Pfusch am Bau

Die Baubranche boomt. Oder besser gesagt: boomte. Seit August 2022 muss die bisher von Umsatzplus zu Umsatzplus eilende Branche mit einem Minus von 5 Prozent kalkulieren, wie luckx – das magazin recherchierte.

Fachkräftemangel

Fehlende Baumaterialien, Fachkräftemangel und steigende Hypothekenzinsen lassen Bauwillige ihr Bauvorhaben überdenken. Meist wird dann der Auftrag storniert oder in eine unbekannte Zukunft verschoben. Und wer gerade beim Bauen ist, muss mit unzureichend qualifizierten Handwerker, Fachkräftemangel und seit Jahren sinkender Qualität rechnen. Das gilt insbesondere im privaten Hausbau. Was im öffentlichen Bau deutlich geringer ist, weil hier eine höhere Prüfung der Bauausführung erfolgt. Die Gründe sind vielfältig. Neben kleinen Fauxpas, die schnell entdeckt und behoben sind, gibt es auch größere Baumängel. Diese wiederum beeinflussen nicht nur die Bauzeit, sondern gehen auch schnell richtig ins Geld. Darum ist es wichtig, Baumängel und Baupfusch möglichst früh als solche zu erkennen.

Um zu verstehen, was als Baupfusch gilt, sollte man wissen, was Baumängel sind. Denn: Baupfusch ist die Gesamtheit gravierender Baumängel an einem Objekt – beispielsweise einem Einfamilienhaus. Was ein Baumangel ist, ist glücklicherweise genauestens definiert.

Baumangel

In §633 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) finden sich folgende Merkmale, die für einen Baumangel sprechen: vereinbarte Beschaffenheit eines Gebäudes liegt nicht vor, Gebäude eignet sich nicht für gewöhnliche Nutzung, Gebäude weist unübliche Beschaffenheit auf, Gebäude weist Beschaffenheit auf, die der Auftraggeber nach Art des Gebäudes nicht erwarten kann. Hinzu kommt eine weitere Definitionsquelle: die Verträge für Vergabe- und Vertragsordnungen für Bauleistungen –kurz VOB/B-Vertrag. Hiernach liegt ein Baumangel vor, wenn die erbrachte Bauleistung gegen anerkannte Regeln der Technik verstößt. Einfach und kurz erklärt ist ein Baumangel die Abweichung eines Ist-Zustandes von einem vertraglich festgelegtenSoll-Zustand. Baupfusch und Baumängel resultieren in der Regel aus fahrlässigem Verhalten.

Übrigens: Es gibt einen klaren Unterschied zwischen Baumängeln und Bauschäden. Schäden resultieren aus Mängeln und sind meist unübersehbar. Baumängel und Baupfusch hingegen sind für Laien mehrheitlich unsichtbar.

Streit ist angesagt

Obwohl Baumängel und damit auch Baupfusch im Gesetz klar definiert sind, kommt es immer wieder zu Streitereien auf der Baustelle. Gerade dann, wenn Baumängel vom Bauunternehmen arglistig vertuscht werden und sich niemand als Schuldiger erkennbar geben will, ist das schnell ein Fall für den Anwalt. Wer als Bauherr den Ärger möglichst minimieren möchte, sollte bei der Bauabnahme einen unabhängigen Sachverständigen hinzuzuziehen. Dieser kann sich das Haus im Detail anschauen und so schnell und zuverlässig eventuelle wesentliche und unwesentliche Baumängel identifizieren. Dabei sollte der Sachverständige nicht erst bei der Bauabnahme das Objekt zum ersten Mal sehen. Auch wenn es Kosten verursacht, sollten Sachverständige im regelmäßigen Rhythmus die Baustelle und den Bauausführung begutachten.

So können sie schnell Mängel erkennen und die Bauunternehmen haben zur Beseitigung noch hinreichend Gelegenheit. Denn die Anzahl der Baumängel hat an privaten Neubauten in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Vor allem Dächer, Wände, Fenster und Türen, Fassaden, Decken und Fußböden, die Haustechnik, Keller sowie Terrasse und Balkone sind betroffen. Wenn im Keller erst einmal der Schimmel eingezogen ist, der Dachboden unter Wasser steht oder das Mauerwerk reißt, kann nicht mehr von Baumängeln gesprochen werden. Dann hat man es bereits mit Bauschäden zu tun. Und wenn der Bau länger als veranschlagt dauert, ist das zwar ärgerlich, aber ebenfalls kein Baumangel.

Wer Baumängel an seinem Haus entdeckt oder diese von einem Gutachter bemerkt werden, gilt es, schnell zu handeln. Denn wenn der Mangel erst einmal zum Schaden wird, steigen die Kosten für eine Beseitigung rapide. Bauherren haben im Rahmen der Garantiegewährleistungsfrist ein Recht auf Beseitigung von Baumängeln und Bauschäden durch das Bauunternehmen oder den jeweiligen Handwerker. Die Frist beträgt laut BGB fünf Jahre, in VOB/B-Verträgen ist (wenn abgeschlossen) meist die Rede von vier Jahren.