Cybermobbing

Viele halten das Internet für einen rechtsfreien Raum. Das ist sicherlich auch damit im Zusammenhang zu sehen, weil der Gesetzgeber jahrelang untätig war. So waren und sind Beleidigungen und Beschimpfungen an der Tagesordnung. Wie Täter aus der Anonymität zu holen sind und wie sich gewehrt werden kann, hat lucjx – das magazin recherchiert.

Wachsenden Gefahr durch Cybermobbing

Das Internet schläft nicht. Und die Nutzung des Internet findet meist anonym statt. Das öffnet für viele Feiglinge Tür und Tor für Attacken gegen jedermann und jederfrau. Dabei sind die Formen des digitalen Mobbings so vielfältig wie die digitalen Orte, an denen es stattfindet. Die Folgen für die Opfer sind gravierend. Gerade Jugendliche sind besonders betroffen. Und die Gefahr im Netz wächst.

Laut Sinus-Jugendstudie gehört Cybermobbing für die meisten Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren zum Alltag: Unabhängig von Alter, Bildung und Geschlecht hat im vergangenen Jahr jeder zweite Jugendliche beobachtet, dass jemand im Netz gemobbt wurde. Im Jahr 2021 waren es noch sieben Prozent weniger. Mädchen sind mit 17 Prozent häufiger betroffen als Jungen (elf Prozent). Laut Klicksafe gehören vor allem Jugendliche zwischen 13 und 15 Jahren zu den Opfern. Auch bei den persönlich betroffenen Opfern ist die Zahl erschreckend hoch: Laut länderübergreifender Trendstudie ist jeder vierte Schüler in Deutschland bereits mindestens einmal Opfer von Cybermobbing geworden. Mehr als 30 Prozent der Schulen verzeichnen einmal pro Woche einen Fall von Cybermobbing.

Bevorzugte Orte und Mobbyarten

Der beliebteste Ort für Cybermobbing ist der Sinus-Studie zufolge WhatsApp (58 Prozent), gefolgt von Instagram (42 Prozent) und TikTok (38 Prozent), wo die Mobbing-Vorfälle stark zugenommen haben (2021: 26 Prozent). Etwas weiter hinten rangiert Snapchat mit 24 Prozent. Immer weniger Mobbing-Geschehen verzeichnet hingegen Facebook (von 25 auf 17 Prozent), vermutlich weil dieser Kanal von Jugendlichen eher selten genutzt wird.

Die mit Abstand häufigste Form von Cybermobbing ist laut der Jugendstudie die Beleidigung (74 Prozent), gefolgt von Gerüchten (54 Prozent) und dem Ausschluss aus Gruppen (38 Prozent). Die soziale Ausgrenzung ist mit sieben Prozent besonders stark angestiegen. Knapp ein Drittel hat Erfahrungen mit dem Posten von peinlichen Videos oder Bildern sammeln müssen, Geheimnisse musste ein Viertel unfreiwillig teilen. Mehr als jeder zehnte Jugendliche wurde Opfer von Stalking oder Identitätsklau.

Wo gibt’s Hilfe?

Die meisten befragten Jugendlichen (65 Prozent) wenden sich zuerst an die eigenen Eltern, wenn sie von Cybermobbing betroffen sind. Knapp jeder zweite vertraut sich Freunden an. Hier sind es vor allem Mädchen (58 Prozent), die ihr Leid im Freundeskreis teilen. An Lehrer wenden sich hingegen nur 21 Prozent der Betroffenen, die Polizei wird nur von 17 Prozent kontaktiert. Nur Wenige suchen sich professionelle Hilfe bei einem Psychologen (sieben Prozent) oder Online-Beratungsstellen (sechs Prozent). Knapp ein Drittel – und damit sechs Prozent mehr als im Vorjahr – versucht, das Problem selbst zu lösen. Gleichzeitig blieb knapp ein Fünftel der Jugendlichen ohne Hilfe, 2021 waren es 16 Prozent.

Zunächst sollten sich Betroffene jemandem anvertrauen. Es gibt keinen Grund, sich zu schämen. Im Gegenteil. Wer darüber spricht, dass er gemobbt wird, ist mutig. Zudem ist es in vielen Fällen erforderlich, dass sich Erwachsene einschalten, weil Mobbing eine Straftat ist. Wer den Gang zu Eltern oder Lehrern scheut, kann zahlreiche anonyme Hilfsangebote wahrnehmen. Die Nummer gegen Kummer (116 111) ist ein schnell erreichbares und anonymes Beratungsangebot. Bei der bundesweiten Online-Beratungsplattform JUUUPORT.de oder dem Online-Angebot Cybermobbing-hilfe bekommen Kinder und Jugendliche Hilfe von anderen Jugendlichen. Auch die Polizei kennt Hilfeeinrichtungen und Beratungsstellen in der Nähe des eigenen Wohnortes.

Aktiv werden und sich schützen

Als nächstes sollte der Mobber auf dem eigenen Handy blockiert werden und die Beleidigungen, Hass-Kommentare, diffamierenden Fotos oder Videos, etc. direkt bei den Betreibern gemeldet werden, auf deren Seiten sie auftauchen. Auch die Privatsphäre sollte durch entsprechende Einstellungen auf dem Smartphone besser geschützt werden. Wie das technisch funktioniert, können Betroffene in einer einfachen Schritt-für-Schritt-Anleitung bei SaferInternet.at oder kompass-social.media erfahren. Um sich effektiv zu wehren und den Peiniger möglichst schnell zu ermitteln, sind Beweise für das Mobbing zu sammeln: Beispielsweise in dem man Angriffe in einem Mobbing-Tagebuch dokumentiert und Screenshots von entsprechenden Nachrichten, Bildern oder Chat-Verläufen sammelt. Auch, wenn der Täter noch nicht ermittelt ist, sollten Opfer Anzeige bei der Polizei erstatten.

Sich wehren – aber clever!

Täter wollen beleidigen, ausgrenzen, beschimpfen, entehren, diffamieren, blamieren. Dabei gilt: Je heftiger ein Opfer reagiert, desto besser. Doch ist Betroffenen zu raten, in der Öffentlichkeit möglichst wenig von der eigenen Verletztheit preiszugeben, auch wenn es schwerfällt. Gefühlsausbrüche – ob mit Tränen, Schreien oder gar Handgreiflichkeiten – sind kontraproduktiv. Von impulsiven, übereilten Antworten ist unbedingt abzuraten. Wer sich äußern und auf gemeine Kommentare reagieren möchte, sollte bei der Formulierung Eltern, Lehrer oder Freunde um Unterstützung bitten und sich klar, direkt und vor allem sachlich ausdrücken. Es kann hilfreich sein, sich vorher zu informieren, welche Rechtsverstöße vorliegen könnten, wie z. B. „Beleidigung“, „Üble Nachrede“, „Bedrohung“ oder „Verletzung des Rechts am eigenen Bild“.