Ist schon ganz anders!

Bloß nicht anecken! Wer das erste Mal mit einem größeren Freizeitfahrzeug unterwegs ist, kann schon leicht ins Schwitzen geraten. Denn so ein Gefährt ist deutlich länger als ein normaler PKW und bei der Höhe kann so mancher Ast im Wege sein, wie luckx – das magazin aus eigener Erfahrung weiß.

Vorbereitung ist wichtig

Der Sommerurlaub ist vorbei. So mancher Hotelurlauber hat die Wohnmobilisten am Strand stehen sehen. Da kommt dann schnell der Wunsch nach grenzenloser Freiheit auf. Doch neben der Länge und Höhe so eines Fahrzeuges kommt deren Breite hinzu. Da wird so manche Dorfdurchfahrt zu einem Slalom-Parcour. So merken auch routinierte Autofahrerinnen und Autofahrer, die schon viele Kilometer mit dem Auto zurückgelegt haben, schnell den Unterschied, wenn sie auf ein Reisemobil umsteigen. Gerade jetzt, wenn zunehmender Regen die Straßenverhältnisse erschwert, ist es wichtig, sein Fahrzeug richtig zu handhaben. Das beginnt schon mit der Fahrerlaubnis. Mit dem „normalen“ Führerschein (Klasse B) dürfen nur Fahrzeuge bis zu 3,5 Tonnen Gesamtgewicht gefahren werden. Wer auf größere Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen Gesamtgewicht aus ist, benötigen hingegen den Führerschein Klasse C. Diese Abgrenzung hat handfeste Folgen für die Beladung: In der Zulassungsbescheinigung Teil 1 (umgangssprachlich „Fahrzeugschein“) ist die Angabe „Masse des Fahrzeugs mit Aufbau im fahrbereiten Zustand“ zu finden. Diese Gewichtsangabe umfasst – neben dem Fahrzeug selbst – auch das Gewicht des Kraftstoffs, fest verbauter Zusatzbauteile, vorgeschriebener technischer Ausstattung sowie des Fahrers oder der Fahrerin. Doch das war es aber nicht. Dazu addiert werden müssen unter anderem das Gewicht der Frischwasser- und Gasvorräte, die Füllung der Chemietoilette und des Boilers und das Körpergewicht aller Mitreisenden. Da ist das zulässige Gesamtgewicht manchmal schneller erreicht als man denkt. Und damit nicht genug: Die Achslast – sie steht ebenfalls in der Zulassungsbescheinigung Teil 1 – darf keinesfalls überschritten werden, auch wenn das Gesamtgewicht ansonsten eingehalten wird. Dazu gibt es Rechenformel, wie dieser Wert berechnet wird. Apropos Gesamtgewicht: Dieses lässt sich natürlich ebenfalls berechnen. Doch sinnvoller ist es, das tatsächlich erreichte Gewicht mit einer Fahrzeugwaage zu ermitteln.

Hoch auf den weißen Wagen

Wer dann den Fahrersitz erklommen hat, wird mit einer ganz anderer Perspektive belohnt. Zwar sind die anderen Fahrzeuge nicht wie Ameisen, die um einen herumwimmeln. Doch aufgrund der Sitzhöhe haben Fahrer und Beifahrer mehr Überblick. Doch damit ist bald Schluß. Denn beim Fahren wird schnell klar, dass sich ein Fahrzeug von 3,5 oder 7,5 Tonnen Gewicht naturgemäß anders verhält als ein Pkw. Dies gilt vor allem beim Beschleunigen und Bremsen, erst recht bei schlechten Wetterbedingungen und auf nasser, verschneiter oder vereister Fahrbahn. Zudem sind Reisemobile mit ihren großen Front- und Seitenflächen anfälliger für Wind, etwa beim Überholen von Lkw auf der Autobahn oder auf Brücken. Das Verkehrsschild „Achtung: Seitenwind“ sollte unbedingt ernst genommen werden.

Zwar sind Freizeitfahrzeuge keine lahmen Enten. Weil sie aber immer am Limit des Gesamtgewichts unterwegs sind, haben sie langsamere Beschleunigungswerte. Und beim Bremsen sollte mit längeren Wegen gerechnet werden. Mehr Aufmerksamkeit als sonst ist erforderlich, weil aufgrund des größeren Fahrzeuges mehr Verkehrs- und Gefahrensituationen auftreten können. Der Vorteil ist: Aufgrund der höheren Sitzposition lässt sich viel vorausschauender Fahren.

Übung macht den Meister
Wegen ihrer Länge, dem großen Radstand und dem Überhang am Heck erfordern Reisemobile eine andere Fahrweise beim Kurvenfahren oder Abbiegen: Sie müssen weiter ausholen, um mit der Hinterachse um eine Kurve „herumzukommen“, ohne über den Bordstein zu poltern. Gleichzeitig ist einzukalkulieren, dass das Heck weiter ausschwenkt (was unter Umständen den Gegenverkehr gefährden kann). Dabei die Ideallinie zu finden, braucht etwas Übung. Wer bereits Erfahrung mit einem Transporter hat, tut sich hier leichter.

Das Rangieren eines Wohnmobils, womöglich auch noch rückwärts, ist für viele Anfänger eine schweißtreibende Angelegenheit. Länge und Breite des Fahrzeugs erfordern besondere Umsicht. Auch hier gilt: Übung macht den Meister. Am Anfang kann ein Einweiser hilfreich sein. Doch aufgepasst: Dieser Einweise muss sich mit den allgemeinen Regeln auch auskennen. Mit „Hände in den Taschen“ klappt das nicht. Wichtig dabei: Vorab ist mit dem Einweiser, welche Zeichen gegeben werden und was damit gemeint ist.

Neben herabhängenden Ästen kann die Höhe von Unterführungen schon schweißtreibend sein. Auch so manches Verkehrsschildern oder weit auskragenden niedrigen Hausdächern ragen in die Fahrbahn hinein; insbesondere bei Baustellen. Vor allem bei Dachaufbauten wie Solarpaneelen und Sat-Antennen oder bei Alkovenmodellen kann es unter Umständen knapp werden. Wer unsicher ist, ob die Höhe reicht: Im Schritttempo an das Hindernis heranfahren, aussteigen und prüfen, ob die Durchfahrtshöhe passt. So kann rechtzeitig gestoppt werden, bevor es kracht. Und dabei keine Bedenken wegen der anderen Verkehrsteilnehmer haben. Warnblinker setzen, langsam fahren, anhalten, ggf. mehrmals prüfen. Denn wenn das Wohnmobil in der Unterführung feststeckt, kommt keiner mehr durch. Und wer eine Luftfederung hat, kann durch Ablassen der Luft so manchen Zentimeter das Fahrzeug tiefer legen.

Fahrsicherheitstraining nutzen
Auch wenn sich das alles jetzt für den Einen oder die Andere schlimm und als große Herausforderung liest: Übung macht die Meisterin. Auch Wohnmobilfahrer kochen mit Wasser. Wer viel Autofahrerfahrung hat, bekommt das nach einigen Ausfahrten hin. Ungewohnt sind und bleiben auch nach längerer Zeit die Ausmaße so eines Fahrzeuges. Doch das sehr bewusste Beobachten der Fahrbahnbegrenzung, häufigere Blicke in den Rückspiegel, nutzen von Kamerasystemen, achten auf die Fahrzeughöhe (was manchmal nicht besonders gut gelingt) und besonders vorsichtiges und defensives Fahren wird mit der Zeit zur Gewohnheit. Wer mehr Sicherheit erlangen möchte, sollte die Angebote zum Fahrsicherheitstraining der Automobilclubs wie beispielsweise ADAC und ACE nutzen, bei denen man unter anderem richtiges Beladen, Bremsen, Einparken und Kurvenfahren üben kann.