Korrekte Blutdruckmessung

Wer unter Bluthochdruck leidet, ist auf eine korrekte Messung und tägliche Überwachung angewiesen. Denn die Veränderungen im Blutdruckverhalten können lebenswichtig werden, wenn nachlässig damit umgegangen oder die Messung eventuell vergessen wird. Wie so etwas verhindert werden kann, hat luckx – das magazin recherchiert.

Entwicklung der Blutdruckmessung

Die Wurzeln der Blutdruckmessung reichen bis ins 18. Jahrhundert zurück: Die erste dokumentierte invasive Blutdruckmessung führte der Engländer Stephen Hales 1733 durch – jedoch zunächst an einem Pferd. Etwa 100 Jahre später wurden erste Geräte für eine nicht-invasive Blutdruckmessung beim Menschen entwickelt, die sich jedoch als zu unhandlich und unzuverlässig für einen praktischen Gebrauch erwiesen. Den ersten Prototyp eines Geräts mit Blutdruckmanschette konzipierte Samuel Siegfried Karl Ritter von Basch im Jahr 1881. Doch es war Scipione Riva-Rocci, in dessen Namen bis heute der Blutdruck überall auf der Welt gemessen wird, der 1896 den Sphygmomanometer entwickelte, der heutzutage seinen festen Platz im Schrank und im Alltag eines Arztes hat. Einen wichtigen Beitrag leistete 1905 auch der russische Arzt Nikolai Korotkow: Er beschrieb die systolischen und diastolischen Geräusche, die fortan seinen Namen tragen. Bis heute gilt die Korotkow-Methode mit Riva-Roccis Sphygmomanometer als der Goldstandard der Blutdruckmessung.

Und obwohl eine genaue Messmethode seit mehr als hundert Jahren verfügbar ist, leben Schätzungen zufolge rund 1,3 Milliarden Menschen mit Hypertonie; fast die Hälfte davon nicht diagnostiziert. Nur etwa 20 % haben die Krankheit unter Kontrolle. Eine Forschungsgruppe geht in einer aktuellen Publikation der Frage nach, ob die Zukunft in manschettenlosen, automatisierten Messgeräten liegen könnte, die das Messen kontinuierlich im Hintergrund und ohne Zutun des Nutzers übernehmen.

Messung

Nur wenige Hypertonie-Patienten führen ihre Blutdruckmessungen korrekt zu Hause durch oder halten sich an die ärztlich vorgegebene Routine. Doch die Blutdrucküberwachung zu Hause kann genauere Daten liefern und geht mit einer höheren Therapietreue sowie besser kontrolliertem Bluthochdruck einher. Eine unkomplizierte Blutdruckmessung, die Werte rund um die Uhr erfasst, könnte die Adhärenz fördern und zu einer genaueren Phänotypisierung der Hypertonie-Patienten beitragen.

Mit dem Fortschritt der Medizin wird immer deutlicher: Sporadische Aufnahmen in der Arztpraxis oder unregelmäßige Messungen in den eigenen vier Wänden sind im besten Fall ein unvollständiges Puzzle. Oft scheitert es nicht an der Messmethode, sondern an den Menschen: Die Patienten messen ihren Blutdruck häufig falsch oder lassen Messungen aus – auch wenn nur eine Messung alle zwei Tage verordnet wird. Im Vergleich dazu können automatisierte, manschettenlose Messgeräte den Blutdruck ohne Zutun des Patienten im Durchschnitt einmal pro Stunde bestimmen – einschließlich während des Schlafs. Dies ist besonders relevant, da Messungen, die in der Nacht vorgenommen werden, einer der zuverlässigsten Prädiktoren für ein kardiovaskuläres Risiko sind. „Ohne Manschette können deutlich mehr Messwerte unter verschiedenen Bedingungen erfasst werden.“ untermauert Dr. Jay Shah, Chief Medical Officer bei Aktiia und praktizierender Kardiologe an der Mayo Clinic. „Das steht in starkem Kontrast zu der Momentaufnahme, anhand derer aktuell viele Entscheidungen getroffen werden. So ist beispielsweise ein Zusammenhang zwischen dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und dem nächtlichen Blutdruck bekannt – doch es war bisher nicht möglich, sich ein genaues Bild davon zu machen, wie sich der Blutdruck einer Person in der Nacht verhält.“

Neue Blutdruckmessung

Eine Forschungsgruppe hat diese Terra Incognita nun ins Auge gefasst und ihre Erkenntnisse kürzlich in Frontiers in Medical Technology veröffentlicht: Die Untersuchung hat Blutdruckmessungen von 2.000 Nutzern verglichen, die ihre Messungen entweder mit einer herkömmlichen Methode durchführten oder mithilfe des Aktiia-Armbandes. Das Aktiia-Armband ist ein manschettenloses automatisches 24/7-Blutdruckmessgerät, das in Deutschland als Medizinprodukt der Klasse IIa zertifiziert ist. Die Forscher betrachten eine Reihe von Szenarien und führen Patientenfälle auf, bei denen über Monate hinweg Daten aufgenommen wurden.

Die Analyse demonstriert, dass wenn die Messungen mit Aktiia durchgeführt werden, in dem sich abzeichnenden Bild keine Puzzleteile mehr fehlen und sich der Blutdruck der Patienten in seiner Gänze zeigt. Anhand der verfügbaren Daten können neue Patienten-Phänotypen und neue Metriken, wie zum Beispiel Blutdruckvariabilität, vorgeschlagen werden – auch wenn langfristige epidemiologische Studien notwendig sind, um den kompletten Code zu dechiffrieren. „Die Möglichkeit, den Blutdruck automatisch und ohne Unterbrechung des Tagesablaufs zu messen, ist die eigentliche Neuerung der manschettenlosen Geräte“, so Dr. Shah. „Die Vorteile automatischer Messungen dürfen nicht unterschätzt werden – es ist eine unglaublich spannende Zeit für die Branche.“

Hypertonie-Management

Das Aktiia-Armband hat seine Genauigkeit in Studien untermauert und liefert auch in unterschiedlichen Körperpositionen zuverlässige Messungen. Um das volle Potenzial von automatischen Blutdruckmessgeräten zu entfalten, müssen diese ihren Weg in das Bewusstsein der Ärzte und Patienten finden. In ihrer Veröffentlichung fordern die Autoren Fachgesellschaften und Entscheidungsträger in den Gesundheitssystemen dazu auf, manschettenlose Blutdruckmessgeräte stärker zu berücksichtigen. Denn: Bluthochdruck ist weltweit eine der größten Gesundheitsbelastungen und manschettenlose Messgeräte haben das Potenzial, 100 Jahre nach Riva-Rocci und Korotkow, unsere Sicht auf Blutdruckmessung und Hypertonie-Kontrolle entscheidend zu verändern.