entscheidend
Herzstück des elektrischen Antriebs ist das Hochvoltbatterie-System. Um es zu temperieren, nutzt Audi ein Kühlmittel namens Novec, das keine elektrischen Ströme leitet. Dieser Niedertemperaturkreislauf besitzt einen Kühler unter der vorderen Haube. Der Verbrennungsmotor ist mechanisch an eine MGU gekoppelt, die den Strom für die Hochvoltbatterie erzeugt. Sie gibt ihre Energie an zwei weitere MGU-Einheiten ab – eine treibt die Hinterräder an, die andere die Vorderräder. Bei umgekehrtem Kraftfluss – also beim Bremsen – rekuperieren beide Einheiten Energie und leiten sie in die Batterie zurück. Diese drei MGU-Baugruppen sind über einen eigenen Niedertemperaturkreislauf miteinander verbunden. Er gibt seine Wärme über den linken Kühler im Vorderwagen ab. Die Niedertemperatur-Kreisläufe stellen für die Ingenieure eine ganz besondere Herausforderung dar. Während selbst bei strahlender Sonne eine gute Kühlwirkung im viel heißeren Hochtemperatur-Kreislauf entsteht und das Kühlwasser nicht zu sieden beginnt, ist die Arbeit für die Niedertemperatur-Systeme sehr viel schwieriger. „Denn 40 Grad heiße Wüstenluft kühlt 60 Grad warme Kühlflüssigkeit wegen des geringen Temperaturunterschiedes nur unwesentlich ab“, sagt Fröber.
Ebenfalls im linken vorderen Luftschacht vor dem Niedertemperaturkühler sitzt eine Öl-Kühlschleife. In ihr zirkuliert das Hydrauliköl der bei Offroad-Fahrten hoch belasteten Servolenkung. Über Ventile versorgt das System auch die beiden Wagenheber auf der rechten und der linken Fahrzeugseite, falls ein Reifenschaden die Besatzung zum Radwechsel zwingt.
Im rechten vorderen Luftschacht befindet sich zusätzlich der Kondensator der Klimaanlage. Ein weiterer Ventilator im Auto lässt die Luft in der Kabine zirkulieren.
Zum Antriebssystem des Audi RS Q e-tron zählt auch ein Energiewandler. Der hocheffiziente TFSI-Motor, der quer hinter dem Beifahrersitz angeordnet ist, besitzt einen Flüssigkeitskreislauf mit einem Kühler. Ein Motor-Ölkreislauf ist über einen Wärmetauscher mit diesem System thermisch verbunden. Die Abgas-Turboaufladung erfordert ein zweites Kühlsystem: Die verdichtete Ansaugluft strömt durch einen Ladeluftkühler in den Motor. Flüssigkeits- und Ladeluftkühler sitzen nebeneinander oberhalb der Hinterachse. Die Hutze auf dem Dach teilt den Luftstrom auf beide Radiatoren auf. „In schwierigen Passagen, zum Beispiel bei Dünenüberquerungen in langsamer Fahrt, kann es sein, dass dieser Luftstrom nicht ausreicht“, sagt Sebastian Fröber. „Aus diesem Grund sitzt hinter jedem der beiden Kühler ein Lüfter, der bei Bedarf die Warmluft absaugen kann.“ Sie tritt am Heck des Audi RS Q e-tron aus.
Härteste Belastungen
Das Kühlsystem ist beim Audi RS Q e-tron auf höchste Lasten ausgelegt. „Wir haben die Thermik zuletzt im November in Marokko abgesichert“, sagt Sebastian Fröber. „Carlos Sainz hat den weichen Sand eines ausgetrockneten Flussbetts mit bewusst abgeklebten Kühllufteinlässen in einer längeren Erprobung durchquert. Alle Systeme arbeiten einwandfrei.“
Trotz aller Verlustleistungen, die sich im Kühlbedarf von Aggregaten zeigen, hat Audi einen Rallye-Prototyp mit hohem Wirkungsgrad gebaut. In der Welt des Motorsports ist dieses Fahrzeug für Langstreckendistanzen mit seiner elektrischen Kraftübertragung und Energiewandler ein Meilenstein. Der mit etwa 200 Kilowatt Leistung betriebene TFSI-Motor ist im Betrieb zwischen 4.500 und 6.000 U/min extrem effizient. Sein spezifischer Verbrauch liegt bei deutlich unter 200 Gramm pro Kilowattstunde. So eilen Mattias Ekström/Emil Bergkvist, Stéphane Peterhansel/Edouard Boulanger und Carlos Sainz/Lucas Cruz im Audi RS Q e-tron bei der Rallye Dakar nicht nur gut temperiert, sondern auch besonders effizient durch die Wüste.