Seit den 1960er Jahren lernte jedes Kind spätestens in der Schule Schwimmen. Denn dies gehörte zu den sogenannten Pflichtsportarten. So wurden in jeder größeren Stadt in Deutschland öffentliche Freibäder oder Hallenbäder gebaut. Schwimmen ist – wie viele andere Sport- und Bewegungsarten auch – zum festen Bestandteil unserer Bewegungskultur geworden. Doch heute findet immer weniger Schwimmunterricht statt, wie luckx – das magazin erfuhr.
Lange Geschichte
Wohl schon seit 8.000 Jahren soll es Schwimmen gegeben haben. Das zeigen jedenfalls die Wandmalereien in einer Höhle des Gilf Kebir in der Libyschen Wüste, einem Teil der Sahara. Noch heute können die meisten Naturvölker schwimmen, egal auf welchem Erdteil sie leben. In anderen Kulturen wurde das Schwimmen im Laufe der vergangenen Jahrhunderte allerdings immer wieder neu entdeckt und dann wieder vergessen.
Im alten Ägypten gehörte Schwimmen zum guten Ton. Adelige und Kinder der Könige hatten ihren persönlichen Schwimmmeister. Sogar die Frauen schwammen.
Bei den Griechen galt als man gar als ungebildet, wenn man weder lesen noch schwimmen konnte. Auch im antiken Rom war Schwimmen angesehen. Wirklich gelernt wurde es aber nur zu militärischen Zwecken. Wer zum Heer gehörte, musste mit Rüstung schwimmen können.
Hervorragende Schwimmer waren die Germanen. Von ihnen ist bekannt, dass sie Wettkämpfe abhielten und ihre Schwimmkunst erfolgreich im Kampf gegen die Römer nutzten.
Schulschwimmen
Doch davon scheint jedenfalls in der heutigen Zeit nicht viel übrig geblieben zu sein. So fordert die DRLG das künftig jedes Kind zum Ende der Grundschule sicher schwimmen kann. „Schwimmen ist eine Kulturtechnik, die zur Grundausbildung gehört, wie das Lesen, Schreiben und Rechnen“, sagt die Präsidentin der DLRG, Ute Vogt. Das Ziel müsse sein, dass bis zum Jahr 2030 der Schwimmunterricht in allen Schulen selbstverständlich geworden ist. „Überall in den Städten und im ländlichen Raum. Ein ‚Idealerweise‘ wie beim Kohleausstieg darf es da nicht geben.“
Bereits 2017 bekannten sich die Kultusministerien von Bund und Ländern zum Ziel des Sicheren Schwimmens in der Schule. Sicher schwimmen kann, wer im Schwimmunterricht vier definierte Niveaustufen bewältigt oder das Deutsche Schwimmabzeichen Bronze (Freischwimmer) ablegt. Vor vier Jahren konnten rund 60 Prozent der Schülerinnen und Schüler am Ende der Grundschule nicht sicher schwimmen. Nach fast zwei Jahren Pandemie mit lange geschlossenen Bädern und deutlichen Einschränkungen in der Schwimmausbildung dürfte das Ergebnis inzwischen noch weitaus schlechter ausfallen.
Zu wenig Schwimmbäder
Die Zeichen, dass sich die Situation bald ändern könnte, stehen schlecht: Heute gibt es rund 1.600 für die Schwimmausbildung geeignete Bäder weniger als noch vor 20 Jahren. Im Durchschnitt sind also jedes Jahr 80 Schwimmbäder von der Landkarte verschwunden. Annähernd 25 Prozent aller Grundschulen können keinen Schwimmunterricht mehr anbieten, weil es an einem erreichbaren Bad mangelt. Die Wartezeiten der Vereine für die Plätze in den Schwimmkursen werden immer länger und sind während der Pandemie vielerorts schier explodiert. „Damit unsere Kinder im Wasser sicher unterwegs sind, brauchen wir für die Schulen und Vereine dauerhaft wieder mehr Wasserflächen, die für das Schwimmen lernen geeignet sind“, so die DLRG Präsidentin.
Nun sei es an der Zeit, die Trendwende einzuleiten. Dafür brauche es neue Schwimmbäder und langfristig auch etwa 14 Milliarden Euro für die Sanierung und den Erhalt des Bestands. Vogt: „Viele unserer Bäder sind vor Jahrzehnten gebaut worden und arg sanierungsbedürftig. Bund und Länder mit den Kommunen sollten das je zur Hälfte stemmen.“ Bisherige Förderprogramme führten mancherorts zu einer verbesserten Situation, lösten aber nicht das gesamte Problem. Rund 75 Prozent der Kosten für ein Schwimmbad entstehen während der Betriebsphase. Neben der Förderung der energetischen Sanierung brauchen die Kommunen als Badbetreiber deshalb auch Zuschüsse für den Unterhalt, um die Bäderversorgung nachhaltig sicherzustellen.